Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
Erste Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
Erste Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 17. Dezember 2009

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu erlassende


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla

Erste Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung

Vom ...

Auf Grund des § 30 Absatz 17 des Bundesversorgungsgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 32 Buchstabe i des Gesetzes vom 13. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2904) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Verteidigung:

Artikel 1
Änderung der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung

Die Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10. Dezember 2008 (Anlagenband zum BGBl. I S. 2412) wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Die in der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" sind auf der Grundlage des aktuellen Stands der medizinischen Wissenschaft fortzuentwickeln. Dabei sind die Grundsätze der evidenzbasierten Medizin anzuwenden. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin hat eine Anpassung der Anlage an den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und der versorgungsmedizinischen Erfordernisse empfohlen.

Mit zusätzlichen Kosten ist nicht zu rechnen, da es sich um redaktionelle Änderungen sowie um Anpassungen an die gültige medizinische Terminologie und den aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft handelt. Die Beurteilungsmaßstäbe werden nicht wesentlich verändert.

B. Besonderer Teil

I. Zu Artikel 1

1. Zu Nummer 1

Die Änderung dient der Klarstellung. In der gutachtlichen Praxis wurde ein Widerspruch darin gesehen, dass Hilflosigkeit bis zum Abschluss der speziellen Schulausbildung für Sehbehinderte nur bei sehbehinderten Kindern angenommen werden soll, obwohl heute diese Schulausbildung regelhaft in das Jugendalter hineinreicht. Der neue Wortlaut macht deutlich, dass Hilflosigkeit stets bis zum Abschluss der speziellen Schulausbildung anzunehmen ist, auch wenn die Schulausbildung erst im Jugendalter abgeschlossen wird.

2. Zu Nummer 2

2.1 Zu Buchstabe a

Der bisherige Wortlaut entsprach dem Wortlaut der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (Teil 2 SGB IX)" von 1996. Mit der vom Ärztlichen Sachverständigenbeirat Versorgungsmedizin am 4. November 2009 verabschiedeten Neufassung wird der Wortlaut an die derzeitige medizinischwissenschaftliche Nomenklatur angepasst, die sich aus der International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems 10 (ICD 10) ergibt. Der dort vorgegebene Bezug zwischen Abhängigkeit und psychotropen Substanzen wird übernommen. Die Abhängigkeit von Koffein oder Tabak sowie von Koffein und Tabak bedingt allein in der Regel keine Teilhabebeeinträchtigung, da in der Regel weder ein Rauschzustand noch andauernde psychische Funktionsbeeinträchtigungen auftreten. Zur Klarstellung der Definition von Abhängigkeitssyndromen werden zusätzlich Diagnosekriterien für die Abhängigkeit von psychotropen Substanzen (in Anlehnung an die Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM-IV-TR)) aufgenommen. Die Aufnahme der Kriterien entspricht dem Wunsch der Länder nach klaren diagnostischen Vorgaben. Die GdS-Tabelle wird in Anlehnung an die Beurteilung anderer psychischer und Verhaltensstörungen modifiziert. Eine Änderung der Beurteilungsmaßstäbe beinhaltet dies nicht. Die Ergänzungen sind Grundlage für eine sachgerechte, einwandfreie und bei gleichen Sachverhalten einheitliche Bewertung derartiger Gesundheitsstörungen.

Nach dem bisherigen Wortlaut war der GdS bei nachgewiesener Abhängigkeit mit Kontrollverlust und erheblicher Einschränkung der Willensfreiheit nicht niedriger als mit 50 zu bewerten. Zusätzlich war bei Abstinenz nach nachgewiesener Abhängigkeit eine Heilungsbewährung zu berücksichtigen. Der Begriff "nachgewiesene Abhängigkeit" kommt nun nicht mehr vor. Zur Klarstellung erfolgt der Hinweis "zuvor mit einem GdS von mindestens 50".

2.2 Zu Buchstabe b

Das Wort "Frühstadium" im Satz "nach Entfernung eines malignen Darmtumors im Frühstadium oder von lokalisierten Darmkarzinoiden" hat in der Begutachtung zu Missverständnissen geführt. Um eine exakte, einheitliche und reproduzierbare Begutachtung zu gewährleisten, wurde es - gemäß der von der Union internationale contre le cancer (U-ICC) eingeführten international anerkannten TNM-Klassifikation - durch den Begriff "Stadium (T1 bis T2) N0 M0" ersetzt, ohne die Beurteilungsmaßstäbe zu verändern.

2.3 Zu Buchstabe c

Lange Zeit war die radikale Nephrektomie (vollständige Entfernung einer Niere) Standardtherapie des operablen malignen Nierentumors. Seit Jahren steigt der Anteil der Nierenteilresektionen (Nierenteilentfernungen) wegen dieser Erkrankung kontinuierlich an. Gemäß den neuen Leitlinien der European Association of Urologists (EAU) gilt die Nierenteilresektion bei organbegrenzten malignen Tumoren mit einem Durchmesser von unter 4 cm und gesunder kontralateraler Niere inzwischen als Standardtherapie. Selbst bei großen Tumoren mit einem Durchmesser von über 7 cm stieg die Teilresektionsrate nach einer Analyse des US-amerikanischen Krebsregisters von 4,6 % im Jahre 1988 auf 17,6 % im Jahre 2001 deutlich an. Dies führte nicht zu einer Veränderung der Prognose (vgl. Dtsch Ärztebl Int 2009; 106(8) 117-22). Mit der Streichung der Wörter "mit Entfernung der Niere" und "einschließlich Niere und Harnwege" wird der Wortlaut dem geltenden Stand der medizinischen Wissenschaft angeglichen, ohne die Beurteilungsmaßstäbe wesentlich zu verändern.

2.4 Zu Buchstabe d

Fibromyalgie wird nach ICD 10 dem rheumatischen Formenkreis zugeordnet. Der bisherige Wortlaut zählte die Fibromyalgie pauschal zu den somatoformen Störungen. Dies ist von Betroffenenverbänden kritisiert worden.

3. Zu Nummer 3

Es handelt sich um redaktionelle Berichtigungen.

4. Zu Nummer 4

4.1 Zu Buchstabe a

Nach Teil D Nummer 1 Buchstabe e liegt bei zerebralen Anfallsleiden eine erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr vor, wenn die Anfälle mit mittlerer Häufigkeit und überwiegend am Tag auftreten. Dies bedingt bei richtiger Anwendung von Teil B Nummer 3.1 unter Berücksichtigung der tageszeitlichen Verteilung der Anfälle einen Grad der Schädigungsfolgen von mindestens 70. Die Textänderung dient der Klarstellung.

4.2 Zu den Buchstaben b und c

Es handelt sich um redaktionelle Berichtigungen.

II. Zu Artikel 2

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1089:
Entwurf einer Ersten Verordnung zur Änderung der Versorgungsmedizin-Verordnung vom 10.12.2008

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o. g. Verordnung auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem vorliegenden Entwurf werden keine Informationspflichten eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine Bürokratiekosten für Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger sowie für die Verwaltung.

Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

gez. gez.
Dr. Ludewig Kreibohm
Vorsitzender Berichterstatter