953. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2017
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Bemühungen der Kommission, zum Auftakt des Europäischen Semesters 2017 eine Debatte über die wirtschaftspolitischen und sozialpolitischen Prioritäten auf der Ebene der EU, des Euroraums und der Mitgliedstaaten anzustoßen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission Arbeitsplätze, Wachstum und soziale Fairness ins Zentrum ihrer Agenda gerückt hat und das zur Erreichung dieser Ziele vorgeschlagene Maßnahmenpaket auf ein "magisches Dreieck" der Wirtschaftspolitik konzentriert, das die Wiederbelebung der Investitionen mit weiteren Strukturreformen und einer verantwortungsvollen Fiskalpolitik kombinieren soll.
- 3. Eine erfolgreiche Steuerung der Währungsunion mit dem Ziel der Wahrung von Preisstabilität, hoher Beschäftigung und Finanzstabilität bedarf einer angemessenen Koordination von Geld- und Fiskalpolitik. Während dabei die Europäische Zentralbank das Mandat für die Festlegung der Geldpolitik hat, befindet sich die Verantwortung für die Fiskalpolitik gemäß den europäischen Verträgen in den Händen der EU-Mitgliedstaaten, die sich hierzu im Rahmen der Eurogruppe zwischenstaatlich koordinieren.
- 4. Deutschland sollte dieser Verantwortung gerecht werden, indem es seinen fiskalischen Spielraum ökonomisch sinnvoll einsetzt.
- 5. Der Bundesrat ist allerdings der Auffassung, dass es nicht Aufgabe der Kommission ist, an Mitgliedstaaten Empfehlungen für höhere Staatsausgaben auszusprechen. Die Fiskalpolitik wird - wie bereits dargelegt - auf nationaler Ebene verantwortet, unter Berücksichtigung der Verschuldungs- und Einnahmesituation der jeweiligen staatlichen Ebenen und der konjunkturellen Lage. In Deutschland kommen als weitere zu beachtende Rahmenbedingungen die verfassungsmäßig verankerte nationale Schuldenregel und die in den Ländern geltenden Schuldenbremsen hinzu.
- 6. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass zur langfristigen Erhöhung des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzials die Investitionsquoten der öffentlichen Haushalte erhöht werden sollten, ohne dabei die Tragfähigkeit der deutschen Staatsschulden zu gefährden. Ziel ist, eine nachhaltige Fiskalpolitik durch Verbindung von Konsolidierung und Wachstum zu verfolgen.
- 7. Der Bundesrat gibt zu bedenken, dass mit einer fiskalischen Expansion nur eine europäische Wachstumsschwäche bekämpft werden kann, die auf mangelnde Nachfrage, insbesondere mangelnde (staatliche) Investitionsnachfrage, zurückzuführen ist. Wenn und soweit die Wachstumsschwäche auf strukturellen Ursachen beruht, sind weitere andere Instrumente und Reformen notwendig.
- 8. Der Bundesrat weist weiter darauf hin, dass es Aufgabe der Kommission ist, die Einhaltung der gemeinsamen Regeln gemäß dem Stabilitäts- und Wachstumspakt bei der Aufstellung der nationalen Haushalte zu überwachen und erforderlichenfalls durchzusetzen.
- 9. Der Bundesrat hält es für erforderlich, dass die Kommission ihrer Aufgabe, die Mitgliedstaaten zur Einhaltung der Stabilitätsregeln anzuhalten, nachdrücklicher nachkommt.