Regelwerk

Änderungstext

Landesgesetz zur Neuregelung der Voraussetzungen der Behandlung von Krankheiten untergebrachter Personen
- Rheinland-Pfalz -

Vom 27. Mai 2014
(GVBl. Nr. 8 vom 05.06.2014 S. 69)



Der Landtag Rheinland-Pfalz hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Landesgesetzes für psychisch kranke Personen

Das Landesgesetz für psychisch kranke Personen vom 17. November 1995 (GVBl. S. 473), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (GVBl. S. 427), BS 2126-20, wird wie folgt geändert:

1. § 17 Abs. 2 wird wie folgt geändert:

a) In Satz 1 werden nach dem Wort "gewalttätig" die Worte "gegen eine andere Person oder gegen Sachen" eingefügt.

b) Satz 2 wird wie folgt geändert:

aa) In Nummer 4 wird das Komma durch einen Punkt ersetzt.

bb) Nummer 5

5. die Ruhigstellung durch Medikamente, soweit die dabei eingesetzten Medikamente nicht bereits der Behandlung der Grunderkrankung dienen.

wird gestrichen.

2. § 20 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Satz 3 wird nach dem Wort "hat" der Klammerzusatz "(Anlasserkrankung)" eingefügt.

b) Absatz 3 erhält folgende Fassung:

alt neu
(3) Ärztliche Eingriffe und sonstige Behandlungsmaßnahmen, die mit Lebensgefahr oder einer erheblichen Gefahr für die Gesundheit verbunden sind, dürfen nur mit rechtswirksamer Einwilligung der untergebrachten Person oder, falls sie die Bedeutung und Tragweite der Maßnahme und der Einwilligung nicht beurteilen kann, der Person, der die gesetzliche Vertretung obliegt und, soweit erforderlich, mit Genehmigung des Betreuungsgerichtes vorgenommen werden.  "(3) Sowohl die Behandlung der Anlasserkrankung als auch die Behandlung einer sonstigen Erkrankung bedürfen der Einwilligung der untergebrachten Person; eine erteilte Einwilligung kann jederzeit widerrufen werden. Die im einwilligungsfähigen Zustand erklärte oder die als natürlicher Wille geäußerte Ablehnung der Behandlung sowie eine wirksame Patientenverfügung (§ 1901a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) sind zu beachten. Die Bestimmungen der Absätze 4 bis 7 bleiben unberührt."

c) Folgende Absätze 4 bis 7 werden angefügt:

"(4) Eine Behandlung der Anlasserkrankung ist ohne Einwilligung der untergebrachten Person und erforderlichenfalls auch gegen ihren natürlichen Willen unter Anwendung von Zwang zulässig, wenn

  1. sie aufgrund der Anlasserkrankung zur Einsicht in die Behandlungsbedürftigkeit und zu einer darauf gründenden Entscheidung über die Einwilligung in die Behandlung nicht fähig ist,
  2. die Behandlung ausschließlich zum Ziel hat, die tatsächlichen Voraussetzungen der Ausübung freier Selbstbestimmung der untergebrachten Person zu schaffen oder wiederherzustellen, um die Beendigung der Unterbringung zu ermöglichen und
  3. der Einrichtung keine wirksame, die Behandlung untersagende Patientenverfügung der untergebrachten Person vorliegt.

(5) Eine nach Absatz 4 zulässige Behandlung der Anlasserkrankung darf nur unter Einhaltung der folgenden Maßgaben durchgeführt werden:

  1. Die Behandlung darf nur als letztes Mittel eingesetzt werden, wenn weniger eingreifende Behandlungen nicht vorgenommen werden können oder sich als aussichtslos erwiesen haben.
  2. Ein ausführliches ärztliches Aufklärungsgespräch, in dem die vorgesehene Behandlung, deren Erforderlichkeit und mögliche damit verbundene Risiken in einer den Verständnismöglichkeiten der untergebrachten Person entsprechenden Weise erläutert wurden, ist erfolgt. Dabei ist der ernsthafte mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne Ausübung von Druck unternommene Versuch, eine auf Vertrauen gegründete Zustimmung zur Behandlung zu erreichen, erfolglos geblieben.
  3. Die vorgesehene Behandlung muss Erfolg versprechend sein; ihr Nutzen muss deutlich feststellbar die mit ihr einhergehenden Belastungen überwiegen.
  4. Die Anordnung hat durch einen Arzt zu erfolgen, der auch die Art und die Intensität der ärztlichen und pflegerischen Überwachung festlegt und die Durchführung der angeordneten Behandlung kontrolliert.
  5. Die anzuwendenden Behandlungsmaßnahmen sind hinsichtlich ihrer Art festzulegen und hinsichtlich ihrer Dauer zeitlich zu begrenzen. Eine vorgesehene Medikation und die durchzuführenden Kontrollen sind genau zu bestimmen.
  6. Die beabsichtigte Vornahme der Behandlung ist der untergebrachten Person so rechtzeitig schriftlich anzukündigen, dass ihr die Möglichkeit bleibt, dagegen gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen; sie ist über die bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten zu informieren. Vor der Durchführung der Behandlung hat die Einrichtung bei einer volljährigen untergebrachten Person die Genehmigung des Betreuungsgerichts, bei einer minderjährigen untergebrachten Person die Einwilligung der Person, der die gesetzliche Vertretung obliegt, einzuholen.
  7. Die Behandlung ist unter Angabe ihrer maßgeblichen Gründe, der Art und Weise der Durchführung, der vorgenommenen Kontrollen und der Überwachung ihrer Wirkung ausführlich zu dokumentieren.

(6) In Notfällen darf eine Behandlung der Anlasserkrankung oder einer sonstigen Erkrankung ohne Einwilligung der untergebrachten Person und erforderlichenfalls auch gegen ihren natürlichen Willen unter Anwendung von Zwang durchgeführt werden, wenn

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