Regelwerk

Änderungstext

Gesetz zur Einführung der nachträglichen Sicherungsverwahrung

Vom 23. Juli 2004
(BGBl. I Nr. 39 vom 28.07.2004 S. 1838)


Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Strafgesetzbuches

Das Strafgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch Artikel 6 Abs. 2 des Gesetzes vom 21. Juli 2004 (BGBl. I S. 1763), wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 66a folgende Angabe eingefügt:

" § 66b Nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung".

2. Nach § 66a wird folgender § 66b eingefügt:

" § 66b Nachträgliche Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung

(1) Werden nach einer Verurteilung wegen eines Verbrechens gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder die sexuelle Selbstbestimmung oder eines Verbrechens nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit den §§ 252, 255, oder wegen eines der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Vergehen vor Ende des Vollzugs dieser Freiheitsstrafe Tatsachen erkennbar, die auf eine erhebliche Gefährlichkeit des Verurteilten für die Allgemeinheit hinweisen, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden, und wenn die übrigen Voraussetzungen des § 66 erfüllt sind.

(2) Werden Tatsachen der in Absatz 1 genannten Art nach einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens fünf Jahren wegen eines oder mehrerer Verbrechen gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit, die sexuelle Selbstbestimmung oder nach den §§ 250, 251, auch in Verbindung mit § 252 oder § 255, erkennbar, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn die Gesamtwürdigung des Verurteilten, seiner Tat oder seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeiterhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

(3) Ist die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 67d Abs. 6 für erledigt erklärt worden, weil der die Schuldfähigkeit ausschließende oder vermindernde Zustand, auf dem die Unterbringung beruhte, im Zeitpunkt der Erledigungsentscheidung nicht bestanden hat, so kann das Gericht die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nachträglich anordnen, wenn

  1. die Unterbringung des Betroffenen nach § 63 wegen mehrerer der in § 66 Abs. 3 Satz 1 genannten Taten angeordnet wurde oder wenn der Betroffene wegen einer oder mehrerer solcher Taten, die er vor der zur Unterbringung nach § 63 führenden Tat begangen hat, schon einmal zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht worden war und
  2. die Gesamtwürdigung des Betroffenen, seiner Taten und ergänzend seiner Entwicklung während des Vollzugs der Maßregel ergibt, dass er mit hoher Wahrscheinlichkeit erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden."

3. Dem § 67d wird folgender Absatz 6 angefügt:

"(6) Stellt das Gericht nach Beginn der Vollstreckung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus fest, dass die Voraussetzungen der Maßregel nicht mehr vorliegen oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unverhältnismäßig wäre, so erklärt es sie für erledigt. Mit der Erledigung tritt Führungsaufsicht ein. Das Gericht ordnet den Nichteintritt der Führungsaufsicht an, wenn zu erwarten ist, dass der Betroffene auch ohne sie keine Straftaten mehr begehen wird."

4. In § 68 Abs. 2 wird in der Klammer die Angabe "67d Abs. 2, 3 und 5" durch die Angabe "67d Abs. 2, 3, 5 und 6" ersetzt.

Artikel 2
Änderung der Strafprozessordnung

Die Strafprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. April 1987 (BGBl. I S. 1074, 1319), zuletzt geändert durch § 20 Abs. 3 des Gesetzes vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414), wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird die Angabe zum siebenten Abschnitt des Zweiten Buches wie folgt gefasst:

"Siebenter Abschnitt
Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung ".

2. Nach § 275 wird der siebente Abschnitt wie folgt gefasst:


alt neu
Siebenter Abschnitt
Verfahren über die Entscheidung des Vorbehalts der Sicherungsverwahrung
"Siebenter Abschnitt
Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene oder die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung
§ 275a

(1) Das Gericht des ersten Rechtszuges entscheidet über die im Urteil vorbehaltene Sicherungsverwahrung.

(2) Die Vollstreckungsbehörde übersendet die Akten rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft bei dem Gericht des ersten Rechtszuges. Diese übergibt die Akten binnen einer Woche dem Vorsitzenden des Gerichts.

(3) Für die Vorbereitung und die Durchführung der Hauptverhandlung zur Entscheidung über die im Urteil vorbehaltene Sicherungsverwahrung (§ 66a des Strafgesetzbuches) gelten die §§ 213 bis 275 entsprechend, soweit nachfolgend nichts anderes geregelt ist.

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