Regelwerk |
Protokoll "Naturschutz und Landschaftspflege"
Protokoll zur Durchführung der Alpenkonvention von 1991 im Bereich Naturschutz und Landschaftspflege
16. August 2002
(BGBl. II Nr. 30 vom 20.08.2002 S. 1796)
Präambel
Die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Italienische Republik, das Fürstentum Liechtenstein, das Fürstentum Monaco, die Republik Österreich, die Schweizerische Eidgenossenschaft, die Republik Slowenien
sowie
die Europäische Gemeinschaft -in Erfüllung ihres Auftrags aufgrund des Übereinkommens vom 7. November 1991 zum Schutz der Alpen (Alpenkonvention), eine ganzheitliche Politik zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums sicherzustellen,
in Erfüllung ihrer Verpflichtungen gemäß Artikel 2 Absätze 2 und 3 der Alpenkonvention,
in der Erkenntnis, daß die Alpen als einer der größten zusammenhängenden Naturräume Europas durch einzigartige Schönheit, ökologische Vielfalt und hochempfindliche Ökosysteme geprägt und zugleich Lebens- und Wirtschaftsraum der ansässigen Bevölkerung mit traditionsreicher Kultur sind,
in der Überzeugung, daß die ansässige Bevölkerung in der Lage sein muß, ihre Vorstellungen von der gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung selbst zu definieren und an deren Umsetzung im Rahmen der geltenden staatlichen Ordnung mitzuwirken,
in Anbetracht der räumlichen Struktur der Alpen, aufgrund deren sich zahlreiche, häufig miteinander konkurrierende Nutzungen in engen Tälern zusammendrängen und zur Belastung eines ökologisch bedeutsamen Umfeldes beitragen,
in dem Bewußtsein, daß Art und Intensität der Nutzung des Alpenraums in den letzten Jahrzehnten in weiten Gebieten zu unwiederbringlichen Verlusten an erhaltenswerten Bestandteilen von Landschaft, Biotopen und Arten geführt haben und bei unveränderter Fortführung zu weiteren Verlusten führen werden,
in der Erkenntnis, daß in einigen Gebieten des Alpenraums namentlich durch eine Konzentration von Verkehr, Tourismus, Sport, Siedlung, Entwicklung der Wirtschaft, Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft eine Überbelastung von Natur und Landschaft entstanden ist oder entstehen kann,
in der Erkenntnis, daß namentlich den Gletschern, den alpinen Rasen, dem Bergwald und den Gewässern im Alpenraum als Lebensraum einer vielfältigen Flora und Fauna eine herausragende Bedeutung zukommt,
in dem Bewußtsein, daß der extensiven Land- und Forstwirtschaft bei der Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft und der damit verbundenen Naturelemente eine große Bedeutung zukommt,
in der Überzeugung, daß wirtschaftliche Interessen mit den ökologischen Erfordernissen in Einklang gebracht werden müssen,
in der Überzeugung, daß bei der Abwägung zwischen ökologischer Belastbarkeit und wirtschaftlichen Interessen den ökologischen Erfordernissen Vorrang einzuräumen ist, wenn es für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen notwendig ist,
in dem Bewußtsein, daß die begrenzte Belastbarkeit des Alpenraums besondere Vorkehrungen und Maßnahmen zur Erhaltung und Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts erfordert,
in der Überzeugung, daß bestimmte Probleme nur grenzübergreifend gelöst werden können und gemeinsame Maßnahmen der Alpenstaaten erforderlich machen -sind wie folgt übereingekommen:
Kapitel 1
Allgemeine Bestimmungen
Artikel 1 Ziel
Ziel dieses Protokolls ist es, in Erfüllung der Alpenkonvention und unter Mitberücksichtigung der Interessen der ansässigen Bevölkerung, internationale Regelungen zu treffen, um Natur und Landschaft so zu schützen, zu pflegen und, soweit erforderlich, wiederherzustellen, daß die Funktionsfähigkeit der Ökosysteme, die Erhaltung der Landschaftselemente und der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten einschließlich ihrer natürlichen Lebensräume, die Regenerationsfähigkeit und nachhaltigen Leistungsfähigkeit der Naturgüter und die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur- und Kulturlandschaft in ihrer Gesamtheit dauerhaft gesichert werden, sowie die hierfür erforderliche Zusammenarbeit der Vertragsparteien zu fördern.
Artikel 2 Grundverpflichtungen
Im Einklang mit diesem Protokoll verpflichtet sich jede Vertragspartei, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Schutz, die Pflege und, soweit erforderlich, die Wiederherstellung von Natur und Landschaft im Alpenraum, einschließlich der
wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Vielfalt und ihrer Lebensräume unter gleichzeitiger Berücksichtigung ihrer ökologisch tragbaren Nutzung sicherzustellen.
Artikel 3 Internationale Zusammenarbeit
(1) Die Vertragsparteien verpflichten sich zur Zusammenarbeit insbesondere bei der Kartierung, der Ausweisung, Pflege und Überwachung von Schutzgebieten und sonstigen schützenswerten Elementen von Natur- und Kulturlandschaft, der Biotopvernetzung, der Aufstellung von Konzepten, Programmen und/oder Plänen der Landschaftsplanung, der Vermeidung und dem Ausgleich von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, der systematischen Beobachtung von Natur und Landschaft, der Forschung sowie bei allen sonstigen Maßnahmen zum Schutz von wildlebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Vielfalt und ihrer Lebensräume einschließlich der Festlegung vergleichbarer Kriterien, soweit dies erforderlich und zweckmäßig ist.
(2) Die Vertragsparteien verpflichten sich, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Naturschutz und in der Landschaftspflege auf regionaler und lokaler Ebene zu fördern, soweit dies zur Erreichung der Ziele dieses Protokolls erforderlich ist.
(3) Die Vertragsparteien bemühen sich bei nutzungsbeschränkenden Auflagen im Sinne der Ziele dieses Protokolls um eine Abstimmung der Rahmenbedingungen.
(Stand: 26.02.2021)
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