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Regelwerk, Abfall

Erste allgemeine Abfallverwaltungsvorschrift über Anforderungen zum Schutz des Grundwassers bei der Lagerung und Ablagerung von Abfällen

Vom 31. Januar 1990
(GMBl. 1990 S. 74, S. 886; BAnz 27.04.2009 S. 1577 aufgehoben)


Nach § 4 Abs. 5 des Abfallgesetzes (AbfG) vom 27. August 1986 (BGBl. I S. 1410) und Artikel 84 Abs. 2 GG vom 23. Mai 1949 (BGBl. I S. 1) wird folgende allgemeine Verwaltungsvorschrift erlassen:

1. Anwendungsbereich

Diese Verwaltungsvorschrift bezweckt, die Verschmutzung des Grundwassers durch Stoffe, die zu den in den Listen I und II des Anhangs aufgeführten Stoffgruppen und Stoffamilien gehören und die ein Toxizitäts-, Langlebigkeits- oder Bioakkumulationsrisiko aufweisen (Liste I) oder eine schädliche Wirkung auf das Grundwasser haben können (Liste II), durch Vorkehrungen nach dem Stand der Technik zu verhüten und die Folgen seiner bisherigen Verschmutzung soweit wie möglich einzudämmen oder zu beheben. Sie gilt für Anlagen zur Lagerung oder Ablagerung von Abfällen, sofern dadurch Stoffe aus Liste I oder II des Anhangs indirekt in das Grundwasser abgeleitet werden können.

Sie gilt nicht für

  1. Ableitungen, die nach Feststellung der zuständigen Behörde Stoffe aus Liste I oder II des Anhangs in so geringer Menge oder Konzentration enthalten, daß jede gegenwärtige oder künftige Gefahr einer Beeinträchtigung der Qualität des aufzunehmenden Grundwassers nach dem Stand der Technik ausgeschlossen ist,
  2. Ableitungen aus Altlasten, insbesondere Altablagerungen, soweit diese aus der Zeit vor dem 11. Juni 1972 stammen, und aufgegebenen Industriestandorten,
  3. Ableitungen von Substanzen, die radioaktive Stoffe im Sinne des Atomgesetzes enthalten.

Sie enthält Vorschriften zum Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch Stoffe der Liste I oder II des Anhangs, die anzuwenden sind bei

  1. der Abfallentsorgungsplanung ( § 6 AbfG)
  2. der Entscheidung über Anträge auf Planfeststellung oder Genehmigung bzw. deren Befristung sowie die Zulassung des vorzeitigen Beginns von ortsfesten Anlagen zur Lagerung oder Ablagerung von Abfällen (§§ 7, 7a, 8 AbfG)
  3. der Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen über Anforderungen an die Anlagen oder ihres Betriebs nach Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses oder ihre Genehmigung (§ 8 Abs. 1 Satz 3 AbfG)
  4. der Anordnung von Befristungen, Bedingungen und Auflagen für ortsfeste Abfallentsorgungsanlagen, die am 11. Juni 1972 betrieben wurden oder mit deren Errichtung zu diesem Zeitpunkt begonnen war, und der Untersagung des Betriebs solcher Anlagen ( § 9 AbfG)
  5. der Anordnung von Vorkehrungen zur Verhütung von Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit für stillgelegte Anlagen (§ 10 Abs. 2 AbfG)
  6. der Entsorgung von Abfällen in dafür zugelassenen Abfallentsorgungsanlagen ( § 4 Abs. 1 AbfG)
  7. der Zulassung von Ausnahmen von § 4 Abs. 1 AbfG im Einzelfall durch die zuständige Behörde (§ 4 Abs. 2 AbfG)
  8. der Zulassung von Ausnahmen von § 4 Abs. 1 AbfG durch Rechtsverordnungen der Landesregierungen (§ 4 Abs. 4 AbfG)
  9. der Überwachung der Abfallentsorgung (§ 11 AbfG).

2. Allgemeine Vorschriften

2.1 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift ist

2.1.1 Grundwasser:

alles unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;

2.1.2 indirekte Ableitung:

Einleitung oder Eintrag von Stoffen aus der Liste I oder II des Anhangs in das Grundwasser nach Boden- oder Untergrundpassage;

2.1.3 Verschmutzung:

indirekte Ableitung von Stoffen aus der Liste I oder II des Anhangs in das Grundwasser, wenn dadurch die menschliche Gesundheit oder die Wasserversorgung gefährdet, die lebenden Bestände und das Ökosystem der Gewässer geschädigt oder die sonstige, rechtmäßige Nutzung der Gewässer behindert werden.

2.1.4 Stand der Technik: Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme für eine umweltverträgliche Abfallentsorgung gesichert erscheinen läßt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg im Betrieb erprobt worden sind.

2.2 Allgemeine Grundsätze zur Planfeststellung oder Genehmigung und Zulassung vorzeitigen Beginns

2.2.1 Vor Erlaß eines Planfeststellungsbeschlusses, einer Genehmigung von Anlagen nach § 7 AbfG oder eines Bescheides über die Zulassung des vorzeitigen Beginns gemäß § 7a AbfG ist eine Prüfung durchzuführen. Diese Prüfung muß eine Untersuchung der hydrogeologischen Bedingungen der betreffenden Zone, der etwaigen Reinigungskraft des Bodens und des Untergrundes sowie der Gefahren einer Verschmutzung und einer Beeinträchtigung der Qualität des Grundwassers durch die indirekte Ableitung umfassen und die Feststellung ermöglichen, ob die indirekte Ableitung in das Grundwasser vom Gesichtspunkt des Umweltschutzes aus eine angemessene Lösung darstellt.

2.2.2 Ein Planfeststellungsbeschluß, ein Genehmigungsbescheid oder ein Bescheid über die Zulassung oder des vorzeitigen Beginns gemäß § 7a AbfG darf nur erlassen werden, wenn alle Vorsichtsmaßnahmen nach dem Stand der Technik ergriffen werden

  1. die nötig sind; um die indirekte Ableitung von Stoffen aus der Liste I des Anhangs zu verhindern,
  2. damit die Verschmutzung des Grundwassers durch indirekte Ableitung von Stoffen der Liste II des Anhangs verhindert wird.

2.2.3 Ein Planfeststellungsbeschluß, ein Genehmigungsbescheid oder ein Bescheid über die Zulassung des vorzeitigen Beginns gemäß § 7a AbfG darf nur erlassen werden, nachdem die zuständige Behörde festgestellt hat, daß die Überwachung des Grundwassers und insbesondere seiner Qualität gewährleistet ist.

2.2.4 Soweit eine den Regelungen dieser Verwaltungsvorschrift unterliegende Anlage einer Planfeststellung oder Genehmigung nach § § 7 oder 7a AbfG bedarf, darf diese nur befristet erteilt werden. Mindestens alle vier Jahre ist zu überprüfen, ob die nach 2.2.2 getroffenen Vorsichtsmaßnahmen weiter ausreichen.

2.3 Allgemeine Grundsätze für die Zulassung von Ausnahmen nach § 4 Abs. 2 oder 4 AbfG

Bei der Zulassung von Ausnahmen nach § 4 Abs. 2 oder 4 AbfG sind die Anforderungen nach 2.2. entsprechend anzuwenden, wenn sich die Ausnahme auf eine Anlage zur Lagerung oder Ablagerung von Abfällen bezieht. Andernfalls sind geeignete Maßnahmen festzulegen, um die indirekte Ableitung von Stoffen der Liste I des Anhangs nach dem Stand der Technik zu verhindern oder die indirekte Ableitung von Stoffen der Liste II des Anhangs einzuschränken.

3. Regelungen zum Schutz des Grundwassers

3.1 Grundsätzliche Anforderungen

Wird eine Anlage zur Lagerung oder Ablagerung von Abfällen, die zu einer indirekten Ableitung führen kann, planfestgestellt oder genehmigt oder wird der vorzeitige Beginn zugelassen, so ist im entsprechenden Bescheid insbesondere folgendes festzulegen:

3.2 Überwachung der Vorschriften

Die zuständigen Behörden überwachen die Einhaltung der Anforderungen gemäß 2.2 und 2.3 sowie die Auswirkungen der indirekten Ableitungen auf das Grundwasser.

3.3 Indirekte Ableitung in grenzüberschreitende Grundwasservorkommen

Bei indirekten Ableitungen in grenzüberschreitende Grundwasserschichten unterrichtet die zuständige Behörde, die beabsichtigt, diese indirekte Ableitung zu genehmigen, vor Erlaß eines Planfeststellungsbeschlusses oder Erteilung einer Genehmigung oder der Zulassung des vorzeitigen Beginns die betroffenen anderen EG-Mitgliedstaaten. Auf Antrag eines der betroffenen Mitgliedstaaten finden vor der Zulassung des Vorhabens Konsultationen statt, an denen die EG-Kommission teilnehmen kann.

4. Anforderungen an bestehende Anlagen

Für die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verwaltungsvorschrift bereits bestehenden Anlagen, die zu indirekten Ableitungen von Stoffen aus der Liste I oder II des Anhangs in das Grundwasser führen können, haben die zuständigen Behörden nachträgliche Anordnungen mit der Maßgabe zu erlassen, daß die Ableitungen den Anforderungen dieser allgemeinen Verwaltungsvorschrift entsprechen.

5. Inkrafttreten

Diese allgemeine Abfallverwaltungsvorschrift tritt am Tage nach der Veröffentlichung in Kraft.

.

Anhang

Liste I der Stoffamilien und Stoffgruppen

Die Liste I umfaßt die einzelnen Stoffe der nachstehend aufgeführten Stoffamilien und -gruppen, mit Ausnahme der Stoffe, die aufgrund des geringen Toxizitäts-, Langlebigkeits- oder Bioakkumulationsrisikos als ungeeignet Für die Liste I angesehen werden. Sind diese Stoffe im Hinblick auf Toxizität, Langlebigkeit oder Bioakkumulation für die Liste II geeignet, so sind sie als Stoffe der Liste II zu behandeln.

  1. Organische Halogenverbindungen und Stoffe, die im Wasser derartige Verbindungen bilden können
  2. organische Phosphorverbindungen
  3. organische Zinnverbindungen
  4. Stoffe, die im oder durch Wasser krebserregende, mutagene oder teratogene Wirkung haben
  5. Quecksilber und Quecksilberverbindungen
  6. Cadmium und Cadmiumverbindungen
  7. Mineralöle und Kohlenwasserstoffe
  8. Cyanide

2 Liste II der Stoffamilien und Stoffgruppen

Die Liste II umfaßt die einzelnen Stoffe und Stoffkategorien aus den nachstehend aufgeführten Stoffamilien und Stoffgruppen, die eine schädliche Wirkung auf das Grundwasser haben können.

  1. Folgende Metalloide und Metalle und ihre Verbindungen:
    1. Zink 11. Zinn
    2. Kupfer 12. Barium
    3. Nickel 13. Beryllium
    4. Chrom 14. Bor
    5. Blei 15. Uran
    6. Selen 16. Vanadium
    7. Arsen 17. Kobalt
    8. Antimon 16. Thallium
    9. Molybdän 19. Tellur
    10. Titan 20. Silber
  2. Pflanzenschutzmittel, Schädlingsbekämpfungsmittel, Desinfektionsmittel und sonstige Biozide sowie davon abgeleitete Verbindungen, die nicht in der Liste I enthalten sind;
  3. Stoffe, die eine Für den Geschmack und/oder den Geruch des Grundwassers abträgliche Wirkung haben, sowie Verbindungen, die im Grundwasser zur Bildung solcher Stoffe führen und es für den menschlichen Gebrauch ungeeignet machen können;
  4. giftige oder langlebige organische Siliziumverbindungen und Stoffe, die im Wasser zur Bildung solcher Verbindungen führen können, mit Ausnahme derjenigen, die biologisch unschädlich sind oder sich im Wasser rasch in biologisch unschädliche Stoffe umwandeln;
  5. Anorganische Phosphorverbindungen und reiner Phosphor;
  6. Fluoride;
  7. Ammoniak und Nitrite
ENDE

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