Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk; Allgemeines, Sanktionen

MVollzG - Maßregelvollzugsgesetz
- Schleswig-Holstein -

Vom 11. Dezember 2020
(GVOBl. Schl.-H. Nr. 22 vom 23.12.2020 S. 1019)
Gl.-Nr.: 2126-14


Archiv: 2000

Erster Teil
Allgemeines

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Dieses Gesetz regelt den Vollzug der als Maßregeln der Besserung und Sicherung angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus und in einer Entziehungsanstalt (Maßregelvollzug).

(2) Für den Vollzug der einstweiligen Unterbringung nach § 126a der Strafprozessordnung (StPO) sowie

der Unterbringung zur Vorbereitung eines Gutachtens nach § 81 StPO und der Sicherungshaft nach § 463 in Verbindung mit § 453c StPO gilt dieses Gesetz nur, soweit sich aus diesem Gesetz oder Bundesrecht nichts Abweichendes ergibt.

§ 2 Ziele und Aufgaben des Maßregelvollzugs

(1) Der Vollzug der Maßregeln ist darauf auszurichten, die untergebrachten Menschen durch Behandlung und Betreuung (Therapie) so weit wie möglich zu heilen oder ihren Zustand so weit zu verbessern, dass sie keine erhebliche Gefahr mehr für die Allgemeinheit darstellen. Zudem sind sie auf eine selbstständige Lebensführung außerhalb einer Einrichtung des Maßregelvollzugs vorzubereiten und zu befähigen, ein möglichst autonomes, in der Gemeinschaft eingegliedertes Leben in Freiheit zu führen. Er dient gleichzeitig dem Schutz der Allgemeinheit.

(2) Der Maßregelvollzug ist so zu gestalten, dass die Vollzugsziele in möglichst kurzer Zeit erreicht werden. Es finden regelmäßig reflektierende Betrachtungen der Maßnahmen statt.

(3) Die Einrichtungen des Maßregelvollzugs sollen mit Behörden, Gerichten, Einrichtungen der Wissenschaft und Forschung sowie sonstigen Stellen und Personen zusammenarbeiten, soweit sie die Verwirklichung der Ziele des Maßregelvollzugs fördern können.

(4) Während des Maßregelvollzugs ist die Aufrechterhaltung bestehender und der Aufbau neuer sozialer Kontakte der untergebrachten Menschen zu fördern, soweit diese ihrer Wiedereingliederung dienen. Insbesondere sollen Angehörige und andere nahestehende Bezugspersonen in ihren Bemühungen bei der Wiedereingliederung der untergebrachten Menschen von der Einrichtung unterstützt werden.

(5) Zur Vorbereitung der Wiedereingliederung arbeitet die Einrichtung des Maßregelvollzugs insbesondere mit den Trägern und Einrichtungen der Sozial- und Eingliederungshilfe, rechtlichen Betreuerinnen und Betreuern, der gesetzlichen Vertretung, der Wohnungslosenhilfe, der Wohnungswirtschaft, den Krankenkassen, den Institutionen zur beruflichen Wiedereingliederung, dem Sozialpsychiatrischen Dienst, der Führungsaufsichtsstelle und der Bewährungshilfe zusammen.

(6) Soziale und behandlungsfördernde Strukturen innerhalb der Einrichtung, organisatorische Regelungen und baulichtechnische Vorkehrungen sollen zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele beitragen.

§ 3 Grundsätze des Maßregelvollzugs

(1) Im Umgang mit den im Maßregelvollzug untergebrachten Menschen sind ihre Rechte, ihre Würde und ihr Befinden sowie ihre kulturellen und weltanschaulichen Lebensumstände zu beachten. Ihren Wünschen nach Hilfen und Gestaltung des Maßregelvollzugs soll nach Möglichkeit entsprochen werden; Wünsche sollen nach Möglichkeit in einer Patientenvereinbarung vor Behandlungsbeginn festgehalten werden. Die Einrichtung unterstützt die untergebrachten Menschen dabei, eine Behandlungsvereinbarung oder Patientenverfügung zu geeigneten Aspekten der Behandlung im Maßregelvollzug abzuschließen. Personen ihres Vertrauens sind in geeigneter Weise einzubeziehen. Kein Mensch darf im Rahmen des Maßregelvollzugs auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen oder antisemitischen Zuschreibung, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen oder geschlechtlichen Identität sowie des sozialen Status diskriminiert werden.

(2) Die Behandlung, Betreuung und Unterbringung während des Maßregelvollzugs haben den aktuellen therapeutischen Erfordernissen des Einzelfalls Rechnung zu tragen. Die unterschiedlichen individuellen Erfordernisse und Bedürfnisse der untergebrachten Menschen sind zu berücksichtigen.

§ 4 Rechtsstellung der untergebrachten Menschen

(1) Die untergebrachten Menschen wirken an der Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 und an der Gestaltung des Vollzugs mit. Ihre Bereitschaft hierzu und ihr Verantwortungsbewusstsein ist zu wecken und zu fördern.

(2) Untergebrachte Menschen sind über ihre Rechte und Pflichten während der Unterbringung unverzüglich nach der Aufnahme aufzuklären; dies betrifft auch das Beschwerderecht. Die Aufklärung hat in einer ihnen verständlichen Sprache zu erfolgen. Diese Informationen sind ihnen in leicht verständlicher Form schriftlich auszuhändigen. Erlaubt der Gesundheitszustand des untergebrachten Menschen die Aufklärung nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Aufnahme, ist sie nachzuholen, sobald dies möglich ist.

(3) Die untergebrachten Menschen unterliegen während des Maßregelvollzugs nur den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Entsprechende Eingriffe müssen im Hinblick auf die Ziele des Maßregelvollzugs oder zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Einrichtung des Maßregelvollzugs unerlässlich sein.

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 28.08.2023)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion