Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit - COM (2016) 248 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen werden an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 138/88 = AE-Nr. 880537,
Drucksache 437/93 = AE-Nr. 931796,
Drucksache 473/07 (PDF) = AE-Nr. 070578,
Drucksache 171/13 (PDF) = AE-Nr. 130145,
Drucksache 253/14 (PDF) = AE-Nr. 140543, AE-Nr. 991326

Brüssel, den 13.5.2016 COM (2016) 248 final 2016/0130 (COD)

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Text von Bedeutung für den EWR)

{SWD(2016) 152 final}
{SWD(2016) 153 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Dieser Vorschlag zielt darauf ab, den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer zu verbessern, indem die Exposition gegenüber krebserzeugenden chemischen Arbeitsstoffen am Arbeitsplatz reduziert, die Wirksamkeit der EU-Rechtsvorschriften in diesem Bereich erhöht und für mehr Klarheit und ausgewogenere Ausgangsbedingungen für die Wirtschaftsakteure gesorgt wird. Diese Initiative zählt zu den vorrangigen Maßnahmen im Arbeitsprogramm der Kommission für 2016. Damit kommt die Kommission ihrer Verpflichtung zur Verbesserung der Effizienz und Wirksamkeit des EU-Rahmens für den Schutz der Arbeitnehmer nach. Ferner geht es darum, diese wichtige Arbeit fortzusetzen und weitere Folgenabschätzungen durchzuführen, um Grenzwerte für zusätzliche Karzinogene vorschlagen zu können.

Schätzungen der aktuellen und künftigen Belastung durch Berufskrankheiten deuten darauf hin, dass arbeitsbedingte Krebserkrankungen infolge der Exposition von Arbeitnehmern gegenüber Karzinogenen sowohl derzeit als auch künftig ein Problem darstellen. Krebs ist die häufigste arbeitsbedingte Todesursache in der EU. Jährlich sind 53 % der arbeitsbedingten Todesfälle auf Krebs zurückzuführen, 28 % auf Krankheiten des Kreislaufsystems und 6 % auf Atemwegserkrankungen.1

Die Kommission schlägt eine Änderung bzw. Einführung von Expositionsgrenzwerten für

Die Bestimmungen der Richtlinie gelten für alle chemischen Arbeitsstoffe, die die Kriterien für die Einstufung als karzinogene Stoffe der Kategorien 1A oder 1B gemäß Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1272/20083 (im Folgenden "CLP-Verordnung") erfüllen. Diese Verordnung enthält "harmonisierte" (obligatorische) Einstufungen von 1017 chemischen Stoffen als karzinogene Stoffe der Kategorie 1 ("Bekanntermaßen oder wahrscheinlich beim Menschen karzinogen") anhand epidemiologischer und/oder Tierversuchsdaten.4 Im Rahmen eines weiteren wichtigen Einstufungsverfahrens des Internationalen Krebsforschungszentrums (IARC) wurden nahezu 500 Stoffe ermittelt, die krebserzeugend beim Menschen (Gruppe 1; 118 Stoffe), wahrscheinlich krebserzeugend beim Menschen (Gruppe 2A; 75 Stoffe) oder möglicherweise krebserzeugend beim Menschen (Gruppe 2B; 288) sind.5

Ferner gelten die Bestimmungen der Richtlinie für alle Stoffe, Gemische oder Verfahren gemäß deren Anhang I sowie für Stoffe oder Gemische, die durch ein in diesem Anhang genanntes Verfahren freigesetzt werden. Anhang I der Richtlinie enthält derzeit eine Liste mit Verfahren und verfahrensbedingten Stoffen. Dadurch soll Klarheit für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Durchsetzungsbehörden geschaffen werden, ob ein bestimmter chemischer Arbeitsstoff oder ein bestimmtes Verfahren, sofern keine anderweitige Einstufung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008/EG besteht, in den Geltungsbereich der Richtlinie fällt. Derzeit enthält Anhang I fünf Einträge.

In der Richtlinie ist für alle Karzinogene und Mutagene, die in ihren Geltungsbereich fallen, eine Reihe allgemeiner Mindestanforderungen zur Vermeidung oder Verringerung der Exposition festgelegt. Die Arbeitgeber müssen die mit der Exposition gegenüber bestimmten Karzinogenen (und Mutagenen) verbundenen Risiken für Arbeitnehmer ermitteln und bewerten und die Exposition im Falle von Risiken vermeiden. Die Substitution durch ein nicht oder weniger gefährliches Verfahren bzw. einen nicht oder weniger gefährlichen chemischen Arbeitsstoff ist erforderlich, sofern dies technisch möglich ist. Ist die Substitution technisch nicht möglich, so müssen krebserzeugende chemische Stoffe, soweit dies technisch möglich ist, in einem geschlossenen System hergestellt und verwendet werden, um eine Exposition zu vermeiden. Ist dies technisch nicht möglich, so ist die Exposition der Arbeitnehmer auf das Geringste technisch mögliche Niveau zu senken. Dabei handelt es sich um die Geringhaltungspflicht gemäß Artikel 5 Absätze 2 und 3 der Richtlinie.

Zusätzlich zu diesen allgemeinen Mindestanforderungen geht aus der Richtlinie klar hervor, dass die Festsetzung von Arbeitsplatzgrenzwerten für bestimmte Karzinogene und Mutagene, die über die Atmung aufgenommen werden, integraler Bestandteil des Mechanismus für den Schutz der Arbeitnehmer war.6 Solche Werte müssen für die chemischen Arbeitsstoffe, für die es keine Grenzwerte gibt, noch festgelegt werden, und sie sind zu überarbeiten, wann immer dies im Lichte neuerer wissenschaftlicher Daten möglich wird.7 Konkrete Expositionsgrenzwerte für spezifische chemische Arbeitsstoffe sind in Anhang III der Richtlinie aufgeführt. Derzeit enthält Anhang III drei Einträge.

Die im Rahmen der Richtlinie festgelegten Grenzwerte für die Exposition am Arbeitsplatz sollten gegebenenfalls überarbeitet werden, um neuen wissenschaftlichen Daten, Verbesserungen bei den Messverfahren, Risikomanagementmaßnahmen und sonstigen einschlägigen Faktoren Rechnung zu tragen.

Auf dieser Grundlage werden drei spezifische Maßnahmen vorgeschlagen:

Für zwei der drei in Anhang III der Richtlinie festgelegten Grenzwerte, nämlich in Bezug auf Arbeiten, bei denen Exposition gegenüber Hartholzstäuben oder Vinylchloridmonomer besteht - hat der SCOEL im Jahr 2003 bzw. 2004 überarbeitete Empfehlungen angenommen. Nach diesen Empfehlungen ist es erforderlich, eine Überarbeitung der bestehenden Grenzwerte für Hartholzstäube und Vinylchloridmonomer zu erwägen, die als zu hoch angesehen wurden, um die Arbeitnehmer angemessen schützen zu können. Es ist daher angezeigt, die geltenden Grenzwerte für Hartholzstäube und Vinylchloridmonomer unter Berücksichtigung der verfügbaren wissenschaftlichen Daten zu überarbeiten.

- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Die Gewährleistung eines sicheren und gesunden Arbeitsumfelds für über 217 Millionen Arbeitnehmer in der EU ist eines der strategischen Ziele der Kommission gemäß ihrer jüngsten Mitteilung über einen strategischen Rahmen der EU für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2014-2020 mit Vorschlägen für eine Strategie in diesem Bereich10. Als eine der wichtigsten Herausforderungen wird in der Strategie die Verbesserung der Prävention arbeitsbedingter Erkrankungen durch die Verringerung existierender, neuer oder aufkommender Risiken genannt.

Diese Initiative fügt sich ein in die Priorität der Kommission, einen vertieften und gerechteren Binnenmarkt zu schaffen und insbesondere dessen soziale Dimension zu stärken. Dies steht im Einklang mit der Arbeit der Kommission an einem fairen und wahrhaft europäischen Arbeitsmarkt, der Arbeitnehmern einen angemessenen Schutz und nachhaltige Arbeitsplätze bietet.11 Dazu gehören der Schutz von Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, der Sozialschutz und die mit dem Arbeitsvertrag verbundenen Rechte.

Die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit12 und die Richtlinie 98/24/EG über die Gefährdung durch chemische Arbeitsstoffe bei der Arbeit13 gelten als allgemeines Recht unbeschadet strengerer und/oder spezifischer Bestimmungen in der Richtlinie.

Die Sozialpartner, die 18 europäische Industriebranchen vertreten, unterzeichneten im Jahr 2006 eine sektorübergreifende Vereinbarung des sozialen Dialogs über den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch gute Handhabung und Verwendung von kristallinem Siliciumdioxid und dieses enthaltenden Produkten (NEPSi). Es handelt sich dabei um eine eigenständige Vereinbarung gemäß Artikel 155 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), die durch die Sozialpartner im Einklang mit Artikel 155 Absatz 2 AEUV umgesetzt wird.14 Diese Vereinbarung ergänzt den vorliegenden Vorschlag, da sie Leitlinien für vorbeugende Maßnahmen und Anreize für die Arbeitgeber zur Verringerung der Exposition enthält. Da sie jedoch nicht in EU-Recht umgesetzt wird und die Baubranche nicht abdeckt, in der in erster Linie Exposition entsteht, kann sie einen in der Richtlinie festgelegten verbindlichen Grenzwert nicht ersetzen.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Verhütung von schweren Unfällen oder Berufskrankheiten sowie die Förderung der Gesundheit der Arbeitnehmer während ihres gesamten Arbeitslebens zählen zu den wichtigen Grundsätzen im Hinblick auf das Ziel, in sozialen Fragen ein AAA-Rating zu erreichen, das Präsident Juncker in seinen politischen Leitlinien genannt hat. Dies wirkt sich auch positiv auf die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit aus und trägt entscheidend zur Förderung eines längeren Erwerbslebens im Einklang mit den Zielen der Strategie Europa 2020 für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum bei.15

Von den 13 chemischen Arbeitsstoffen, die Gegenstand dieses Vorschlags sind, wurden drei auf die Kandidatenliste der als "besonders besorgniserregenden Stoffe" (SVHC) gemäß Artikel 59 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe16 (im Folgenden "REACH-Verordnung") gesetzt: Hydrazin, o-Toluidin und feuerfeste Keramikfasern. Feuerfeste Keramikfasern wurden außerdem von der Europäischen Agentur für chemische Stoffe für eine Aufnahme in Anhang XIV der REACH-Verordnung empfohlen. Bestimmte Chrom(VI)-Verbindungen wurden als besonders besorgniserregende Stoffe ermittelt und auf die Kandidatenliste gesetzt; des Weiteren wurden sie nach der Empfehlung der Agentur ebenfalls in Anhang XIV der REACH-Verordnung aufgenommen.

Die Richtlinie und die REACH-Verordnung sind rechtlich komplementär. Die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG, die als allgemeines Recht für das von der Richtlinie abgedeckte Gebiet gilt, sieht vor, dass die Richtlinie unbeschadet bestehender oder künftiger nationaler und europäischer Bestimmungen gilt, die einen besseren Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit bieten. Die REACH-Verordnung wiederum gilt unbeschadet der Rechtsvorschriften über den Schutz von Arbeitnehmern, einschließlich der Richtlinie.

Angesichts des ergänzenden Charakters der Richtlinie und der REACH-Verordnung ist es aus folgenden Gründen sinnvoll, Grenzwerte für eine Aufnahme in die Richtlinie vorzuschlagen:

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und Verhältnismässigkeit

- Rechtsgrundlage

Gemäß Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b AEUV können das Europäische Parlament und der Rat "in den in Absatz 1 Buchstaben a bis i [Artikel 153 AEUVJ genannten Bereichen unter Berücksichtigung der in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Bedingungen und technischen Regelungen durch Richtlinien Mindestvorschriften erlassen, die schrittweise anzuwenden sind. Diese Richtlinien sollen keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen." Gemäß Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe a AEUV unterstützt und ergänzt die Union die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter anderem auf dem Gebiet der "Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer".

Die Richtlinie 2004/37/EG wurde auf der Grundlage von Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b mit dem Ziel der Verbesserung der Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer angenommen. Auf dieser Grundlage sieht Artikel 16 der Richtlinie 2004/37/EG die Festlegung von Grenzwerten nach dem Verfahren gemäß Artikel 153 Absatz 2 AEUV für alle Karzinogene oder Mutagene vor, bei denen dies möglich ist.

Ziel des vorliegenden Vorschlags ist es, den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer im Einklang mit Artikel 153 Absatz 1 Buchstabe a AEUV zu verbessern, indem in Anhang I der Richtlinie 2004/37/EG Arbeiten aufgenommen werden, bei denen durch ein Arbeitsverfahren Exposition gegenüber Quarzfeinstaub (alveolengängiger Anteil) besteht. Erreicht wird dies durch die Schaffung zusätzlicher Mindestanforderungen für den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer in Form von Grenzwerten in Anhang III der Richtlinie sowie durch die Überarbeitung der geltenden Grenzwerte in Anhang III für zwei Karzinogene unter Berücksichtigung neuerer wissenschaftlicher Daten. Daher bildet Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b AEUV die geeignete Rechtsgrundlage für den Kommissionsvorschlag.

Gemäß Artikel 153 Absatz 2 AEUV ist die Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer ein Aspekt der Sozialpolitik, bei dem die EU die Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten teilt.

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Da die Risiken für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer in der EU im Großen und Ganzen ähnlich sind, besteht eine klare Rolle der EU bei der Unterstützung der Mitgliedstaaten, um diesen Risiken entgegenzutreten.

Die bei den vorbereitenden Arbeiten gesammelten Daten zeigen große Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten auf, was die Festlegung von Grenzwerten für die unter diesen Vorschlag fallenden Karzinogene betrifft.17 Einige Mitgliedstaaten haben bereits verbindliche Grenzwerte festgelegt, die entweder dem vom ACSH empfohlenen Wert entsprechen oder darunter liegen. Dies zeigt, dass hinsichtlich der Festlegung eines Grenzwerts für diese chemischen Arbeitsstoffe einseitige nationale Maßnahmen möglich sind. Es gibt jedoch auch zahlreiche Fälle, in denen Mitgliedstaaten über keine Grenzwerte bzw. über Grenzwerte verfügen, die unter dem in diesem Vorschlag vorgesehenen Niveau des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer liegen.18 Darüber hinaus bestehen bei den gegebenenfalls vorhandenen nationalen Grenzwerten große Unterschiede, was unterschiedliche Schutzniveaus zur Folge hat.19 Einige dieser Grenzwerte sind beträchtlich höher als wissenschaftlich empfohlen.

Unter diesen Umständen kann die Anwendung von Mindeststandards für den Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmer vor den Risiken, die sich aus der Exposition gegenüber diesen Karzinogenen ergeben, nicht durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten allein für alle Arbeitnehmer in allen Mitgliedstaaten der EU sichergestellt werden. Bei der Analyse der Auswirkungen der Einführung eines Grenzwerts wurde für jedes einzelne Karzinogen berücksichtigt, wie viele Arbeitnehmer potenziell einer Exposition ausgesetzt sind und keinen entsprechenden gesetzlichen Schutz genießen. Dabei wurde eine Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprüfung für die einzelnen Arbeitsstoffe durchgeführt. Diese Prüfung ergab, dass - sofern einschlägige Daten verfügbar waren - die Einführung der vorgeschlagenen Grenzwerte den gesetzlichen Schutz für schätzungsweise 33 % bis 98 % der exponierten Arbeitnehmer verbessern würde.20

Daraus folgt, dass auf EU-Ebene ergriffene Maßnahmen zur Erreichung der Ziele dieses Vorschlags erforderlich erscheinen und im Einklang mit Artikel 5 Absatz 3 EUV stehen.

Fehlende oder zu hohe Grenzwerte könnten außerdem Anreize für Unternehmen schaffen, ihre Produktionsanlagen in Mitgliedstaaten mit niedrigeren Standards anzusiedeln, was eine Verzerrung der Produktionskosten zur Folge hätte. Grundsätzlich wirken sich unterschiedliche Arbeitsstandards auf die Wettbewerbsfähigkeit aus, da den Betreibern dadurch unterschiedliche Kosten entstehen. Diese Verzerrung des Binnenmarkts kann verringert werden, indem durch die Einführung eindeutiger Mindeststandards für den Schutz der Arbeitnehmer in den Mitgliedstaaten gleiche Ausgangsbedingungen geschaffen werden.

Ferner wird dieser Vorschlag einen Anreiz für eine größere Flexibilität bei der grenzüberschreitenden Beschäftigung schaffen, da die Arbeitnehmer Gewissheit haben werden, dass in allen Mitgliedstaaten Mindeststandards für sie gelten und ihre Gesundheit in gleicher Weise geschützt wird.

Die Änderung der Richtlinie kann gemäß Artikel 154 AEUV nur auf EU-Ebene und nach einer zweistufigen Anhörung der Sozialpartner (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) erfolgen.

- Verhältnismäßigkeit

Dieser Vorschlag zur Änderung der Richtlinie stellt einen Schritt nach vorn dar, was die Erreichung der Ziele der Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer anbelangt.

In Bezug auf die vorgeschlagenen Werte wurden nach langen und intensiven Beratungen mit allen Interessenträgern (Vertreter der Arbeitnehmerorganisationen, der Arbeitgeberverbände und der Regierungen) sozioökonomische Durchführbarkeitsfaktoren berücksichtigt.

Dieser Vorschlag räumt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit ein, für die Arbeitnehmer günstigere Bestimmungen zu erlassen, sowie die Flexibilität, die Besonderheiten ihrer nationalen Situation zu berücksichtigen. Gemäß Artikel 153 Absatz 4 AEUV hindern die Bestimmungen des vorliegenden Vorschlags die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu treffen, die mit den Verträgen vereinbar sind, beispielsweise in Form niedrigerer Grenzwerte.

Artikel 153 Absatz 3 AEUV gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, den Sozialpartnern auf deren gemeinsamen Antrag die Durchführung von aufgrund des Artikels 153 Absatz 2 AEUV angenommenen Richtlinien übertragen, so dass bewährten nationalen Regelungen für die Regulierung in diesem Bereich Rechnung getragen wird.

Entsprechend dem in Artikel 5 Absatz 4 EUV genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht dieser Vorschlag nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.

- Wahl des Instruments

Artikel 153 Absatz 2 Buchstabe b AEUV sieht vor, dass die Mindestvorschriften im Bereich des Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer "durch Richtlinien" erlassen werden können.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Expost-Bewertung/Eignungsprüfungen bestehender Rechtsvorschriften

Eine unabhängige Expost-Bewertung der Richtlinie (als Teil der allgemeinen EU-Rechtsvorschriften zu Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz) wurde vor kurzem abgeschlossen. Neben den Schnittstellen zwischen der REACH-Verordnung und der Richtlinie wurden im Rahmen dieser Bewertung in erster Linie Aspekte ermittelt, die außerhalb des Anwendungsbereichs des Vorschlags liegen, der sich speziell auf die technische Änderung der Anhänge der Richtlinie und weniger auf allgemeinere strategische Fragen in Bezug auf ihre Anwendung oder Relevanz bezieht.

- Konsultation der Interessenträger

Zweistufige Anhörung der Sozialpartner auf europäischer Ebene gemäß Artikel 154 AEUV

Für diesen Legislativvorschlag im Bereich der Sozialpolitik führte die Kommission eine zweistufige Anhörung der Sozialpartner auf europäischer Ebene gemäß Artikel 154 AEUV durch.

Die erste Phase der Anhörung zum Schutz der Arbeitnehmer vor den mit der Exposition gegenüber krebserzeugenden, erbgutverändernden und fortpflanzungsgefährdenden chemischen Stoffen am Arbeitsplatz verbundenen Risiken wurde am 6. April 2004 eingeleitet.

Gemäß Artikel 154 Absatz 2 AEUV wurden die Sozialpartner ersucht, Stellung zur möglichen Ausrichtung einer Unionsaktion in diesem Bereich zu nehmen. Diese erste Phase bestätigte, dass Maßnahmen auf EU-Ebene erforderlich sind, um bessere Standards in der gesamten EU einzuführen und die mit der Exposition von Arbeitnehmern gegenüber chemischen Stoffen verbundenen Probleme anzugehen. Die europäischen Sozialpartner, die an der Anhörung teilnahmen21, betonten, wie wichtig es sei, die Arbeitnehmer vor den gesundheitlichen Risiken in diesem Bereich zu schützen.

Zwar erkannten alle Teilnehmer die Relevanz der bestehenden Rechtsvorschriften an, jedoch gab es unterschiedliche Ansichten bezüglich der Strategie und der Ausrichtung der künftigen Maßnahmen sowie der zu berücksichtigenden Faktoren.22

Die zweite Phase der Anhörung über den Inhalt des Vorschlags wurde am 16. April 2007 gemäß Artikel 154 Absatz 3 des AEUV eingeleitet.

Im Rahmen der Anhörung wurden folgende Aspekte erörtert:

Die Kommission erhielt Antworten von sieben europäischen Sozialpartnerorganisationen23. In ihren Antworten bestätigten diese Organisationen ihren Ansatz für die Prävention berufsbedingter Risiken durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit, den sie in ihren Antworten in der ersten Phase der Anhörung beschrieben hatten.

Die eingegangenen Antworten lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die formelle Anhörung der Sozialpartner wurde im Jahr 2007 abgeschlossen; die darauf folgende nachstehend beschriebene Anhörung des ACSH, an der die Sozialpartner gemeinsam mit den Vertretern der Mitgliedstaaten teilnahmen, gewährleistete, dass die Sozialpartner angemessen über die Optionen für Grenzwerte informiert und aktiv an der Ermittlung der bevorzugten Optionen beteiligt waren.

Am Ens Vorbereitungsprozesses veranstaltete die Kommission am 21. April 2016 ein Treffen mit den Sozialpartnern, um den geplanten Umfang und Ansatz für die vorgeschlagene Richtlinie vorzustellen. Grundlage hierfür waren die zweistufigen Anhörungen und die eingehenden Erörterungen, die im Rahmen des ACSH über bestimmte in die Anhänge der Richtlinie aufzunehmende Stoffe und Grenzwerte stattgefunden hatten.

Konsultation des ACSH im Rahmen der dreigliedrigen Arbeitsgruppe "Chemische Stoffe am Arbeitsplatz" (WPC)

Im Anschluss an die Anhörung der Sozialpartner teilte die Kommission den Mitgliedern der WPC bei deren Sitzung im April 2008 ihre Absicht mit, eine Überarbeitung der Richtlinie vorzuschlagen. Die Ergebnisse der von der Kommission in Auftrag gegebenen Studie (im Folgenden "IOM-Studie"24) wurden in der Sitzung im März 2011 auf der Grundlage der Berichtsentwürfe für einzelne chemische Arbeitsstoffe eingehend erörtert. Die einzelnen chemischen Arbeitsstoffe wurden bei mehreren Sitzungen der WPC in den Jahren 2011,25 1226 und 1327 erörtert; aus diesem Prozess gingen eine Stellungnahme sowie zwei zusätzliche Stellungnahmen hervor, die die Vollversammlung des ACSH 1228 und 1329,30 verabschiedete.

Die Ergebnisse des Konsultationsprozesses zeigen Unterstützung für folgende Aspekte:31

Die vom ACSH vereinbarten Grenzwerte wurden in diesen Vorschlag übernommen. Treffen mit der Industrie und den Arbeitnehmervertretern

Zwischen 2013 und 2015 fand eine Reihe von Treffen zwischen den Kommissionsdienststellen und Vertretern von Industrie- und Arbeitnehmerverbänden statt, die für die unter diese Initiative fallenden chemischen Arbeitsstoffe relevant sind.32 Diese Treffen wurden von der Branche in erster Linie erbeten, um Informationen über das Verfahren für die Änderung der Gesetzgebung im Allgemeinen und über die Absicht der Kommission in Bezug auf die für bestimmte chemische Stoffe - z.B. Quarzfeinstaub, Hartholzstäube oder feuerfeste Keramikfasern - vorgeschlagenen Werte einzuholen.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Die Überarbeitung oder die Festlegung neuer Grenzwerte im Rahmen der Richtlinie erfolgt nach einem spezifischen Verfahren. In erster Linie geht es dabei um die wissenschaftliche Beratung durch den SCOEL und die Anhörung des ACSH. Die Kommission kann sich auch auf wissenschaftliche Informationen aus anderen Quellen beziehen, solange diese Daten ausreichend belastbar und öffentlich zugänglich sind (z.B. Monografien des Internationalen Krebsforschungszentrums oder Schlussfolgerungen wissenschaftlicher Ausschüsse zur Festlegung nationaler Grenzwerte).

Der SCOEL wurde mit dem Beschluss 2014/113/EU der Kommission33 eingesetzt, um die Auswirkungen chemischer Arbeitsstoffe auf die Gesundheit der Arbeitnehmer bei der Arbeit zu bewerten. Die Arbeit des SCOEL unterstützt unmittelbar die regulierende Tätigkeit der EU im Bereich Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Er trägt vergleichende Analysekenntnisse von hoher Qualität zusammen und sorgt dafür, dass sich Vorschläge, Beschlüsse und Maßnahmen der Kommission zu Sicherheit und Gesundheitsschutz von Arbeitnehmern auf fundierte wissenschaftliche Fakten stützen. Der SCOEL unterstützt die Kommission insbesondere bei der Auswertung der aktuellen wissenschaftlichen Daten und durch den Vorschlag von Arbeitsplatzgrenzwerten zum Schutz der Arbeitnehmer vor chemischen Gefahren, die gemäß der Richtlinie 98/24/EG des Rates sowie der Richtlinie auf Unionsebene festgelegt werden müssen.

Für die Zwecke dieser Initiative bezogen sich die Dienststellen der Kommission auf für den jeweiligen chemischen Arbeitsstoff relevante Empfehlung des SCOEL, sofern verfügbar. Die Empfehlungen des SCOEL werden im Internet veröffentlicht.34

Im Anschluss an die zweistufige Anhörung der europäischen Sozialpartner veröffentlichten die Kommissionsdienststellen der Generaldirektion Beschäftigung und Soziales am 25. Juli 2008 eine offene Ausschreibung. Ziel war es, eine Bewertung der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen einer Reihe von Handlungsoptionen für den Schutz der Arbeitnehmer vor den Risiken einer möglichen Exposition gegenüber karzinogenen chemischen Stoffen am Arbeitsplatz vorzunehmen. Die auf dieser Grundlage durchgeführte IOM-Studie enthält umfassende Berichte über 25 krebserzeugende chemische Arbeitsstoffe sowie über zwei weitere strategische Aspekte, die die Wirksamkeit von Risikomanagementmaßnahmen und risikobasierten Kriterien für die Festlegung von Arbeitsplatzgrenzwerten betreffen. Die Ergebnisse dieser Studie (der zusammenfassende Bericht und die Berichte zu einzelnen chemischen Arbeitsstoffen) bilden die wichtigste Grundlage für die Folgenabschätzung zu diesem Vorschlag.35

Folgenabschätzung

Dieser Vorschlag wird von einer Folgenabschätzung36 gestützt.

Folgende Optionen wurden im Hinblick auf geänderte Grenzwerte für jeden der 13 chemischen Arbeitsstoffe geprüft:

Für Quarzfeinstaub umfassten die Optionen 2, 3 und 4 die Möglichkeit, diesen Stoff in Anhang I der Richtlinie zusammen mit der Festlegung eines Grenzwerts für Quarzfeinstaub (alveolengängiger Anteil) in Anhang III aufzunehmen.

Andere Optionen, wie die Einführung eines Verbots der Verwendung der chemischen Arbeitsstoffe, Selbstregulierung, marktbasierte Instrumente, Regulierung im Rahmen der REACH-Verordnung, Leitfäden und sonstige Unterstützung bei der Umsetzung der Richtlinie, wurden ebenfalls berücksichtigt. Was die Überschneidungen zwischen der REACH-Verordnung und der Richtlinie anbelangt, so hat das Gericht der Europäischen Union kürzlich in einem Urteil37, das derzeit Gegenstand einer Berufung ist, die Bedeutung des ersten Teils der Bestimmungen in Artikel 58 Absatz 2 der REACH-Verordnung verdeutlicht, denen zufolge Verwendungen oder Verwendungskategorien von der Zulassungspflicht ausgenommen werden können- d.h. spezifische EU-Rechtsvorschriften mit Mindestanforderungen an den Schutz der menschlichen Gesundheit oder der Umwelt bei der Verwendung des Stoffes -, wie dies auf eine Reihe von EU-Richtlinien, darunter die Richtlinie 2004/37/EG, angewendet wird. Das Gericht hat entschieden, dass die Richtlinie 2004/37/EG - sofern sie sich nicht auf einen anderen Stoff als Benzol, Vinylchloridmonomer oder Hartholzstäube bezieht, für die sie Arbeitsplatzgrenzwerte festlegt - weder als "spezifisch" angesehen werden kann noch "Mindestanforderungen" festlegt im Sinne von Artikel 58 Absatz 2 der REACH-Verordnung.

Ferner arbeiten die betreffenden Kommissionsdienststellen hinsichtlich der Überschneidungen zwischen der REACH-Verordnung und den Arbeitsschutz- bzw. Chemikalien-Richtlinien sowie insbesondere des Verhältnisses zwischen den Grenzwerten und dem DNEL-Wert (Derived No Effect Levels) mit Partnern aus den einschlägigen politischen und technischen Bereichen zusammen und werden Leitlinien zu diesem Thema ausarbeiten. Die Dienststellen der Kommission, die Mitgliedstaaten und die Sozialpartner sind allesamt der Ansicht, dass Richtlinien zur Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz den geeigneten europäischen Regelungsrahmen zur Festlegung harmonisierter Grenzwerte für den Schutz der Arbeitnehmer bieten.

Für jeden einzelnen chemischen Arbeitsstoff wurde eine Analyse der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen der verschiedenen strategischen Optionen durchgeführt.38 Die Analyse erfolgte auf der Grundlage der IOM-Studie, in deren Rahmen die gesundheitlichen, sozioökonomischen und ökologischen Aspekte der vorgeschlagenen Änderungen der Richtlinie bewertet worden waren. Der Vergleich der möglichen Maßnahmen und die Auswahl der bevorzugten Option erfolgten auf der Grundlage der folgenden Kriterien: wissenschaftliche Beratung, (insbesondere die Empfehlungen des SCOEL, soweit verfügbar), Wirksamkeit, Effizienz und Kohärenz. Die Kosten und Nutzen wurden über einen Zeitraum von 60 Jahren entsprechend der für denselben Zeitraum geschätzten künftigen Krebsbelastung berechnet, um die Latenzzeit für Krebs angemessen zu berücksichtigen.

Für einige Karzinogene (z.B. Chrom(VI)-Verbindungen, Hartholzstäube und Quarzfeinstaub) ergab sich ein eindeutiger bevorzugter Wert. Für andere Karzinogene (z.B. 2-Nitropropan und Acrylamid) wurden für die Ausgangssituation (keine Maßnahmen) und die Festlegung eines EU-Grenzwerts ähnliche Kosten/Nutzen ermittelt.

Die vom ACSH aufgestellten Werte wurden für alle 13 chemischen Arbeitsstoffe in diesem Vorschlag beibehalten.

Was die Auswirkungen auf die Arbeitnehmer anbelangt, so sollte dieser Vorschlag dazu führen, dass vermeidbare arbeitsbedingte Krebserkrankungen vermieden werden, wodurch den Menschen unnötiges Leiden und Krankheit erspart bleiben. Darüber hinaus würde dieser Vorschlag auch zur Vermeidung der folgenden unnötigen Gesundheitskosten beitragen:

Die Einführung der bevorzugten Option würde folglich die Krebsinzidenz senken und die auf die Exposition von Arbeitnehmern gegenüber gefährlichen Stoffen zurückzuführende wirtschaftliche Belastung reduzieren.

Was die Auswirkungen auf die Arbeitgeber anbelangt, so ist vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet zwischen Kosten zu unterscheiden, die Anreize für Verbesserungen in den Bereichen Gesundheit und Sicherheit schaffen, und solchen, die dies nicht tun. Die Einführung EU-weiter Grenzwerte ist für die Unternehmen insofern von Nutzen, als der Vorschlag ihnen dabei helfen würde, Kosten zu vermeiden, die sich im Falle des Verstoßes gegen die Vorschriften langfristig negativ auf ihre Geschäftsaussichten auswirken würden.

Für die meisten Karzinogene werden die Auswirkungen auf die Betriebskosten für Unternehmen (einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen) äußerst gering sein, da nur geringfügige Anpassungen erforderlich sein werden, um die volle Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten.

Ferner enthält der Vorschlag keine zusätzlichen Informationspflichten und führt nicht zu einer Erhöhung der Verwaltungslasten für die Unternehmen.

Was die Auswirkungen auf die Mitgliedstaaten/nationalen Behörden betrifft, so würde dieser Vorschlag angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Kosten, die Arbeitnehmern durch die Exposition gegenüber gefährlichen Stoffen entstehen, auch dazu beitragen, die von den Systemen der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten zu tragenden finanziellen Verluste abzuschwächen. Aus wirtschaftlicher Sicht wird in erster Linie durch die Reichweite und die Angemessenheit EU-weiter Grenzwerte bestimmt, wer die Kosten für arbeitsbedingte Erkrankungen trägt.

Die Verwaltungs- und Durchsetzungskosten werden sich je nach dem gegenwärtigen Status der einzelnen chemischen Stoffe in den Mitgliedstaaten unterscheiden, sie werden jedoch eher gering sein. Ferner sind die nationalen Behörden durch die Festlegung von Grenzwerten auf EU-Ebene nicht länger gezwungen, jedes Karzinogen eigenständig zu prüfen, wodurch eine ineffiziente Doppelarbeit abgeschafft wird.

Auf der Grundlage der Erfahrungen aus der Tätigkeit des Ausschusses hoher Arbeitsaufsichtsbeamter (SLIC) und angesichts der Organisation der Durchsetzungsmaßnahmen in verschiedenen Mitgliedstaaten ist es unwahrscheinlich, dass sich die Einführung neuer Grenzwerte in der Richtlinie auf die Gesamtkosten von Kontrollbesuchen auswirkt. Solche Besuche werden überwiegend unabhängig von dem Vorschlag geplant, und zwar vor allem auf der Grundlage von Beschwerden in einem bestimmten Jahr und entsprechend den Kontrollstrategien einer bestimmten Behörde. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Existenz eines Grenzwerts - mit dem Klarheit über akzeptable Expositionswerte geschaffen wird - als hilfreiches Instrument für die Kontrolle der Einhaltung von Vorschriften die Arbeit der Inspektoren erleichtert.

Zusätzliche Verwaltungskosten könnten den Behörden dadurch entstehen, dass sie ihrem Personal Informationen und Schulungen zur Überarbeitung der Richtlinie zur Verfügung stellen müssen und dass die Checklisten zur Prüfung der Einhaltung von Vorschriften zu überarbeiten wären. Diese Kosten sind jedoch gering im Vergleich zu den Gesamtbetriebskosten, die den nationalen Durchsetzungsbehörden entstehen.

Der Vergleich der Optionen und die Analyse der Kosten und Nutzen lassen den Schluss zu, dass mit dem Vorschlag die gesetzten Ziele mit einem insgesamt vertretbaren Kostenaufwand erreicht werden können und dass der Vorschlag angemessen ist.

Der Vorschlag hat keine signifikanten Umweltauswirkungen.

Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung Auswirkungen auf KMU

Dieser Vorschlag enthält keine weniger strengen Rechtsvorschriften für Kleinstunternehmen oder KMU. Der Grund dafür ist, dass KMU nach der Richtlinie nicht von der Verpflichtung zur Beseitigung oder zur Minimierung der Risiken, die durch die Exposition gegenüber Karzinogenen oder Mutagenen am Arbeitsplatz entstehen, befreit sind.

Für viele der im Rahmen dieser Initiative behandelten Arbeitsstoffe gibt es auf nationaler Ebene bereits Grenzwerte, wenngleich deren Höhe in einzelnen Mitgliedstaaten voneinander abweicht. Die Festlegung der Grenzwerte gemäß diesem Vorschlag dürfte keine Auswirkungen auf KMU in Mitgliedstaaten haben, in denen die nationalen Grenzwerte entweder gleich hoch oder niedriger als die vorgeschlagenen Werte sind. Es wird jedoch angesichts der unterschiedlichen Grenzwerte auf nationaler Ebene in einigen Fällen - je nach der branchenüblichen Praxis - wirtschaftliche Auswirkungen in Mitgliedstaaten (und für die dort niedergelassenen Wirtschaftsakteure) geben, in denen es derzeit noch höhere Arbeitsplatzgrenzwerte für die chemischen Arbeitsstoffe gibt, die Gegenstand des Vorschlags sind.

Für die meisten Karzinogene wird es nur äußerst geringe Auswirkungen auf die Betriebskosten für Unternehmen (einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen) geben, da nur geringfügige Anpassungen erforderlich sein werden, um die volle Einhaltung der Vorschriften zu gewährleisten. Ferner wird dieser Vorschlag weder zusätzliche Informationspflichten einführen oder zu einem Anstieg der Verwaltungslasten für Unternehmen führen, noch erhebliche ökologische Kosten verursachen.

Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der EU und den internationalen Handel

Risikoprävention und die Schaffung sichererer und gesünderer Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz sind von entscheidender Bedeutung, nicht nur für die Verbesserung der Arbeitsplatzqualität und der Arbeitsbedingungen, sondern auch für die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit. Die Erhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer wirkt sich direkt und messbar positiv auf die Arbeitsproduktivität aus und trägt zur Verbesserung der Nachhaltigkeit der Systeme der sozialen Sicherheit bei. Die Umsetzung der in diesem Vorschlag enthaltenen Bestimmungen würde sich positiv auf den Wettbewerb im Binnenmarkt auswirken. Durch EU-weite Grenzwerte für die betreffenden Stoffe werden Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen in Mitgliedstaaten mit unterschiedlichen nationalen Grenzwerten beseitigt.

Dieser Vorschlag dürfte die externe Wettbewerbsfähigkeit von EU-Unternehmen nicht maßgeblich beeinträchtigen, da viele der vorgeschlagenen Werte den in anderen Ländern geltenden Werten ähnlich sind39, insbesondere was die wichtigsten Handelspartner der EU, wie die USA, Australien und die Schweiz, betrifft40.

- Auswirkungen auf die Grundrechte

Die Ziele des Vorschlags stimmen mit den Grundrechten überein, wie sie in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, insbesondere Artikel 2 (Recht auf Leben) und Artikel 31 (Recht auf gerechte und angemessene sowie gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen), verankert sind.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Für diesen Vorschlag werden keine zusätzliche finanziellen oder personellen Ressourcen aus dem EU-Haushalt oder von Stellen benötigt, die von der EU eingerichtet wurden.

5. Weitere Angaben

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Der Vorschlag sieht die Überwachung der Zahl der Fälle von Berufskrankheiten und damit verbundenen berufsbedingten Krebserkrankungen anhand der verfügbaren Datenquellen41 vor; überwacht werden sollen auch die Kosten, die den Wirtschaftsakteuren (z.B. geringere Produktivität) und den Systemen der sozialen Sicherheit im Zusammenhang mit berufsbedingten Krebserkrankungen entstehen.

In Bezug auf die Umsetzung der Richtlinie wird eine Konformitätsbewertung durchgeführt. Angesichts der mit der Einholung von Daten verbundenen Herausforderungen wird vorgeschlagen, die nächste Expost-Bewertung gemäß Artikel 17a Absatz 4 der Richtlinie 89/391/EWG zu nutzen, um Richtwerte (Benchmarks) festzulegen, anhand deren die Wirksamkeit der Überarbeitung der Richtlinie bewertet werden kann. Dies erscheint vernünftig, da es aufgrund der langen Latenzzeit für Krebs (10 bis 50 Jahre) nicht möglich sein wird, die tatsächlichen Auswirkungen der Überarbeitung früher als in 15-20 Jahren zu messen.

- Erläuternde Dokumente (bei Richtlinien)

Die Mitgliedstaaten müssen der Kommission den Wortlaut der nationalen Rechtsvorschriften, mit denen sie diese Richtlinie umgesetzt haben, sowie eine Entsprechungstabelle übermitteln. Es bedarf eindeutiger Informationen über die Umsetzung der neuen Bestimmungen, damit die Einhaltung der in diesem Vorschlag festgelegten Mindestvorschriften gewährleistet werden kann. Der abzusehende zusätzliche Verwaltungsaufwand durch die Bereitstellung erläuternder Dokumente ist nicht unverhältnismäßig (er fällt einmalig an und dürfte keine Beteiligung zahlreicher Organisationen erfordern). Die erläuternden Dokumente können von den Mitgliedstaaten effizienter erstellt werden.

Aus diesen Gründen wird vorgeschlagen, dass sich die Mitgliedstaaten verpflichten, der Kommission ihre Umsetzungsmaßnahmen mitzuteilen, indem sie ein oder mehrere Dokumente mit einer Erläuterung des Zusammenhangs zwischen den Bestandteilen der Richtlinie und den entsprechenden Teilen der nationalen Umsetzungsinstrumente übermitteln.

- Ausführliche Erläuterung der einzelnen Bestimmungen des Vorschlags

Artikel 1

Artikel 1 besagt, dass die Richtlinie durch die Aufnahme eines neuen Eintrags 6 "Arbeiten, bei denen durch ein Arbeitsverfahren Exposition gegenüber Quarzfeinstaub besteht" in Anhang I geändert wird.

Siliciumdioxid (SiO2) ist ein Metalloxid der Gruppe IV, das natürlicherweise sowohl in kristalliner als auch amorpher Form vorkommt. Kristalline Formen von Siliciumdioxid: *Quarz, ß-Quarz, *-Tridymit, ß-Tridymit, *-Cristobalit, ß-Cristobalit, Keatit, Coesit, Stishovit und Moganit42. Das Wort "kristallin" im Sinne des Artikel 1 bezieht sich auf die Ausrichtung von SiO2-Molekülen in einem festen Schema im Gegensatz zu einer nicht periodischen, zufälligen molekularen Anordnung, die als amorph definiert wird. Die drei Formen von kristallinem Siliciumdioxid, die am häufigsten in einem Arbeitsumfeld zu finden sind, sind Quarz (CAS-Nr. 43 14808-60-7), Cristobalit (CAS-Nr. 14464-46-1) und Tridymit (CAS-Nr. 15468-32-3).

Die Bezeichnung "Quarzfeinstaub" in Artikel 1 bezieht sich auf die Staubpartikel, die die Lungenbläschen erreichen.

Artikel 3 bis 5

Die Artikel 3 bis 5 enthalten die üblichen Bestimmungen über die Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten.

Artikel 4 betrifft das Datum des Inkrafttretens der Richtlinie.

Anhang

Der im Anhang verwendete Begriff "Grenzwert" wird in Artikel 2 Buchstabe c der Richtlinie definiert. Grenzwerte beziehen sich auf den Aufnahmeweg der Atmung und beschreiben die maximale Konzentration eines bestimmten chemischen Arbeitsstoffes in der Luft, die die durchschnittliche Exposition der Arbeitnehmer während eines bestimmten Zeitraums nicht überschreiten sollte.

Der Grenzwert für Quarzfeinstaub gilt für den "alveolengängigen Anteil".

Der Hinweis "Haut" wird den Arbeitsplatzgrenzwerten für folgende Karzinogene zugewiesen: Acrylamid, Ethylenoxid und Hydrazin. Der Hinweis "Haut" wird jedem chemischen Arbeitsstoff zugewiesen, für den der SCOEL zu der Einschätzung gelangt ist, dass die dermale Absorption wesentlich zur gesamten Körperbelastung und somit zu Bedenken hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf die Gesundheit beitragen könnte. Der Hinweis "Haut" bei einem Grenzwert zeigt die Möglichkeit an, dass größere Mengen des Stoffs durch die Haut aufgenommen werden können. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, solche Hinweise bei der Risikobewertung und bei der Durchführung von Präventions- und Schutzmaßnahmen für ein Karzinogen oder Mutagen gemäß der Richtlinie zu berücksichtigen.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), insbesondere auf Artikel 153 Absatz 2, gestützt auf die Richtlinie 2004/37/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit (Sechste Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates)44, insbesondere auf Artikel 17 Absatz 1, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses,45 nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen,46 gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie Erlassen:

Artikel 1

Die Richtlinie 2004/37/EG wird wie folgt geändert:

"6. Arbeiten, bei denen durch ein Arbeitsverfahren Exposition gegenüber Quarzfeinstaub besteht".

Artikel 2

Bei Erlass dieser Vorschriften nehmen die Mitgliedstaaten in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf die vorliegende Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten dieser Bezugnahme.

Artikel 3

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Artikel 4

Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident

Brüssel, den 13.5.2016 COM (2016) 248 final

ANNEX 1
Anhang des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2004/37/EG über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene oder Mutagene bei der Arbeit

{SWD(2016) 152 final}
{SWD(2016) 153 final}

Anhang
"Anhang III: Grenzwerte und andere damit unmittelbar zusammenhängende Bestimmungen (Artikel 16)

A. GRENZWERTE für die Exposition AM ARBEITSPLATZ


CAS Nr. (1)
EG-Nr. (2)
Bezeichnung des ARBEITSSTOFFS
GRENZWERTE(3)Hinweis(4)
mg/m3 (5)ppm(6)f/ml(7)
Hartholzstäube3(8)
Chrom(VI)- Verbindungen, die Karzinogene im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie sind (als Chrom)0,025
Feuerfeste Keramikfasern, die Karzinogene im Sinne von Artikel 2 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie sind0,3
Alveolengängiges kristallines Siliciumdioxid0,1(9)
71-43-2200-753-7Benzol3,251Haut
75-01-4200-831-0Vinylchloridmonomer2,61
75-21-8200-849-9Ethylenoxid1,81Haut
75-56-9200-879-21,2-Epoxypropan2,41
79-06-1201-173-7Acrylamid0,1Haut
79-46-9201-209-12-Nitropropan185
95-53-4202-429-0o-Toluidin0,50,1
106-99-0203-450-81,3-Butadien2,21
302-01-2206-114-9Hydrazin0.0130,01Haut
593-60-2209-800-6Bromethylen4,41

B. andere DAMIT unmittelbar ZUSAMMENHÄNGENDE Bestimmungen z. E"