Regelwerk

JArrG - Jugendarrestgesetz
Gesetz über die Gestaltung und Durchführung des Jugendarrestes in Baden-Württemberg

- Baden-Württemberg -

Vom 25. November 2014
(GBl. Nr. 21 vom 28.11.2014 S. 582; 21.05.2019 S. 189 19)




Der Landtag hat am 13. November 2014 das folgende Gesetz beschlossen:

Abschnitt 1
Grundsätze

§ 1 Auftrag

(1) Dieses Gesetz regelt die Gestaltung und Durchführung (Vollzug) des Jugendarrestes in Jugendarrestanstalten des Landes Baden-Württemberg (Einrichtungen für soziales Training).

(2) Im Rahmen der durch das Grundgesetz und die Landesverfassung gesetzten Ordnung leistet der Jugendarrest einen Beitrag, junge Menschen zur Wahrnehmung von Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft vorzubereiten und zu einem Leben in sozialer Verantwortung zu befähigen.

§ 2 Ziel

(1) Im Jugendarrest soll dem jungen Menschen das von ihm begangene Unrecht bewusst gemacht werden mit dem Ziel, sein Verantwortungsbewusstsein und sein Einfühlungsvermögen in die Situation der Opfer von Straftaten ebenso zu stärken wie die Entwicklung von Einstellungen und Fertigkeiten, die vor erneuter Straffälligkeit schützen.

(2) Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben hsat die Einrichtung das verfassungsmäßige Recht der Eltern, die Erziehung und Bildung ihrer Kinder mitzubestimmen, zu achten und die Verantwortung der übrigen Träger der Erziehung und Bildung zu berücksichtigen.

§ 3 Gestaltung

(1) Im Jugendarrest ist der junge Mensch unter Achtung seiner Kinder- und Menschenrechte zu behandeln. Die Einrichtung schützt seine körperliche und psychische Unversehrtheit, fördert sein Wohlergehen und achtet seine Privatsphäre.

(2) Der Jugendarrest ist pädagogisch auszugestalten. Er ist auf die Förderung der jungen Menschen auszurichten und orientiert sich an stationären Einrichtungen der Jugendhilfe.

(3) Das Leben in der Einrichtung ist den positiven Aspekten des Lebens in der Gesellschaft so weit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges ist entgegenzuwirken. Der junge Mensch ist vor Übergriffen zu schützen.

(4) Im Jugendarrest soll dem jungen Menschen ermöglicht werden, von und mit Gleichaltrigen zu lernen und Verantwortung für Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse zu übernehmen, die sich nach ihrer Eigenart für eine Mitwirkung eignen.

(5) Bei der Gestaltung des Jugendarrestes und bei allen Einzelmaßnahmen sind die unterschiedlichen Bedürfnisse der jungen Menschen zu berücksichtigen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, Alter, Reifegrad und Gesundheit sowie Herkunft und Glauben. Auf Menschen mit Behinderung ist besonders Rücksicht zu nehmen.

(6) Der Jugendarrest ist so auszugestalten, dass eine zeitnahe Durchführung nach Rechtskraft der Anordnung gewährleistet wird.

§ 4 Zusammenarbeit

(1) Alle im Jugendarrest tätigen Personen arbeiten vertrauensvoll zusammen und bilden eine pädagogische Einheit. Die Zusammenarbeit soll durch regelmäßige Besprechungen gefördert werden.

(2) Die Einrichtung arbeitet auch mit dem Jugendamt und anderen staatlichen Stellen sowie mit sonstigen Organisationen und Personen, die förderliche soziale Hilfe leisten können, zusammen. Im Falle einer Bewährungsunterstellung ist frühzeitig die Bewährungshilfe einzubinden.

(3) Die Einbeziehung geeigneter Ehrenamtlicher ist besonders zu fördern.

Abschnitt 2
Fördermaßnahmen

§ 5 Soziales Training

(1) Tragendes Element der pädagogischen Gestaltung ist die Förderung durch soziales Training. Es dient der Stärkung der Sozialkompetenz des jungen Menschen, insbesondere dem Erlernen und Einüben angemessener Handlungsformen in Konfliktsituationen.

(2) In Gruppenarbeit und begleitenden Einzelgesprächen sollen soziales Wissen, soziale Einstellungen und soziales Verhalten vermittelt werden. Schwerpunkte bilden die Auseinandersetzung mit begangenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen sowie die Erarbeitung von Zukunftsperspektiven. In geeigneten Fällen soll das Bemühen des jungen Menschen um einen Ausgleich mit dem Verletzten (Täter-Opfer-Ausgleich) gefördert werden.

(3) Das soziale Training ist auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren. Es ist auf seine Wirksamkeit zu überprüfen und kontinuierlich fortzuentwickeln.

§ 6 Beratung und Unterstützung

(1) Im Rahmen des sozialen Trainings berät und unterstützt die Einrichtung den jungen Menschen auch bei der Bewältigung persönlicher und sozialer Schwierigkeiten. Der junge Mensch soll motiviert und angeleitet werden, seine Angelegenheiten zunehmend selbst zu ordnen und zu regeln.

(2) Die Beratung und Unterstützung umfasst insbesondere die Vermittlung von Kontakten zu anderen staatlichen Stellen sowie sonstigen Organisationen und Personen, die den jungen Menschen nach der Entlassung betreuen und förderliche soziale Hilfe leisten können. Der junge Mensch ist dazu anzuhalten, frühzeitig den Kontakt zu den ihm vermittelten Stellen, Organisationen und Personen herzustellen.

§ 7 Information und Bildung

(1) Begleitend zum sozialen Training werden regelmäßig Informationsveranstaltungen durchgeführt, insbesondere zu den Themen Gewalt, Sucht, Schulden und Medien. Zudem ermöglicht die Einrichtung dem jungen Menschen den Zugang zu tagesaktuellen Informationen und zu diesem Zweck auch die Teilnahme am Rundfunkempfang.

(2) Die Einrichtung bietet dem jungen Menschen auch Maßnahmen zur schulischen und beruflichen Förderung an. Bei Bedarf ist seine Sprachkompetenz zu fördern. Sofern der junge Mensch in der Vergangenheit seine Schulpflicht nicht oder nur unzureichend erfüllt hat, ist er dahingehend zu motivieren, in Zukunft seiner Schulpflicht nachzukommen.

§ 8 Beschäftigung

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