Gesetzesantrag des Landes Hessen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Grundbuchordnung und anderer Gesetze

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Gesetzesantrag des Landes Hessen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Grundbuchordnung und anderer Gesetze

Der Hessische Ministerpräsident Wiesbaden, den 4. März 2004

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dieter Althaus

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Hessische Landesregierung hat beschlossen, dem Bundesrat den anliegenden


mit dem Antrag zuzuleiten, seine Einbringung beim Deutschen Bundestag gemäß Art. 76 Abs. 1 des Grundgesetzes zu beschließen.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der Bundesratssitzung am 12. März 2004 aufzunehmen.


Mit freundlichen Grüßen
Roland Koch

Anlage
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Grundbuchordnung und anderer Gesetze

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1 Änderung der Grundbuchordnung

Die Grundbuchordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1114), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 26. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2710), wird wie folgt geändert:

Artikel 2 Änderung des Gerichtsverfassungsgesetzes

Das Gerichtsverfassungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (BGBl. I S. 1077), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3007), wird wie folgt geändert:

Artikel 3 Änderung des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Dem § 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 315-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 13. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2547) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

Artikel 4 Änderung des Rechtspflegergesetzes

§ 3 des Rechtspflegergesetzes vom 5. November 1969 (BGBl. I S. 2065), das zuletzt durch Artikel 3 Abs. 3 des Gesetzes vom 13. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2547) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 5 Änderung der Kostenordnung

Dem § 1 der Kostenordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 361-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, die zuletzt durch Artikel 39 des Gesetzes vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) geändert worden ist, wird folgender Satz angefügt:

Artikel 6 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Die Zusammenführung von Grundbuch und Kataster in ein einheitliches Bodenmanagement unter dem Dach einer hierfür zu schaffenden Behörde ist die konsequente Fortsetzung der technischen Entwicklung der vergangenen Jahre im Bereich Grundbuchwesen und Katasterverwaltung. Das geltende Bundesrecht verhindert eine solche Zusammenführung, da es allein den Amtsgerichten die Führung des Grundbuchs zuweist (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Grundbuchordnung).

Der Gesetzentwurf bezweckt die Öffnung des Bundesrechts im erforderlichen Umfang, um den Ländern, die davon Gebrauch machen wollen, die Möglichkeit zu geben, sich bietende Synergieeffekte zu nutzen. Der Entscheidung darüber, ob und gegebenenfalls in welcher Weise ein Land diese Option künftig nutzen wird, soll hierdurch nicht vorgegriffen werden.

Die Daten der Kataster- und Vermessungsverwaltung werden inzwischen nahezu flächendeckend digital verwaltet und - zumindest für bestimmte Nutzerkreise - auch verfügbar gemacht. Dazu dient im Liegenschaftskataster die "Automatisierte Liegenschaftskarte" (ALK), das "Automatisierte Liegenschaftsbuch" (ALB) und im Bereich der Landesvermessung das "Amtliche Topografisch-Kartografische Informationssystem" (ATKIS). Über das Verfahren "LIKA online" kann (in Hessen) das Karten- und Buchwerk genutzt werden. Registrierte Nutzer greifen über das Hessische Landesintranet zu und werden aus Datenschutzgründen und zur Rechnungsstellung protokolliert. Auch kann die Katasterund Vermessungsverwaltung, soweit ein berechtigtes Interesse vorliegt, Auskünfte über Eigentümer und Grundstücke nach verschiedenen Suchkriterien (z.B. Name des Eigentümers, Straße und Hausnummer) geben. Die Katasterverwaltung (in Hessen dreistufig aufgebaut) ressortiert beim Wirtschaftsministerium als oberste Kataster- und Landesvermessungsbehörde. Als obere Kataster- und Landesvermessungsbehörde fungiert das Hessische Landesvermessungsamt. Katasterämter sind als Untere Kataster- und Landesvermessungsbehörden bei den Landräten und Oberbürgermeistern eingerichtet. Die Einführung des elektronischen Grundbuchs bei den Amtsgerichten (flächendeckend in Hessen bis Ende 2004) und die damit verbundene Ablösung des bisher in Papierform geführten Grundbuchs bietet die Möglichkeit, die Bereiche Kataster und Grundbuch miteinander zu verschmelzen. Hiermit können folgende Ziele erreicht werden:

Dadurch können Geschäftsverteilung, Ressourcenausstattung, Geschäftsprozesse und Steuerungsinstrumente so umgestaltet werden, dass diese neue Behörde ihren Auftrag mit einem höheren Wirkungsgrad erfüllen kann als die bisherigen Grundbuchämter und die Katasterverwaltung. Sämtliche Informationen zum "Bodenmanagement" sind in einer Hand verfügbar, so dass eine einheitliche Beratung und Bedienung der Grundstückseigentümer und Investoren angeboten werden kann.

Die Schaffung einer einheitlichen Behörde setzt Änderungen im Bundesrecht voraus.

Das Grundbuchwesen ist im Gegensatz zum Vermessungswesen, für das die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern liegt, Bundesrecht. Wichtige Rechtsnormen über das Grundbuchwesen enthalten die Grundbuchordnung, die Grundbuchverfügung, das Rechtspflegergesetz und das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Das Grundbuch dient dem amtlichen Nachweis der privatrechtlichen Verhältnisse eines Grundstücks und genießt öffentlichen Glauben. Die Grundbuchordnung weist die Führung des Grundbuchs den Amtsgerichten zu. Über Eintragungen im Grundbuch entscheiden Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger, die sachlich unabhängig und nur an Recht und Gesetz gebunden sind. Beamte des mittleren Dienstes oder Angestellte übernehmen die allgemeinen Schreib- und Verwaltungsaufgaben.

Um diese bundeseinheitlichen Standards auch weiterhin zu sichern, soll auch für den Fall der Errichtung einer gemeinsamen Behörde sichergestellt sein, dass sich das Grundbuchwesen nach den bisherigen Regelungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit und nach den Regelungen in der Grundbuchordnung und der Grundbuchverfügung vollzieht.

Unter dieser Bedingung muss jedenfalls gewährleistet sein, dass gut ausgebildete Kräfte für die Aufgabenerledigung zuständig sind, um den hohen Qualitätsstandard im Grundbuchverfahren sowie in verfahrensmäßiger Hinsicht dessen bundesweite Einheitlichkeit sicherzustellen. Dies erscheint im Hinblick auf den dem Grundbuch gemäß § 892 BGB zukommenden öffentlichen Glauben sowie dessen Vermutungswirkung nach § 891 BGB erforderlich. Im Falle einer Beibehaltung der justitiellen Anbindung könnten weiterhin Rechtspfleger die Aufgaben wahrnehmen, so dass diese Voraussetzungen ohne weiteres garantiert wären. Soweit eine justitielle Anbindung entfallen sollte, muss in jedem Fall eine solche Ausbildung der Verwaltungsbeamten und Angestellten gewährleistet sein, die derjenigen der Rechtspfleger gleichkommt.

Art. 72 Abs. 2 GG steht der Schaffung von Öffnungsklauseln im vorgeschlagenen Umfange nicht entgegen.

In rein rechtlicher Hinsicht ist eine zwingende Zuständigkeit der Amtsgerichte für die Grundbuchangelegenheiten nicht ersichtlich. Insbesondere greift der Richtervorbehalt des Art. 92 GG nicht ein, da die "rechtsprechende Gewalt" nicht betroffen ist.

Daher bestehen auch unter dem Aspekt des in Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG verankerten Grundsatzes der Gewaltenteilung, der den Gewalten jeweils einen unantastbaren "Kernbereich" garantiert, keine rechtlichen Bedenken, die Grundbuchangelegenheiten aus der Zuständigkeit der Gerichte herauszunehmen.

Das Gesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 84 Abs. 1 Grundgesetz, da es mit der Einführung der Möglichkeit, durch Landesrecht Stellen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 GBO zu bestimmen, Regelungen zum Verwaltungsverfahren enthält.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu Artikel 1 (Grundbuchordnung)

Zu Nr. . 1 a) und b) (§ 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2):

Die hiernach vorgeschlagene Öffnungsklausel soll die Möglichkeit einräumen, die Grundbücher künftig auch von den durch Landesrecht bestimmten Stellen führen zu lassen. Hierdurch wird den Ländern die Option gegeben, die Führung des Grundbuchs auf Verwaltungsbehörden zu übertragen.

Zur Ausschöpfung dieser Öffnungsklausel ist ein Landesgesetz erforderlich, das die Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde (in Hessen: Bodenmanagementbehörde) zur Führung der Grundbücher bestimmt.

Dies vorausgesetzt, werden gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 GBO - neu - die Vorschriften der Grundbuchordnung (GBO) als Regelungsort für das formelle Grundbuchrecht auch auf das Verfahren vor der nach Landesrecht bestimmten Stelle für anwendbar erklärt. Hierdurch wird sichergestellt, dass auch das bei anderen Stellen als den Amtsgerichten geführte Grundbuchverfahren sich nach den bewährten Regeln der Grundbuchordnung und der zu ihrer Ausführung ergangenen Grundbuchverfügung (GBV) vollzieht. Insbesondere bleibt gegen die Entscheidungen auch dieser Stellen der Beschwerdezug der §§ 71 ff. Grundbuchordnung vor den ordentlichen Gerichten bis hin zum Bundesgerichtshof erhalten.

Zu Nr. 2 (§§ 12c Abs. 2 Nr. 1, 44 Abs. 1 S. 2,3; 56 Abs. 2 S. 2 GBO):

Es handelt sich um notwendige Folgeänderungen zur Erweiterung der Legaldefinition des Grundbuchamts auf die nach Landesrecht bestimmten Stellen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 GBO.

Zu Nr. 3 (§ 12c Abs. 4 GBO):

Es handelt sich um eine notwendige Öffnungsklausel für die normative Ausgestaltung von Rechtsbehelfen gegen Entscheidungen der durch Landesrecht bestimmten Stellen, da das in § 12c Abs. 4 Satz 1 GBO vorgeschriebene gerichtsinterne Erinnerungsverfahren in diesen Fällen keine unmittelbare Anwendung finden kann.

Zu Nr. 4 (§ 13 Abs. 3 Satz 1 GBO):

Es handelt sich um eine notwendige Folgeänderung zur Erweiterung der Legaldefinition des Grundbuchamts auf die nach Landesrecht bestimmten Stellen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 GBO.

Zu Artikel 2 (Gerichtsverfassungsgesetz)

Nr. 1 dient der Klarstellung, dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auch für Rechtsstreitigkeiten beibehalten bleiben soll, die auf dem Verfahren der durch Landesrecht bestimmten Stelle beruhen.

Die Regelung der Nr. 2 sichert auch für die nach Landesrecht bestimmte Stelle gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 GBO (in Hessen: Bodenmanagementbehörde) die erforderliche Einrichtung von Geschäftsstellen und deren Besetzung mit Urkundsbeamten.

Zu Artikel 3 (Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit)

Da Grundbuchsachen bislang durch Reichsgesetz (GBO) den Gerichten übertragen sind, gelten die Verfahrensvorschriften der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch für das Grundbuchverfahren. Das Grundbuchverfahren soll sich auch nach Schaffung einer Öffnungsklausel zu § 1 GBO weiterhin nach der GBO richten. Da das FGG aber für ein Verfahren in Grundbuchsachen vor einer Behörde, selbst wenn diese bei der Justiz ressortiert, nicht unmittelbar gilt und auch ohne besondere gesetzliche Normierung auch nicht analog angewandt werden kann, muss § 1 FGG dahingehend geöffnet werden, dass die Verfahrensordnung in entsprechender Form auch für die Verfahren vor denjenigen Grundbuchämtern gilt, die nicht Gerichte sind. Dies wird durch die vorgeschlagene Öffnungsklausel erreicht. Soweit in einzelnen Bestimmungen des FGG auf "das Gericht" Bezug genommen wird (vgl. z.B. §§ 11,12 FGG), sind statt dessen die durch Landesrecht bestimmten Stellen zuständig.

Zu Artikel 4 (Rechtspflegergesetz)

Durch § 3 Nr. 1h Rechtspflegergesetz (RpflG) werden dem Rechtspfleger in vollem Umfange die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Richter wahrzunehmenden Geschäfte des Amtsgerichts in Grundbuchsachen übertragen. Da die Führung der Grundbuchsachen im Falle der Ausschöpfung der Öffnungsklausel in § 1 Abs. 1 Satz 1 Grundbuchordnung künftig kein vom Richter wahrzunehmendes Geschäft des Amtsgerichts ist, wird durch die hier vorgeschlagene Regelung sichergestellt, dass je nach Modellwahl entweder Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger auch für diesen Fall für die Bearbeitung der Grundbuchsachen zuständig sein können, jedoch auch andere Personen, die nach Landesrecht zu bestimmen sind. Damit wird sichergestellt, dass über den Kreis von Rechtspflegern hinaus andere Verwaltungsangestellte oder Beamte tätig werden können.

Zu Artikel 5 (Kostenordnung)

Zur Wahrung der Bundeseinheitlichkeit müssen die Regelungen der Kostenordnung über die Erhebung von Kosten (Gebühren und Auslagen) in Grundbuchsachen auch für ein Verfahren vor den Katasterämtern Anwendung finden. Da die Kostenordnung nur für Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt, muss ihr Anwendungsbereich auf den Fall der Aufgabenerledigung durch Behörden im Sinne von § 1 GBO n.F. erstreckt werden.

Zu Artikel 6 (Inkrafttreten)

Das Gesetz soll am Tage nach seiner Verkündung in Kraft treten, um den Ländern, die von den Öffnungsklauseln Gebrauch machen wollen, die Möglichkeit zu deren unverzüglicher Umsetzung zu geben.