Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch

Der Bundesrat hat in seiner 877. Sitzung am 26. November 2010 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

Zum Gesetzentwurf allgemein vorab:

1. Zur Ermittlung des Regelbedarfs im Bereich Gesundheitspflege

Begründung:

Die Problematik der Übernahme der teilweise sehr kostenintensiven ärztlich verordneten Verhütungsmittel ist nach wie vor nicht gelöst, so dass zu befürchten ist, dass einkommensschwache Frauen nach wie vor einer ungewollten Schwangerschaft aus finanziellen Gründen nicht vorbeugen können. Zu den ärztlich verordneten Verhütungsmitteln gehören neben der "Pille" je nach Verträglichkeit im Einzelfall auch die Kupferspirale, die Hormonspirale oder das Implanon, die besonders kostenintensiv sind und daher aus dem Regelbedarf nicht finanziert werden können. Im Einzelfall kann je nach Entscheidung der betroffenen Frau auf Grund ihrer gesundheitlichen Situation auch eine Sterilisation angezeigt sein, die ebenfalls weder über das SGB II und SGB XII noch als Regelfall über das SGB V gedeckt ist. Diese Situation führt zu einer Zunahme von Schwangerschaftsabbrüchen bei bedürftigen Frauen, die bei einer Übernahme der Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel oder für eine gewünschte Sterilisation verhindert werden können.

2. Zur Änderung des Verwaltungsbudgets

3. Zur Belastung der Kommunen

4. Zur Bildungsteilhabe von Kindern

Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Bildungsteilhabe von Kindern, insbesondere von Kindern aus sozial benachteiligten Familien, verbessert werden muss. Der Anspruch der Kinder auf Bildungsteilhabe kann am wirkungsvollsten durch einen Ausbau der Bildungsinfrastruktur erfüllt werden. Daher fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, die Länder finanziell in die Lage zu versetzen, ihr Angebot insbesondere in den zentralen Bereichen Schulsozialarbeit und Mittagessen an Kindertagesstätten und Ganztagsschulen auszuweiten.

Zu den einzelnen Vorschriften:

5. Zu Artikel 1 (§ 9 RBEG)

In Artikel 1 ist § 9 wie folgt zu fassen:

" § 9 Eigenanteil für die gemeinschaftliche Mittagsverpflegung

Begründung:

Zu Absatz 1:

Es reicht nicht aus, nur für die im Gesetzentwurf berücksichtigten Konstellationen einen Betrag als Eigenanteil bei Mittagsverpflegung vorzusehen. Die Regelung ist zu öffnen für die Anwendung z.B. auch auf Personen, die Mittagsverpflegung in einer Werkstatt für behinderte Menschen und für Personen, die Leistungen für Essen auf Rädern u.ä. erhalten. Die Regelung muss deshalb auch grundsätzlich sowohl für den Rechtskreis des SGB XII als auch des SGB II gelten.

Zu Absatz 2:

Es ist notwendig, weitere spezifische Beträge für Eigenanteile festsetzen zu können, die bei verschiedenen Konstellationen einer Bedarfsdeckung neben derjenigen durch Leistungen für den Regelbedarf zu berücksichtigen sind. Dies wird z.B. notwendig sein für einen Eigenanteil zur Warmwasserbereitung, wenn diese untrennbar zusammen mit Heizkosten der Leistungsgewährung nach § 22 SGB II-E oder § 35 SGB XII-E zugrunde zu legen ist. Entsprechendes gilt beispielsweise auch bei der Bewilligung von den Regelbedarf übersteigenden Fahrtkosten für den Schulbesuch.

Entsprechende Beträge müssen auf dem Wege einer pauschalierenden Betrachtung der durch die Regelbedarfe gewährleisteten Bedarfsdeckung für den gesamten Geltungsbereich der Regelbedarfe einheitlich festgesetzt werden. Die Betragsermittlung sollte durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Benehmen mit den Ländern erfolgen.

Es ist somit die Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung vorzusehen.

6. Zu Artikel 2 Nummer 6 Buchstabe a - neu - (§ 5 Absatz 2 Satz 1 SGB II)

In Artikel 2 ist Nummer 6 wie folgt zu fassen:

'6. § 5 wird wie folgt geändert:

Begründung:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (1 BvL 001/09 (PDF) , 1 BvL 3/09 und 1 BvL 4/09) festgehalten, dass die Existenzsicherung für erwerbsfähige Hilfebedürftige abschließend aus dem SGB II heraus erfolgen muss. Das bedeutet, dass weitergehende Ansprüche entsprechend im SGB II normiert werden müssen und nicht im SGB XII. Das SGB XII ist von seinem Gesetzeszweck her nicht als Auffangtatbestand bzw. Ausfallbürge für die vorrangigen Leistungsbereiche gedacht. Hier werden zunehmend Rechtsstreite geführt. Zuletzt wurde eine Kostentragung über § 73 SGB XII für Schulbücher durch Entscheidung des Bundessozialgerichtes (B 14 AS 47/9 H) abgelehnt. Handlungsbedarf ist dringend geboten.

Mit der Ergänzung in § 5 Absatz 2 Satz 1 SGB II wird der Auffangtatbestand für den Bereich des SGB II und damit auch ein erneuter Rückgriff auf die Sozialhilfe vermieden und der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts Rechnung getragen.

7. Zu Artikel 2 Nummer 13 Buchstabe a ( § 9 Absatz 1 SGB II), Buchstabe b Doppelbuchstabe bb (§ 9 Absatz 2 Satz 3 SGB II), Nummer 57 (§ 77 Absatz 1a - neu - SGB II)

Artikel 2 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu a:

In seinem Urteil vom 9. Februar 2010 stellt das Bundesverfassungsgericht klar, dass der Auftrag der Verfassung zur Sicherstellung des Existenzminimums erst dann greift, wenn es dem Einzelnen nicht möglich ist, seine Existenz aus eigener Kraft zu sichern (Rz. 134). Das schließt es aus, das Einkommen und Vermögen, das zur Sicherung der eigenen Existenz benötigt wird, anderen Personen zuzurechnen.

Als gesetzliche Fiktion soll allerdings Hilfebedürftigkeit in Bezug auf Maßnahmen des Förderns weiterhin begründet sein, um wirksam die vollständige Überwindung der Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu unterstützen.

Damit werden auch die Bedenken aufgegriffen, die in der Rechtsprechung und der Literatur eine solche Änderung aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität fordern. Zu diesem Ergebnis kommt auch die Gemeinsame Kommission der Justizministerkonferenz sowie der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister zur Erarbeitung von Änderungsvorschlägen auf dem Gebiet des Sozialrechts in ihrem Bericht vom 27. Oktober 2010, deren Formulierungsvorschlag hier aufgegriffen wird.

Die vorgeschlagene Änderung führt zu einer Verschiebung der Kostenlast. Da nach § 19 Absatz 3 Satz 2 SGB II-E das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen zunächst die Geldleistungen der Agentur für Arbeit mindert und nur, wenn darüber hinaus noch Einkommen und Vermögen zu berücksichtigen ist, die Geldleistungen der kommunalen Träger gemindert werden, bedeutet die Anwendung der vertikalen Berechnungsmethode eine Entlastung der kommunalen Träger.

Die finanziellen Auswirkungen können erforderlichenfalls im Rahmen einer - allein diesem Effekt Rechnung tragenden - Anpassung des § 47 Absatz 7 SGB II erfolgen.

Zu b:

8. Zu Artikel 2 Nummer 15 (§ 11a Absatz 1 Nummer 4 - neu - SGB II)

In Artikel 2 Nummer 15 § 11a Absatz 1 ist in Nummer 3 der abschließende Punkt durch ein Komma zu ersetzen und folgende Nummer anzufügen:

"4. Leistungen der Länder oder der kreisfreien Städte und Kreise, die dem Zweck dienen, die Bildung von Schülerinnen und Schülern an allgemein- oder berufsbildenden Schulen sowie die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu fördern, soweit sie die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch nicht gerechtfertigt wären."

Begründung:

Nach der Konzeption des Gesetzgebers zur Einführung des so genannten Bildungs- und Teilhabepakets treten die durch das SGB II gewährten Bildungs- und Teilhabeleistungen nicht an die Stelle der bereits vorhandenen Leistungen in den Ländern und Kommunen. Vielmehr sollen die nach § 28 SGB II-E gewährten Leistungen die bereits in den Ländern und Kommunen vorhandenen kostenlosen Leistungen und Angebote im Bereich der Bildung und Teilhabe ergänzen. Hier ist besonders die in unterschiedlichem Umfang gewährte Lernmittelfreiheit zu nennen, aber auch die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung ausbildungsspezifischer Bedarfe.

Nach § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB II-E sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen. § 11a SGB II-E regelt, dass bestimmte Einnahmen ausnahmsweise nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, wenn sie einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen oder ihre Anrechnung den Zielen des SGB II zuwider laufen würde. Angesichts dessen bedarf es der Klarstellung in § 11a Absatz 1 SGB II-E, dass Leistungen der Länder und Kommunen, die dem gleichen Zweck wie die Bildungs- und Teilhabeleistungen gemäß § 28 Absatz 1 SGB II-E dienen, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.

Zur Gewährleistung einer bundesweit wesentlichen Gleichbehandlung der Betroffenen dürfen die Leistungen der Länder und Kommunen nur insoweit anrechnungsfrei bleiben, als die Zuwendung die Lage des Empfängers im Einzelfall nicht unangemessen günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht mehr gerechtfertigt erscheinen. Die sorgfältig anhand des Einzelfalles vorzunehmende Gerechtfertigkeitsprüfung stellt somit die Obergrenze für die Anrechnungsfreiheit dar.

9. Zu Artikel 2 Nummer 15 (§ 1 1b Absatz 1a - neu - SGB II)

In Artikel 2 Nummer 15 § 11b ist nach Absatz 1 folgender Absatz einzufügen:

(1a) Von steuerfreien Aufwandsentschädigungen im Sinne des § 3 Nummern 26, 26a des Einkommenssteuergesetzes sind auch Beträge unter entsprechender Anwendung der für Erwerbstätige geltenden Regelungen nach Absatz 1 Nummer 6 sowie den Absätzen 3 und 4 abzusetzen."

Begründung:

Während es bisher möglich war, steuerfreie Aufwandsentschädigungen (z.B. Übungsleiterpauschalen) für ehrenamtlich Tätige in Vereinen, Verbänden u.ä. nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soll dies künftig nicht mehr möglich sein. Der Entwurf sieht unter bestimmten Bedingungen nur noch für Leistungen aus öffentlichrechtlichen Vorschriften (z.B. Entschädigungen für Gemeinderatstätigkeiten) die Anrechnungsfreiheit vor (§ 11a Absatz 3 SGB II-E). Damit werden steuerfreie Aufwandsentschädigungen, die im nicht öffentlichen Bereich an viele Übungsleiter und andere ehrenamtlich Tätige gewährt werden, nicht nur schlechter behandelt als Entschädigungen aufgrund öffentlichrechtlicher Vorschriften, sondern auch als Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit.

Die vollständige Anrechnung von Aufwandsentschädigungen im nicht öffentlichen Bereich ist aufgrund negativer Auswirkungen auf den Aktivierungsauftrag in § 1 SGB II und negativer Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft abzulehnen.

Die Wahrnehmung ehrenamtlicher Aufgaben ermöglicht es den Leistungsempfängern, Eigenschaften wie Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Stetigkeit, Selbstbewusstsein und gesellschaftliches Ansehen zu vertiefen oder zu erwerben und hierdurch ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Darüber hinaus ist es gesellschaftspolitisch wünschenswert, dass sich Menschen für andere einsetzen und dadurch zum Gemeinwohl beitragen. Es ist davon auszugehen, dass das mit öffentlichen Mitteln geförderte und stark beworbene Bürgerschaftliche Engagement merklich Schaden nimmt, wenn die steuerfreien Aufwandsentschädigungen für ehrenamtliche Tätigkeiten bei der Freiwilligen Feuerwehr oder in Musikvereinen nicht mehr anrechnungsfrei bleiben sollen, die zum Teil aber deutlich höheren Entschädigungen z.B. für Gemeinderats- oder Beiratstätigkeiten, anrechnungsfrei bleiben können.

Gegen die Beibehaltung der vollständigen Anrechnungsfreiheit sprechen aber ebenfalls gewichtige Gründe: Das SGB II betrifft Menschen, die erwerbsfähig sind und ihre Bedürfnisse nach Anerkennung, Gemeinschaft und Miteinander auch im Berufsleben erfüllen können. Eine Besserstellung gegenüber Einkommen aus Erwerbstätigkeit, das nur nach den Regelungen des § 11b SGB II-E teilweise anrechnungsfrei bleibt, ist daher ebenso wenig angezeigt.

Die vorgeschlagene Änderung sieht deshalb vor, dass steuerfreie Aufwandsentschädigungen, die nicht aufgrund öffentlichrechtlicher Vorschriften geleistet werden und damit nicht unter § 11a Absatz 3 SGB II-E fallen, grundsätzlich als Einkommen berücksichtigt werden, allerdings unter Abzug von Freibeträgen entsprechend der für Einkommen aus Erwerbstätigkeit geltenden Freibeträge. Damit wird eine teilweise Anrechnungsfreiheit erreicht, die das Ehrenamt anerkennt und die ehrenamtlich Tätigen nicht besser aber auch nicht schlechter stellt als Menschen mit Einkommen aus Erwerbstätigkeit.

Die steuerfreien Aufwandsentschädigungen im nicht-öffentlichen Bereich werden bezüglich der Anrechnung dem Erwerbseinkommen gleichgesetzt. Dies bedeutet, dass eine steuerfreie Übungsleiterpauschale (§ 3 Nummer 26 EStG), die derzeit monatlich bis 175 Euro beträgt, mit 60 Euro (ggf. abzüglich separat nachgewiesener Aufwendungen) auf die SGB II Leistung angerechnet wird. Bei zusätzlicher Aufnahme eines Nebenjobs werden die Einkünfte addiert, so dass der Grundfreibetrag nicht doppelt anfällt. Die steuerfreie Aufwandsentschädigung nach § 3 Nummer 26a EStG, die jährlich 500 Euro bzw. monatlich 40 Euro beträgt, bleibt dem Ehrenamtlichen wie bisher voll erhalten, sofern nicht zusätzliches Erwerbseinkommen zu berücksichtigen ist.

10. Zu Artikel 2 Nummer 18 Buchstaben a und b ( § 13 Absatz 1 SGB II)

In Artikel 2 Nummer 18 sind Buchstaben a und b durch folgenden Buchstaben zu ersetzen:

Begründung:

Mit der näheren Bestimmung des berücksichtigungsfähigen Einkommens und Vermögens werden die Bedingungen für die zu erbringenden Geldleistungen auch im Verhältnis zu den Kommunen konkretisiert. Damit handelt es sich um einen Gegenstand, der Artikel 104a Absatz 4 GG unterfällt. Die derzeitige Formulierung beruht auf keiner anderen Rechtsauffassung, sondern darauf, dass im Zuge des Vermittlungsverfahrens zum kommunalen Optionsgesetz länderseitig auf entsprechende Zusage des seinerzeit zuständigen Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit das Einverständnis erklärt worden war, die o.g. Korrektur zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, um weitere Verzögerungen im Gesetzgebungsverfahren zu vermeiden.

11. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 19 Absatz 3 Satz 2 und Satz 2a - neu - SGB II)

In Artikel 2 Nummer 31 § 19 Absatz 3 ist Satz 2 durch folgende Sätze zu ersetzen:

"Die Hälfte des zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens deckt die in Verantwortung der Bundesagentur zu deckenden Bedarfe, die weitere Hälfte deckt die in Verantwortung des kommunalen Trägers zu deckenden Bedarfe; dabei bleiben Leistungen für Bildung und Teilhabe außer Betracht. Übersteigt die Hälfte des anzurechnenden Einkommens die Leistungsaufwendungen eines der beiden Träger, soll es auf die übrigen Aufwendungen des anderen Trägers angerechnet werden."

Begründung:

Nach der im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelung befreit vorhandenes Teil-Einkommen der Leistungsempfänger stets prioritär die Agentur für Arbeit und somit den Bund von der Leistungspflicht; sinkt dieses Einkommen, wächst der von den Kommunen zu tragende Anteil der Aufwendungen für Leistungen; bewegen sich "Restansprüche" auf Niveau der Kosten der Unterkunft oder darunter, sind sie vollständig von den Kommunen aufzubringen.

Die Regelung bewirkt eine Fortsetzung der bereits nach den geltenden Vorschriften eingetretenen Effekte, die angestrebten Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern bzw. Kommunen zu stören, da sie ein laufendes einseitiges Anwachsen von Lasten bei den Kommunen bewirkt.

Eine fortschreitende Umverteilung der Lasten aus Aufwendungen für existenzsichernde Leistungen nach SGB II zwischen Bund und kommunalen Trägern durch die Aufteilung anzurechnenden Einkommens und Vermögens wird nur dann vermieden, wenn die Anrechnung die Träger zu gleichen Teilen entlastet.

12. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 22 Absatz 1 Satz 1a - neu -, Absatz 2 SGB II), Nummer 57 (§ 77 Absatz 2a - neu - SGB II), Artikel 3 Nummer 13 (§ 35 Absatz 2 Satz 1a - neu -, Absatz 2a - neu - SGB XII), Nummer 40a - neu - (§ 134a - neu - SGB XII)

Begründung:

Zu § 22 Absatz 1 Satz 1a - neu - SGB II und § 35 Absatz 2 Satz 1a - neu - SGB XII:

Die weithin in der Praxis kritisierte Unsicherheit bei der Auslegung des Begriffs der Angemessenheit und den Verfahren zu dessen Ausfüllung legt es nahe, dass der Gesetzgeber auf ein in der Praxis bewährtes Verfahren zurückgreift, das für den Regelfall zu einer existenzsichernden Geldleistung führt und eine einfache bundeseinheitliche Rechtsanwendung gewährleistet.

Dem entspricht es, wenn das Gesetz für den Regelfall die Angemessenheitsgrenze durch eine Bezugnahme auf die Höchstgrenzen definiert, die in § 12 Absatz 1 WoGG für einen Haushalt entsprechend der Größe der Bedarfsgemeinschaft am Wohnort festgesetzt sind. Dabei handelt es sich um Werte, die auf der Grundlage der Wohngeldstatistik vom statistischen Bundesamt erhoben und alle zwei Jahre festgesetzt werden. Die sich hieraus ableitenden Höchstwerte, bis zu den Aufwendungen für Miete oder Belastungen selbstgenutzten Wohneigentums berücksichtigt werden können, waren zu Zeiten der Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz regelmäßig die Referenzwerte für die Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft. Sie sind es auch heute im SGB II und im SGB XII, sofern der örtliche Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende keine anderweitige valide Methode zur Bestimmung des Angemessenheitswertes angewandt hat.

Soweit diese Werte nicht den örtlichen Besonderheiten entsprechen, können die kommunalen Träger - wie in den §§ 22a bis c SGB II-E bzw. § 35a SGB XII-E geregelt - durch Satzungen auf der Grundlage entsprechender Erhebungen eine abweichende Regelung treffen. Solange dies nicht geschehen ist (z.B. weil der kommunale Träger die Einschätzung hat, dass der erhebliche Ermittlungs- und Fortschreibungsaufwand nicht gerechtfertigt ist) oder ein Rechtsschutzverfahren rückwirkend zur Unanwendbarkeit der Satzung führt, erfüllt eine solche Regel auch dringende Anforderungen der Praxis.

Zu § 22 Absatz 2 SGB II und § 35 Absatz 2a - neu SGB XII:

Zu § 77 Absatz 2a - neu - SGB II und § 134a - neu - SGB XII:

13. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 22 Absatz 7 Satz 3 Nummer 1 SGB II), Artikel 3 Nummer 13 (§ 35 Absatz 1 Satz 4 Nummer 1 SGB XII)

Begründung:

In § 22 Absatz 7 SGB II-E bzw. § 35 Absatz 1 SGB XII-E werden diejenigen Fälle aufgezählt, in denen eine Direktzahlung der Miete an den Vermieter ermöglicht wird. Dies ist einerseits hilfreich für die Praxis, weil Rechtsklarheit geschaffen wird, andererseits werden die Möglichkeiten der Grundsicherungsträger bzw. Sozialhilfeträger bei Mietrückständen eingeschränkt, weil diese nur dann zur Direktzahlung an den Vermieter berechtigen, wenn sie so erheblich sind, dass sie zur außerordentlichen Kündigung berechtigen. Letzteres tritt nach § 543 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3a BGB beim Verzug zweier aufeinander folgender Zahlungstermine ein. Die Regelungen im Gesetzentwurf hätten somit häufig zur Folge, dass der Grundsicherungsträger bzw. Sozialhilfeträger - neben der künftigen Direktüberweisung - zur Abwendung des drohenden Wohnungsverlustes zusätzlich ein Darlehen für die Übernahme der Mietschulden nach § 22 Absatz 8 SGB II-E erbringen bzw. die Mietschulden nach § 36 Absatz 1 SGB XII-E als Beihilfe oder Darlehen übernehmen müsste. Es ist daher zweckmäßiger, Mietrückständen in einem früheren Stadium als dem der drohenden Wohnraumkündigung begegnen zu können. Die Änderung würde dem Grundsicherungsträger die Möglichkeit eröffnen, bereits vor Fälligkeit der zweiten Monatsmiete die Direktüberweisung vorzunehmen und damit das außerordentliche Kündigungsrecht des Vermieters im Vorfeld abzuwenden.

14. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 22a Absatz 3 Satz 2 Nummer 2, Nummer 3 und Nummer 4 - neu - SGB II)

In Artikel 2 Nummer 31 § 22a Absatz 3 ist Satz 2 wie folgt zu ändern:

"4. der Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen."

Begründung:

§ 22a Absatz 3 Satz 2 SGB II-E geht davon aus, dass die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung durch eine kommunale Satzung Auswirkungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt haben wird und dass diese Auswirkungen bereits beim Satzungserlass berücksichtigt werden sollen.

Dabei dürfen gerade die Auswirkungen auf die örtlichen Bewohnerstrukturen nicht unberücksichtigt bleiben. Die vorgesehene Satzungsermächtigung könnte nämlich von den Kommunen zu einer gegenüber der bisherigen Praxis restriktiveren Handhabung der Angemessenheitsregelung genutzt werden. Eine solche Entwicklung ließe eine verstärkte Konzentration von Transferleistungsempfängern in Wohnlagen des "einfachen Standards" (§ 22a Absatz 3 Satz 1 SGB II-E), somit also eine zunehmende Segregation und damit Konflikte mit dem in der Wohnraumförderung verfolgten und allgemein anerkannten Ziel sozial stabiler Bewohnerstrukturen (vgl. § 6 Satz 2 Wohnraumförderungsgesetz) befürchten.

In der vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in Auftrag gegebenen Studie "Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte"* wurde als Ergebnis insbesondere festgehalten:

"Durch die KdU-Praxis wird die soziale Segregation durch Marginalisierung insbesondere dann verstärkt, wenn bei einem angespannten Wohnungsmarkt eine niedrige Mietobergrenze innerhalb des preisgünstigen Segments angesetzt wird. Dadurch wird die Isolation der KdU-Bezieher in den dann begrenzten angemessenen Beständen verstärkt, weil diese Bestände vorrangig zur Versorgung dieser Haushalte herangezogen werden.

Zu einer zusätzlichen sozialen Segregation durch Konzentration führt eine niedrige Mietobergrenze auch bei einem entspannten Wohnungsmarkt, da die KdU beziehenden Haushalte auf begrenzt in Frage kommende Bestände konzentriert werden, während andere Haushalte die Möglichkeiten des Marktes nutzen, diese Bestände zu verlassen."

Blieben beim Erlass solcher Satzungen diese Auswirkungen auf die Bewohnerstrukturen unberücksichtigt, könnten die jahrelangen, beispielhaften und auch erfolgreichen Bemühungen von Wohnungswirtschaft und Wohnraumförderung um ausgewogene Bewohnerstrukturen unterlaufen sowie Entwicklungen begünstigt werden, die der Inneren Sicherheit abträglich und nicht mehr oder nur mit hohen Folgekosten (zu Lasten von Staat, Kommunen und privaten Eigentümern) wieder rückgängig zu machen wären.

* Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung / Bundesinstitut für Bau-, Stadtund Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg.), Kosten der Unterkunft und die Wohnungsmärkte, Heft 142 der Schriftenreihe "Forschungen", Bonn, 2009, Seite 105

15. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 SGB II)

In Artikel 2 Nummer 31 § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 sind die Wörter "Miete von therapeutischen Geräten." durch die Wörter "Miete von therapeutischen Geräten, soweit dies nicht durch vorrangige Leistungsträger zu erbringen ist." zu ersetzen.

Folgeänderung

In Artikel 3 Nummer 11 Buchstabe a § 31 Absatz 1 Nummer 3 sind die Wörter "Miete von therapeutischen Geräten." durch die Wörter "Miete von therapeutischen Geräten, soweit dies nicht durch vorrangige Leistungsträger zu erbringen ist." zu ersetzen.

Begründung:

Mit der Änderung soll klargestellt werden, dass durch die neue einmalige Leistung bestehende Leistungsansprüche gegen vorrangige Leistungsträger, insbesondere die Krankenkassen nach § 33 SGB V, nicht tangiert werden.

16. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 27 Absatz 3 Satz 1 SGB II)

In Artikel 2 Nummer 31 § 27 Absatz 3 Satz 1 sind die Wörter "oder erhalten sie diese nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht, " zu streichen.

Begründung:

Leistungen für Auszubildende sind im SGB II grundsätzlich ausgeschlossen, da das SGB II kein Ersatzausbildungsförderungssystem darstellt. § 7 Absatz 5 Satz 1 SGB II sieht einen Leistungsausschluss nach dem SGB II bereits dann vor, wenn der Ausbildungsgang abstrakt förderfähig ist. Damit soll sichergestellt werden, dass die Förderung von Ausbildung nach den Spezialgesetzen der sozialen Förderung erfolgt, und dass dort getroffene Wertentscheidungen (z.B. Förderhöchstdauer) nicht durch ersetzende Leistungen nach dem SGB II konterkariert werden.

Das Gesetz erlaubt bisher nur eng begrenzte Ausnahmen vom Leistungsausschluss im SGB II. Der Gesetzentwurf sieht eine Ausweitung der Ausnahmen dahingehend vor, als die Regelung des bisherigen § 22 Absatz 7 SGB II (entspricht § 27 Absatz 3 Satz 1 SGB II-E) auch auf solche Fälle anzuwenden sein soll, bei denen die Einkommens- oder Vermögensanrechnung zum Wegfall der Ausbildungsförderung führt. Diese Regelung ist weder gerechtfertigt noch zweckmäßig.

Ausbildungsförderung erhalten Auszubildende, wenn die Eltern nicht in der Lage sind, die Kinder adäquat zu unterstützen. Kommen aufgrund der Einkommens- und/oder Vermögensverhältnisse der Eltern keine Leistungen der Ausbildungsförderung in Betracht, ist nach den Ausbildungsförderungsgesetzen davon auszugehen, dass den Eltern die Unterstützung der Kinder während ihrer Ausbildung zugemutet werden kann. Diese Wertung aber würde durch Ausweitung des Personenkreises in § 27 Absatz 3 Satz 1 SGB II-E konterkariert.

Unzutreffend ist auch die in der Gesetzesbegründung behauptete Verwaltungsvereinfachung: In der Regel dürfte es sich um eine im Sinne des § 1620 BGB angemessene Erstausbildung handeln, zu deren Ermöglichung die Eltern verpflichtet sind mit der Folge, dass der gegenüber den Eltern bestehende, nach § 33 Absatz 1 SGB II-E übergehende Unterhaltsanspruch zu prüfen und durchzusetzen ist. Eine Verwaltungsentlastung der Jobcenter ist daher entgegen der Gesetzesbegründung nicht erkennbar. Während die Träger bei Nachweis des BAföG-Bezugs bislang von der abstrakten Förderfähigkeit der Ausbildung ausgehen konnten und den Leistungsantrag demnach abzulehnen hatten, wären im Fall der Neuregelung bei dem nunmehr einbezogenen Personenkreis durch die Träger zusätzlich die nach § 33 SGB II-E übergegangenen Ansprüche zu prüfen und durchzusetzen.

Die in § 27 Absatz 3 Satz 1 SGB II-E vorgesehene Ausweitung des Personenkreises mit neuen Leistungspflichten im SGB II würde zu einer problematischen Ausweitung eines Fremdkörpers führen und zudem eine Ausbildungsförderung im SGB II als Ausbildungsförderung auf "zweiter Ebene" verfestigten. Soweit die Leistungssysteme des BAföG sowie der Berufsausbildungsbeihilfe nach dem SGB III nicht bedarfsdeckend ausgestaltet sind, sind nach Auffassung des Bundesrats primär die Leistungen der Ausbildungsförderung abschließend, konsistent und widerspruchsfrei anzupassen.

Nicht zuletzt würde die Ausweitung des Personenkreises für den Zuschuss zu den Kosten der Unterkunft und Heizung die Kommunen finanziell belasten, ohne dass im Gesetzentwurf ein Ausgleich für diese Belastung vorgesehen ist.

17. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 27 Absatz 3a - neu - SGB II)

In Artikel 2 Nummer 31 § 27 ist nach Absatz 3 folgender Absatz einzufügen:

(3a) Es können auch Leistungen für die Übernahme von Schulden entsprechend § 22 Absatz 8 erbracht werden."

Begründung:

Nach der geltenden Fassung des § 22 Absatz 5 SGB II können Leistungen (z.B. bei Mietschulden) auch an Auszubildende erbracht werden, die zwar nach § 7 Absatz 5 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, jedoch einen Zuschuss nach § 22 Absatz 7 SGB II erhalten, da es sich dabei um Kosten der Unterkunft handelt.

Für den genannten Personenkreis wäre dies mit dem geänderten Wortlaut in § 22 Absatz 8 SGB II-E nicht mehr möglich, der als Folgeänderung zu einer neuen Vorschrift (§ 27 SGB II-E) zu sehen ist, die klarstellt, dass die Leistungen für Auszubildende nicht als Arbeitslosengeld II gelten.

Nach den geltenden gesetzlichen Grundlagen kommt die Übernahme von Schulden zur Sicherung des Wohnraumes oder Behebung einer vergleichbaren Notlage nach § 22 Absatz 5 SGB II auch dann in Betracht, wenn die hilfesuchende Person als Auszubildende/Auszubildender einen Zuschuss nach § 22 Absatz 7 SGB II zu den ungedeckten angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Absatz 1 Satz 1 SGB II) erhält. Denn nach der Gesetzessystematik handelt es sich bei dem Zuschuss um Kosten der Unterkunft. Dem steht auch die Regelung unter § 19 Absatz 1 Satz 1 SGB II-E, nach der ein gemäß § 22 Absatz 7 SGB II gewährter Zuschuss nicht als Arbeitslosengeld II gilt, nicht entgegen. Denn laut Gesetzesbegründung sollte mit § 19 Absatz 1 Satz 1 SGB II-E lediglich ausgeschlossen werden, dass durch die Zuschussgewährung eine Sozialversicherungspflicht eintritt.

Hinzu kommt, dass aus fachlichen Gründen auch die Ausbildung in diesen Fällen nicht durch Mietschulden gefährdet werden sollte. Mit dem Abschluss der Ausbildung erhöhen sich i.d.R. die Chancen einer Arbeitsaufnahme und Tilgung des Darlehens.

Außerdem gibt es mindestens zwei Gerichtsbeschlüsse, die diese Rechtsauslegung bestätigen:

18. Zu Artikel 2 Nummer 31 ( § 28 Absatz 4 SGB II),

Artikel 3 Nummer 12 ( § 34 Absatz 4 SGB XII)

In Artikel 2 Nummer 31 § 28 Absatz 4 und Artikel 3 Nummer 12 § 34 Absatz 4 sind jeweils nach dem Wort "ergänzende" die Wörter ", grundsätzlich in vorhandene schulnahe Strukturen eingegliederte," einzufügen.

Begründung:

Der Gesetzentwurf will ausweislich der Darstellung in seiner Begründung eine Lernförderung in vorhandenen schulnahen Strukturen gewähren. Nur eine ausdrückliche Benennung dieses Umstandes, trägt aber den rechtstaatlichen Grundsätzen der Rechtsklarheit von Rechtsnormen hinreichend Rechnung. Die Rechtssicherheit gebietet, den Regelungsgehalt sowohl für den Adressaten der Rechtsnorm wie auch für den Rechtsanwender widerspruchsfrei, klar und verständlich wiederzugeben. Anwender und Rechtsprechung dürfen in den wesentlichen Anliegen einer Regelung nicht auf eine gesetzeskonkretisierende Auslegung anhand der Gesetzesbegründung verwiesen werden.

Das Rechtsstaatsprinzip und das Demokratieprinzip des Grundgesetzes verpflichten den Gesetzgeber, "die wesentlichen Entscheidungen im Schulwesen selbst zu treffen und nicht der Schulverwaltung zu überlassen" (BVerfG, Beschluss vom 20. Oktober 1981, 1 BvR 640/80, BVerfGE 58, 257- 283). Die Beschränkung auf Lernförderung in vorhandenen schulnahen Strukturen will der Gefahr vorbeugen, dass sich Nebenstrukturen zum Schulbetrieb aufbauen, und zielt damit darauf ab, die föderale Kompetenzordnung im Bildungsbereich einzuhalten. Die Einschränkung ist damit derart wesentlich, dass eine Festlegung im Gesetzestext selbst geboten ist.

19. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 28 Absatz 5 Satz 1 SGB II),

Artikel 3 Nummer 12 (§ 34 Absatz 5 Satz 1 SGB XII)

In Artikel 2 Nummer 31 § 28 Absatz 5 Satz 1 und Artikel 3 Nummer 12 § 34 Absatz 5 Satz 1 sind jeweils die Wörter "in schulischer Verantwortung" durch die Wörter "in schulischem Zusammenhang" zu ersetzen.

Begründung:

Die Formulierung "in schulischem Zusammenhang" bezieht auch die Fälle ein, in denen z.B. durch Elternvereine ein Mittagessen angeboten wird, für das die Schule formal aber keine Verantwortung trägt. Durch die Neuformulierung können Unklarheiten in der Anspruchsgewährung vermieden werden.

20. Zu Artikel 2 Nummer 31 (§ 28 Absatz 5a - neu -, § 29 Absatz 2 Satz 2, Absatz 4 Satz 2a - neu - SGB II), Artikel 3 Nummer 12 (§ 34 Absatz 5a - neu - SGB XII)

Folgeänderungen:

Artikel 5 Nummer 1 ist wie folgt zu ändern:

Begründung:

Zu Buchstabe a Doppelbuchstabe aa und Buchstabe b:

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 (1BvL 1/09) den Bundesgesetzgeber u.a. dazu verpflichtet, hilfebedürftige Schülerinnen und Schüler mit den für den Schulbesuch notwendigen Mitteln auszustatten.

Die Praxis belegt, dass nicht nur in vereinzelten Ausnahmefällen, sondern insbesondere in Flächenkreisen und in größeren Städten die nächstgelegene Schule häufig in zumutbarer Weise nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden kann, wobei die hierdurch entstehenden Kosten durch den Regelsatz nicht ausreichend gedeckt werden. Für den Bereich Verkehr werden nach § 6 RBEG-E lediglich 14,00 Euro (vom Beginn des 7. bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres) bzw. 12,62 Euro (15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres) berücksichtigt. Die Kosten einer Schülermonatskarte liegen meist weit darüber.

Da es somit nicht um die Deckung eines atypischen Mehrbedarfes im Sinne des § 21 Absatz 6 SGB II oder eines vom Durchschnitt abweichenden Bedarfes im Sinne von § 27a Absatz 4 SGB XII-E, § 34 SGB XII-E geht, sondern diese Bedarfe in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen regelmäßig auftreten und - soweit der Schulweg in zumutbarer Weise nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad etc. zurückgelegt werden kann - zwingend mit dem Schulbesuch verknüpft sind, sind sie in § 28 SGB II-E und § 34 SGB XII-E im Bereich der Bedarfe für Bildung und Teilhabe anzusiedeln. Damit können (was bei Anwendung des aus den genannten Gründen ohnehin nicht anwendbaren § 21 Absatz 6 SGB II nicht der Fall wäre) auch Kinder von Geringverdienern, bei denen nur die Bedarfe für Bildung und Teilhabe nicht oder nicht vollständig gedeckt sind, in den Genuss der Übernahme der Mehraufwendungen für die Schülerbeförderung gelangen.

Erstattet werden nur die Mehraufwendungen für die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur nächstgelegenen Schule des gewählten Bildungsgangs (Primarstufe, Sekundarstufe I und II). Soweit in den Schulgesetzen der Länder eine vollständige oder teilweise Kostenübernahme vorgesehen ist, ist diese ebenso anzurechnen, wie eine Kostenübernahme durch Dritte. Im Übrigen sind die in § 6 RBEG-E für Verkehrsdienstleistungen genannten Beträge aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung pauschal in Abzug zu bringen.

Zu § 29 Absatz 2 Satz 2 SGB II:

Zu § 29 Absatz 4 Satz 2a - neu - SGB II:

21. Zu Artikel 2 Nummer 32 (§ 38a - neu - SGB II)

In Artikel 2 Nummer 32 ist nach § 38 folgender § 38a einzufügen:

" § 38a Rückforderungen gegen Minderjährige in Bedarfsgemeinschaften

Gehören zu einer Bedarfsgemeinschaft minderjährige Kinder, sind diese bei Rückforderungsansprüchen nicht zu berücksichtigen. Der Höhe des Anteils der Rückforderung der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft erhöht sich entsprechend."

Folgeänderung:

In Artikel 12 ist nach Absatz 6 folgender Absatz einzufügen:

Begründung:

Das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) gestaltet Leistungsansprüche als individuelle Ansprüche ausgestaltet. Dies hat zur Folge, dass bei Rückforderungsentscheidungen seitens des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende inhaltlich zwischen den einzelnen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft differenziert wird.

Es erhalten zunehmend minderjährige Kinder Rückforderungsbescheide des SGB II-Leistungsträgers für Forderungen, die durch die Eltern oder ein Elternteil verursacht worden sind (z.B. Mietschulden, Täuschung über die Hilfebedürftigkeit). Sofern die Forderungen von den Eltern nicht beglichen werden können, werden die Kinder damit zu Schuldnern, obwohl sie die Schulden nicht zu verantworten haben und diese auch nicht tilgen können. Diese Schulden bleiben ggf. bis zum Erreichen der Volljährigkeit bestehen, so dass diese jungen Menschen schon verschuldet in ihr Berufsleben starten.

Aufgrund der gesetzlichen Voraussetzungen (§ 40 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 SGB II i. V.m. § 330 Absatz 2 und 3 SGB III), steht eine Rücknahme bzw. Aufhebung einer Bewilligungsentscheidung derzeit nicht im Ermessen des Trägers der Grundsicherung für Arbeitssuchende, so dass dieser auch nicht von einem Erstattungsanspruch gegenüber einem minderjährigen Kind absehen kann ( § 50 Absatz 1 SGB X).

Durch Einfügung des § 38a im SGB II werden minderjährige Kinder bei Rückforderungsansprüchen geschützt. Die Rückforderungsansprüche werden in vollem Umfang gegen die volljährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht werden können.

Durch Ergänzung auch des § 50 SGB X werden minderjährige Kinder bei Rückforderungsansprüchen geschützt. Die Rückforderungsansprüche werden in vollem Umfang gegen die volljährigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft geltend gemacht werden können.

22. Zu Artikel 2 Nummer 32 (§ 42a Absatz 2 Satz 1 SGB II)

In Artikel 2 Nummer 32 § 42a Absatz 2 sind in Satz 1 nach den Wörtern "in Höhe von" die Wörter "bis zu" einzufügen.

Begründung:

Der generelle Abzug eines Anteils von 10 Prozent des Regelsatzes erscheint als nicht gerechtfertigt. Mit der Aufrechnung wird den Bedarfsgemeinschaften der größte Teil des Volumens entzogen, der im Regelsatz zur Ansparung zur Verfügung steht. Damit kann aber der Leistungsberechtigte in eine Verschuldungsspirale gestürzt werden, an deren Ende überhaupt keine Möglichkeit der Ansparung mehr besteht. Von daher müsste wie bisher ein Ermessenspielraum bestehen, der es ermöglicht, im Einzelfall derartige Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

23. Zu Artikel 2 Nummer 32 (§ 42a Absatz 2 Satz 2 SGB II)

In Artikel 2 Nummer 32 § 42a Absatz 2 ist Satz 2 wie folgt zu fassen:

"Die Aufrechnung ist gegenüber den Darlehensnehmern schriftlich durch Verwaltungsakt zu erklären."

Begründung:

In der Begründung zu § 43 Absatz 3 SGB II-E wird ausgeführt, dass es sich bei der Aufrechnungserklärung zur Tilgung eines Darlehens nach § 42a Absatz 2 SGB II-E um einen Verwaltungsakt handeln soll. Dies wird vom Wortlaut des Gesetzentwurfs zu § 42a Absatz 2 Satz 2 SGB II-E jedoch nicht gedeckt. Dieser legt eher die Auslegung nahe, dass lediglich eine formfreie Informationspflicht der Darlehensnehmer ohne Verwaltungsaktscharakter besteht. Die Regelung der Aufrechnung durch Verwaltungsakt ist im Hinblick auf einen Gleichlauf mit § 43 SGB II-E erforderlich; eine Klarstellung in Anlehnung an § 43 Absatz 4 Satz 1 SGB II-E ist daher notwendig und geboten.

24. Zu Artikel 2 Nummer 42a - neu - ( § 48 Absatz 3 SGB II)

In Artikel 2 ist nach Nummer 42 folgende Nummer einzufügen:

'42a. In § 48 Absatz 3 werden nach dem Wort "kann" die Wörter "mit Zustimmung des Bundesrats" eingefügt.'

Begründung:

Nach Artikel 91e GG ermächtigt den Bundesgesetzgeber, das Nähere u.a. zur kommunalen Option nach Absatz 2 durch Bundesgesetz zu regeln. Dieses Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrats. Die Zulassung von Gemeinden und Gemeindeverbänden zur alleinigen Wahrnehmung der Aufgaben nach Artikel 91e Absatz 2 Satz 1 GG führt nicht dazu, dass die kommunalen Träger der Bundesverwaltung zugeordnet werden. Sie bleiben Teil der Verwaltung der Länder, deren Aufsicht sie unterliegen. Dementsprechend sind sie nach der Verfassung auch dem unmittelbaren Zugriff durch Anordnungen des Bundes entzogen. Das schließt es aus, dass der Bund ohne Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften mit Wirkung für die Gemeinden und Gemeindeverbände erlässt. Das offensichtliche Versehen des Gesetzgebers bei der Formulierung des § 48 SGB II ist daher zu korrigieren.

25. Zu Artikel 2 Nummer 57 ( § 77 Absatz 3 SGB II)

In Artikel 2 Nummer 57 § 77 ist Absatz 3 wie folgt zu fassen:

Begründung:

Die im Gesetzentwurf vorgesehene gesplittete Übergangsregelung würde erhebliche Vollzugsprobleme aufwerfen: Würde eine Erwerbstätigkeit nach Inkrafttreten des Gesetzes, ab dem 1. Januar 2011, aufgenommen, gälte ab sofort die neue Hinzuverdienstregelung des § 11b Absatz 4 SGB II-E.

Für Hilfebedürftige, die bei Jahreswechsel weiterhin ihrer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit nachgehen, gälte hingegen - im Extremfall bis Ende 2011 (bei sechsmonatigen Bewilligungszeiträumen nach § 41 Absatz 1 Satz 4 SGB II-E, die im Juni 2011 beginnen) - die bisherige Hinzuverdienstregelung des derzeit geltenden § 30 Satz 2 SGB II.

Die bisher vorgeschlagene Übergangsregelung des Gesetzentwurfs würde dazu führen, dass die Jobcenter über einen erheblichen Zeitraum (bis zu einem Jahr) zwei unterschiedliche Berechnungsweisen anzuwenden hätten, ggf. sogar für einen einzigen Hilfebedürftigen mit zwei zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommenen Erwerbstätigkeiten. Da für Hilfebedürftige, die ab Anfang 2011 eine Erwerbstätigkeit aufnehmen, kein Übergangszeitraum greifen soll, bliebe den Trägern in diesen Fällen zudem keine Zeit zur Umstellung ihrer bisherigen maschinellen Berechnungen.

Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht erscheint es bedenklich, für einen derart langen Zeitraum unterschiedliche Berechnungsweisen parallel anzuwenden. Problematisch ist zudem, die unterschiedliche Behandlung der Hinzuverdienstgrenzen vom Ablauf der (für die erwerbstätigen Hilfebedürftigen nicht beeinflussbaren) Dauer des Bewilligungszeitraums abhängig zu machen.

§ 77 Absatz 3 SGB II-E in der geänderten Fassung legt einen einheitlichen Zeitpunkt für die Anwendung der neuen Hinzuverdienstregelung des § 11b Absatz 4 SGB II-E (1. Juli 2011) fest. Diese einheitliche, alle Hinzuverdiener erfassende Regelung hat den Vorteil, dass die Träger ausreichend Zeit zur Umstellung ihrer Informationstechnologie haben. Zudem entfällt die parallele Anwendung zweier unterschiedlicher Anrechnungsmethoden. Der Aufwand, der sich daraus ergibt, dass infolge der geänderten Fassung von § 77 Absatz 3 SGB II-E im ersten Halbjahr 2011 bewilligte Fälle mit Erwerbseinkommen über 800 Euro für das zweite Halbjahr noch einmal (bezüglich des überschießenden Einkommens) überarbeitet werden müssen, erscheint gegenüber den Nachteilen der Übergangsregelung des Gesetzentwurfs als relativ gering.

26. Zu Artikel 3 Nummer 8 (§ 27a Absatz 1 Satz 1a - neu - SGB XII)

In Artikel 3 Nummer 8 § 27a Absatz 1 ist nach Satz 1 folgender Satz einzufügen:

"Bei Kindern und Jugendlichen umfasst der notwendige Lebensunterhalt auch den besonderen, insbesondere den durch ihre Entwicklung und ihr Heranwachsen bedingten Bedarf."

Begründung:

Mit der Einfügung soll besonders herausgestellt werden, dass den durch ihre Entwicklung und durch ihr Heranwachsen bedingten Bedarfen von Kindern und Jugendlichen eine besondere Bedeutung im Zusammenhang mit dem zur Gewährleistung des Existenzminimums notwendigen Lebensunterhalt zukommt. Dieser ausdrückliche Hinweis ist gerade im Hinblick auf die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts zur verfassungsrechtlich gebotenen Berücksichtigung dieser Bedarfe bei Kindern und Jugendlichen sachgerecht. Die Formulierung entspricht dem derzeit noch geltenden § 27 Absatz 2 SGB XII.

27. Zu Artikel 3 Nummer 13 (§ 35 Absatz 1 Satz 01 - neu -, Satz 1, Absatz 2 Satz 1, Sätze 3 bis 6, Absätze 2a - neu - bis 2c - neu -, Absatz 4 Satz 1 und Satz 2 SGB XII)

In Artikel 3 Nummer 13 ist § 35 wie folgt zu ändern:

Begründung:

Die Regelung des § 35 SGB XII-E wird unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Sozialhilferechts an die Vorschrift des § 22 SGB II-E angepasst.

28. Zu Artikel 3 Nummer 25 (§ 44 Absatz 1 Satz 3 SGB XII)

In Artikel 3 Nummer 25 ist der Einleitungssatz wie folgt zu fassen:

"25. In § 44 Absatz 1 wird Satz 3 durch folgenden Satz ersetzt:"

Begründung:

Mit dem Antrag wird die im Gesetzentwurf vorgesehene Änderung des § 44 SGB XII übernommen, gleichzeitig aber der bisherige Satz 3 gestrichen. Der bisherige Satz 3 stellt eine Sonderregelung zu dem in Satz 2 verankerten Grundsatz dar, dass Änderungen in dem Monat eintreten, in dem die Voraussetzungen für die Änderung eingetreten sind. Für eine solche Sonderegelung besteht jedoch kein Bedarf. Darüber führt die Regelung des bisherigen Satz 3 insbesondere im Hinblick auf Einmalzahlungen zu Problemen in der Praxis.

Ist der leistungsberechtigten Person in einem Monat eine Einmalzahlung zugeflossen, wurde diese in der Praxis üblicherweise auf mehrere Monate aufgeteilt. Diese Praxis ist jedoch nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur noch zulässig, wenn wegen der Einmalzahlung der Leistungsanspruch zunächst völlig entfallen würde. Der leistungsberechtigten Person steht somit die Einmalzahlung im Zuflussmonat neben den Grundsicherungsleistungen in vollem Umfang zur Verfügung. Eine Absenkung der Grundsicherungsleistungen ist nach dem bisherigen Satz 3 erst im darauffolgenden Monat möglich. Dann kann die Einmalzahlung aber schon längst verbraucht sein mit der Folge, dass die Einnahme sozialhilferechtlich völlig unberücksichtigt bleibt. Dies widerspricht sozialhilferechtlichen Grundsätzen und kann vermieden werden, wenn die Änderung der Einkommensverhältnisse in dem Monat berücksichtigt wird, in dem sie eingetreten ist.

29. Zu Artikel 3 Nummer 29 Buchstabe a (§ 82 Absatz 1 Satz 1b - neu - SGB XII) In Artikel 3 Nummer 29 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:

Begründung:

Nach der Konzeption des Gesetzgebers zur Einführung des so genannten Bildungs- und Teilhabepakets treten die durch das SGB XII gewährten Bildungs- und Teilhabeleistungen nicht an die Stelle der bereits vorhandenen Leistungen in den Ländern und Kommunen. Vielmehr sollen die nach § 34 SGB XII gewährten Leistungen die bereits in den Ländern und Kommunen vorhandenen kostenlosen Leistungen und Angebote im Bereich der Bildung und Teilhabe ergänzen. Hier ist besonders die in unterschiedlichem Umfang gewährte Lernmittelfreiheit zu nennen, aber auch die Gewährung von Zuschüssen zur Deckung ausbildungsspezifischer Bedarfe.

Nach § 82 Absatz 1 Satz 1 SGB XII gehören jedoch alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert zum Einkommen, was bei konsequenter Anwendung zu einer Anrechnung solcher Leistungen führen könnte. Es entspricht aber erkennbar nicht der Zweckrichtung des Gesetzes, solche Bildungs- und Teilhabeleistungen als Einkommen gemäß § 82 Absatz 1 Satz 1 SGB XII anzurechnen. Angesichts dessen bedarf es der Klarstellung, dass Leistungen der Länder und Kommunen, die dem gleichen Zweck wie die Bildungs- und Teilhabeleistungen gemäß § 34 Absatz 1 SGB II dienen, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind.

Zur Gewährleistung einer bundesweit wesentlichen Gleichbehandlung der Betroffenen dürfen die Leistungen der Länder und Kommunen nur insoweit anrechnungsfrei bleiben, als die Zuwendung die Lage des Empfängers im Einzelfall nicht unangemessen günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB XII nicht mehr gerechtfertigt erscheinen. Die sorgfältig anhand des Einzelfalles vorzunehmende Gerechtfertigkeitsprüfung stellt somit die Obergrenze für die Anrechnungsfreiheit dar.

30. Zu Artikel 3 Nummer 29 Buchstabe a (§ 82 Absatz 1 Satz 1b - neu - bis 1d - neu - SGB XII)

In Artikel 3 Nummer 29 ist Buchstabe a wie folgt zu fassen:

Begründung:

§ 11 Absatz 3 SGB II-E sorgt für eine Klarstellung bei der zeitlichen Zuordnung einmaliger Einkünfte. Das BSG hat (mit Urteil vom 19. Mai 2009) eine Aufteilung auf mehrere Monate nur dann als zulässig beurteilt, wenn bei der Berücksichtigung in (nur) einem Monat in diesem Monat die Leistung entfiele.

Zur gleichzeitigen Klarstellung im SGB XII ist eine Übernahme dieser Regelung auch in § 82 SGB XII sinnvoll und angebracht.

Ohne diese Regelung können in der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung entsprechende einmalige Einkünfte nicht angerechnet werden, da dort ein neuer Bewilligungszeitraum erst am Ersten des Folgemonats beginnt, wenn die Änderung der Leistung nicht zu einer Begünstigung des Berechtigten führt. Da die Anrechnung einer Einmaleinnahme im betreffenden Monat zu einer geringeren Leistung führen würde, dürfte sie erst im Folgemonat angerechnet werden.

Im Folgemonat gilt Einkommen aus einem früheren Bewilligungszeitraum jedoch nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen (Zuflussprinzip). Vermögen jedoch ist nur dann einzusetzen, wenn die Vermögensschongrenzen überschritten sind, wovon im Regelfall nicht auszugehen ist.

Hinsichtlich der Bewilligung von Grundsicherungsleistungen gibt es zwar die Möglichkeit, nach § 48 SGB X einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben. Da dies jedoch mit einem unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand in jedem Einzelfall verbunden wäre, eignet sich diese

Möglichkeit nicht für eine massenhafte Anwendung (wie es ansonsten z.B. im Fall der Anrechnung von Weihnachtsgeldzahlungen in Werkstätten für behinderte Menschen notwendig wäre; allein in Hamburg wären in jedem Jahr dafür 3 000 Bescheide aufzuheben).

Im Übrigen ist eine einheitliche Behandlung der Zuordnung von Einmaleinnahmen im SGB II und SGB XII sinnvoll und zweckmäßig, so dass in der Novellierung die Regelung des § 11 Absatz 3 SGB II-E zugleich in § 82 Absatz 1 SGB XII übernommen werden sollte.

31. Zu Artikel 3 Nummer 29a - neu - ( § 83 Absatz 1 SGB XII)

In Artikel 3 ist nach Nummer 29 folgende Nummer einzufügen:

'29a. In § 83 Absatz 1 werden nach den Wörtern "öffentlichrechtlicher Vorschriften" die Wörter "oder als steuerfreie Aufwandsentschädigungen im Sinne des § 3 Nummern 26, 26a des Einkommensteuergesetzes" eingefügt.'

Begründung:

Im Leistungsbereich der Sozialhilfe (SGB XII) ist nicht sichergestellt, dass die steuerbefreiten Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit bei der Einkommensberechnung in vollem Umfang freizulassen sind. Nach § 1 der Verordnung zu § 82 SGB XII sind bei der Berechnung der Einkünfte in Geld oder Geldeswert, die nach § 82 Absatz 1 SGB XII zum Einkommen gehören, alle Einnahmen ohne Rücksicht darauf, ob sie zu den Einkommensarten des Einkommensteuergesetzes gehören und ob sie der Steuerpflicht unterliegen, zugrunde zu legen. Die mit der Erzielung des steuerbefreiten Einkommens aus ehrenamtlichen Tätigkeiten verbundenen notwendigen Ausgaben sind anschließend nach § 82 Absatz 2 Nummer 4 SGB XII vom Einkommen abzusetzen. Nach § 82 Absatz 3 SGB XII ist ferner ein Betrag in Höhe von 30 Prozent des Einkommens, höchstens jedoch 50 Prozent des Eckregelsatzes freizulassen. Darüber hinaus kann in begründeten Fällen auch ein höherer Betrag abgesetzt werden, wenn besondere Gründe vorliegen.

Wertvoll sind die ehrenamtlichen Tätigkeiten insbesondere für Sozialhilfeempfänger, denen aufgrund von Alter, persönlichen Beeinträchtigungen und Leistungsdefiziten vielfach soziale Anerkennung fehlt, was zu Vereinsamung und Erkrankungen führen kann. Dem Teilhabebedürfnis am Leben in der Gemeinschaft kann idealerweise mit der Aufnahme einer ehrenamtlichen Tätigkeit Rechnung getragen werden. Wenn die Sozialhilfeempfänger im Zusammenhang mit diesen Aktivitäten eine Vergütung erhalten, welche die steuerfreien Sätze nicht übersteigen, so darf diese Entschädigung dort nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist es gesellschaftspolitisch wünschenswert, dass sich Menschen für andere einsetzen und dadurch zum Gemeinwohl beitragen. Aus diesem Grund wurden auch die steuerrechtlichen Regelungen über ehrenamtliche Tätigkeiten im Einkommensteuergesetz eingeführt und die Freibeträge mehrfach erhöht. Mit vielfältigen Maßnahmen versucht die öffentliche Hand zunehmend gerade ältere Menschen dafür zu gewinnen, sich ehrenamtlich zu engagieren.

Die vorgeschlagene Änderung sieht daher vor, dass die im Einkommensteuergesetz für ehrenamtlich Tätige aufgeführten steuerfreien Aufwandsentschädigungen einkommensrechtlich in gleicher Weise behandelt werden, wie Leistungen, die aufgrund öffentlichrechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden.

32. Zu Artikel 3 Nummer 32a - neu - (§ 96 Absatz 1 Satz 2 - neu - SGB XII)

In Artikel 3 ist nach Nummer 32 folgende Nummer einzufügen:

'32a. In § 96 wird Absatz 1 folgender Satz angefügt:

"In der Verordnung kann ferner bestimmt werden, welche weiteren

Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind." '

Begründung:

Die Länder haben im Rahmen einer Arbeitsgruppe der Konferenz der Obersten Landessozialbehörden eine Angleichung der Regelungen zur Anrechnung von Einkommen in SGB II und SGB XII geprüft und im Ergebnis festgestellt, dass die Verordnungsermächtigung in § 96 SGB XII auszudehnen und an die Regelung in § 13 Absatz 1 Nummer 1 SGB II anzunähern ist.

Die Frage, ob eine Angleichung einzelner Nummern der Sozialgeldverordnung mit den Regelungen in SGB XII wünschenswert ist, ist in Abhängigkeit von den Lebenslagen einerseits und der jeweiligen Grundsystematik von SGB II und SGB XII andererseits zu beantworten. In bestimmten Bereichen, insbesondere bei den Grundbedürfnissen, ist eine Gleichbehandlung auf Bundesebene wünschenswert. Bei bestimmten Einzel- oder Sonderbedürfnissen ist eine Einzelfallentscheidung durch den Sozialhilfeträger vorzuziehen. Zu den Grundbedürfnissen zählen insbesondere die Bereiche der Bildung, des Schulessens und des Schulobstes. Die Frage des Ferienjobs wurde als Einzelfallentscheidung ebenso wie die Entscheidung über Kommunionsgeschenke angesehen.

Aufgrund der Vergleichbarkeit der zu regelnden Sachverhalte ist es daher geboten, die Verordnungsermächtigung in § 96 SGB XII auszudehnen und an die Regelung in § 13 Absatz 1 Nummer 1 SGB II anzunähern. Die Verordnungsermächtigung muss daher zulassen, über die Regelungen des SGB XII hinaus zu bestimmen, welche Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen sind und welche nicht.

33. Zu Artikel 11a - neu - (§ 12 Absatz 1c Satz 6 VAG)

Nach Artikel 11 ist folgender Artikel einzufügen:

'Artikel 11a
Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG)

In § 12 Absatz 1c Satz 6 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird der abschließende Punkt durch ein Semikolon ersetzt und die Wörter "der Versicherer kann in diesem Fall nur einen Beitrag in dieser Höhe verlangen." angefügt.'

Begründung:

Durch die Regelung wird die bestehende Beitragslücke in der Privaten Krankenversicherung (PKV) entsprechend der Forderung der ASMK, der Gemeinsamen Kommission der JuMiKo und der ASMK sowie des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge geschlossen.

Die bestehenden Regelungen führen bei Leistungsberechtigten nach dem SGB II und dem SGB XII zu einer Beitragslücke, da Forderungen der Krankenkassen und Höhe des Leistungszuschusses nicht identisch sind. Die Höhe des Zuschusses ist auf den Betrag begrenzt, der für Bezieher von ALG II in der Gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen ist. Durch diese Begrenzung beträgt die Deckungslücke ca. 150 Euro monatlich. Während der Träger der Sozialhilfe nach § 32 Absatz 5 SGB XII eine Ermessensentscheidung zur Übernahme dieser Kosten für Leistungsberechtigte nach dem SGB XII treffen kann, fehlt eine solche Regelung im SGB II.