Regelwerk

SLSVVollzG - Saarländisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz
Gesetz zum Vollzug der Sicherungsverwahrung im Saarland

- Saarland -

Vom 15. Mai 2013
(ABl. I Nr. 11 vom 29.05.2013 S. 146)


Der Landtag des Saarlandes hat folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (Vollzug) in Justizvollzugsanstalten (Anstalten). Die §§ 2 bis 85 und 91 bis 104 des Landessicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes des Landes Rheinland-Pfalz vom 8. Mai 2013 (GVBl. S. 79, 102) in der jeweils geltenden Fassung finden Anwendung.

Abschnitt 2
Unmittelbarer Zwang

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihre Hilfsmittel oder durch Waffen.

(2) Körperliche Gewalt ist jede unmittelbare körperliche Einwirkung auf Personen oder Sachen.

(3) Hilfsmittel der körperlichen Gewalt sind insbesondere Fesseln und Reizstoffe. Waffen sind Hieb- und Schusswaffen.

(4) Es dürfen nur dienstlich zugelassene Hilfsmittel und Waffen verwendet werden.

§ 3 Allgemeine Voraussetzungen

(1) Bedienstete dürfen unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sie Vollzugs- und Sicherungsmaßnahmen rechtmäßig durchführen und der damit verfolgte Zweck auf keine andere Weise erreicht werden kann.

(2) Gegen andere Personen als Untergebrachte darf unmittelbarer Zwang angewendet werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte zu befreien oder widerrechtlich in die Anstalt einzudringen, oder wenn sie sich unbefugt darin aufhalten.

(3) Das Recht zu unmittelbarem Zwang aufgrund anderer Regelungen bleibt unberührt.

§ 4 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

(1) Unter mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sind diejenigen zu wählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen.

(2) Unmittelbarer Zwang unterbleibt, wenn ein durch ihn zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.

§ 5 Androhung

Unmittelbarer Zwang ist vorher anzudrohen. Die Androhung darf nur dann unterbleiben, wenn die Umstände sie nicht zulassen oder unmittelbarer Zwang sofort angewendet werden muss, um eine rechtswidrige Tat, die den Tatbestand eines Strafgesetzes erfüllt, zu verhindern oder eine gegenwärtige Gefahr abzuwenden.

§ 6 Schusswaffengebrauch

(1) Schusswaffen dürfen nur gebraucht werden, wenn andere Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs bereits erfolglos waren oder keinen Erfolg versprechen. Gegen Personen ist ihr Gebrauch nur zulässig, wenn der Zweck nicht durch Waffenwirkung gegen Sachen erreicht werden kann.

(2) Schusswaffen dürfen nur die dazu bestimmten Bediensteten gebrauchen und nur, um angriffs- oder fluchtunfähig zu machen. Ihr Gebrauch unterbleibt, wenn dadurch erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden.

(3) Der Gebrauch von Schusswaffen ist vorher anzudrohen. Als Androhung gilt auch ein Warnschuss. Ohne Androhung dürfen Schusswaffen nur dann gebraucht werden, wenn dies zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist.

(4) Gegen Untergebrachte dürfen Schusswaffen gebraucht werden,

  1. wenn sie eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug trotz wiederholter Aufforderung nicht ablegen,
  2. wenn sie eine Meuterei (§ 121 des Strafgesetzbuchs) unternehmen oder
  3. um ihre Entweichung zu vereiteln oder um sie wiederzuergreifen.

Um die Flucht aus einer offenen Anstalt zu vereiteln, dürfen keine Schusswaffen gebraucht werden.

(5) Gegen andere Personen dürfen Schusswaffen gebraucht werden, wenn sie es unternehmen, Untergebrachte gewaltsam zu befreien.

Abschnitt 3
Disziplinarmaßnahmen

§ 7 Disziplinarmaßnahmen

(1) Disziplinarmaßnahmen können angeordnet werden, wenn Untergebrachte rechtswidrig und schuldhaft

  1. eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit begehen,
  2. verbotene Gegenstände in die Anstalt einbringen oder solche Gegenstände weitergeben oder besitzen,
  3. entweichen oder zu entweichen versuchen,
  4. unerlaubt Betäubungsmittel oder andere berauschende Stoffe konsumieren oder
  5. wiederholt oder schwerwiegend gegen sonstige Pflichten verstoßen, die ihnen durch dieses Gesetz oder aufgrund dieses Gesetzes auferlegt sind.

(2) Von einer Disziplinarmaßnahme wird abgesehen, wenn es genügt, die Untergebrachten zu verwarnen.

(3) Zulässige Disziplinarmaßnahmen sind

  1. der Verweis,
  2. der Ausschluss von einzelnen Freizeitveranstaltungen bis zu zwei Monaten,
  3. die Beschränkung oder der Entzug der Bewegungsfreiheit außerhalb des Zimmers bis zu einem Monat,
  4. die Beschränkung oder der Entzug des Fernsehempfangs bis zu einem Monat,
  5. der Entzug von Geräten der Unterhaltungselektronik bis zu einem Monat,
  6. Arrest bis zu vier Wochen.

(4) Mehrere Disziplinarmaßnahmen können miteinander verbunden werden.

(5) Zur Abwendung oder Milderung von Disziplinarmaßnahmen können im Wege einvernehmlicher Streitbeilegung Vereinbarungen getroffen werden, insbesondere die Wiedergutmachung des Schadens, die Entschuldigung bei Geschädigten oder die Erbringung von Leistungen für die Gemeinschaft.

(6) Arrest darf nur wegen schwerer oder mehrfach wiederholter Verfehlungen verhängt werden.

(7) Disziplinarmaßnahmen sind auch zulässig, wenn wegen derselben Verfehlung ein Straf- oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird.

(8) Unabhängig von einer disziplinarischen Ahndung sollen Pflichtverstöße nach Absatz 1 im Rahmen der Behandlung aufgearbeitet werden.

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