Regelwerk Allgemeines, Umwelt

Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 über die Beilegung von Streitigkeiten

(BGBl. Teil II Nr. 30 vom 20.08.2002 S. 1862)


Die Bundesrepublik Deutschland,
die Französische Republik,
die Italienische Republik,
das Fürstentum Liechtenstein,
das Fürstentum Monaco,
die Republik Österreich,
die Schweizerische Eidgenossenschaft,
die Republik Slowenien

sowie die Europäische Gemeinschaft,

Vertragsparteien des Übereinkommens zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention) -

in dem Bestreben, ein wirksames Konsultations- und Streitbeilegungsverfahren für die Alpenkonvention und ihre Protokolle auszuarbeiten -

sind wie folgt übereingekommen:

Artikel 1

Im Falle einer Streitigkeit zwischen Vertragsparteien über die Auslegung oder Anwendung der Alpenkonvention oder eines ihrer Protokolle bemühen sich die Vertragsparteien vorrangig um eine Beilegung im Konsultationsweg.

Artikel 2

Ist eine Streitigkeit innerhalb von 6 Monaten nach schriftlichem Antrag einer der beteiligten Vertragsparteien auf Konsultationen nicht beigelegt, kann eine beteiligte Partei durch schriftliche Mitteilung an die andere Partei und den Vorsitz der Alpenkonferenz ein Schiedsverfahren zur Streitbeilegung nach den folgenden Bestimmungen einleiten. Der Vorsitz informiert unverzüglich alle Vertragsparteien darüber.

Artikel 3

Zur Durchführung eines Schiedsverfahrens im Sinne von Artikel 2 wird ein Schiedsgericht bestehend aus drei Mitgliedern wie folgt gebildet:

  1. Jede der Streitparteien bestimmt ein Mitglied des Schiedsgerichts. Hat eine der Streitparteien innerhalb von 60 Tagen nach Eingang der in Artikel 2 genannten Mitteilung beim Vorsitz ein Mitglied nicht bestimmt, so erfolgt die Bestimmung auf Ersuchen der anderen Streitpartei durch den Generalsekretär des Ständigen Schiedshofs in Den Haag innerhalb einer weiteren Frist von 30 Tagen.
  2. Der Präsident des Schiedsgerichts wird einvernehmlich von den beiden nach Buchstabe a) bestimmten Mitgliedern ernannt. Wird innerhalb von 120 Tagen nach Eingang der in Artikel 2 genannten Mitteilung beim Vorsitz keine Einigung erzielt, so erfolgt die Ernennung auf Ersuchen einer der Streitparteien durch den Generalsekretär des Ständigen Schiedshofs in Den Haag innerhalb einer weiteren Frist von 30 Tagen.
  3. Eine Abberufung eines Mitglieds des Schiedsgerichts ist nur einvernehmlich zwischen den Streitparteien möglich.
  4. Frei gewordene Sitze werden in der für die erste Bestellung vorgeschriebenen Weise besetzt.

Artikel 4

(1) Jede Vertragspartei ist berechtigt, dem Schiedsgericht ihre Auffassung über die Streitigkeit zur Kenntnis zu bringen.

(2) Ist eine Vertragspartei der Meinung, dass sie ein Interesse rechtlicher Natur hat, das durch die Entscheidung in diesem Streitfall berührt werden könnte, so kann sie einen Antrag an das Schiedsgericht stellen, zur Intervention ermächtigt zu werden.

Artikel 5

Sofern die Streitparteien nichts anderes vereinbaren, gibt sich das Schiedsgericht eine Verfahrensordnung.

Artikel 6

Die Streitparteien enthalten sich jeglicher Maßnahme, die der Entscheidung des Schiedsgerichtes vorgreift oder diese präjudiziert. Das Schiedsgericht kann auf Ersuchen einer Streitpartei einstweilige Maßnahmen zum Schutz der Rechte jeder Streitpartei erlassen.

Artikel 7

Sofern die Streitparteien nicht anderes vereinbaren, legt das Schiedsgericht fest, welche der offiziellen Sprachen der Alpenkonvention für das Verfahren verwendet werden.

Artikel 8

(1) Die Streitparteien erleichtern die Arbeit des Schiedsgerichts und werden insbesondere mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln

  1. ihm alle sachdienlichen Schriftstücke vorlegen und Auskünfte erteilen und
  2. ihm die Möglichkeit geben, soweit nötig Zeugen oder Sachverständige zu laden und ihre Aussagen einzuholen.

(2) Alle Dokumente und Informationen, die dem Schiedsgericht von einer Streitpartei vorgelegt werden, sind von dieser gleichzeitig an die andere Streitpartei zu übermitteln.

Artikel 9

Das Schiedsgericht trifft seine Entscheidung in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und der Alpenkonvention samt ihren Protokollen.

Artikel 10

Abwesenheit oder Versäumnis einer Streitpartei, sich zur Sache zu äußern, stellt kein Hindernis für das Verfahren dar. Bevor das Schiedsgericht seine endgültige Entscheidung fällt, muss es sich vergewissern, dass das Begehren in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht begründet ist.

Artikel 11

Das Schiedsgericht fällt seine endgültige Entscheidung innerhalb von 6 Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem es vollständig gebildet wurde; hält es jedoch eine Verlängerung dieser Frist für notwendig, so darf diese weitere 6 Monate nicht überschreiten.

Artikel 12

Das Schiedsgericht entscheidet sowohl in verfahrensrechtlichen als auch in materiellen Fragen mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Der Schiedsspruch ist für die Streitparteien endgültig und bindend. Das Schiedsgericht hat die Gründe anzugeben, auf denen der Spruch basiert. Die Streitparteien setzen den Schiedsspruch unverzüglich um.

Artikel 13

Sofern das Schiedsgericht nicht wegen der besonderen Umstände des Einzelfalls etwas anderes beschließt, werden die Kosten des Schiedsgerichts, einschließlich der Vergütung seiner Mitglieder, von den Streitparteien zu gleichen Teilen getragen.

Artikel 14

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