Der Bundesrat hat in seiner 933. Sitzung am 8. Mai 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat ist der Auffassung, dass den besonderen Belastungen von Alleinerziehenden angemessen Rechnung getragen werden und eine spürbare Entlastung von Alleinerziehenden erfolgen muss. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende um 600 Euro auf 1.908 Euro anzuheben. Der Entlastungsbetrag soll nach der Kinderzahl gestaffelt und für jedes weitere Kind um jeweils 240 Euro angehoben werden.
Begründung:
Mit der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen "Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland" wurde erstmals die Wirkungsweise und Effizienz zentraler familienpolitischer Instrumente systematisch und umfassend evaluiert. In der Begründung des vorliegenden Gesetzentwurfs wird nicht dargelegt, dass die Ergebnisse der Gesamtevaluation berücksichtigt wurden.
Die Gesamtevaluation hat insbesondere gezeigt, dass Leistungen, die passgenau auf Familien in bestimmten Lebenslagen zugeschnitten sind, diese Familien wirkungsvoll unterstützen können. Hier sind besonders diejenigen Leistungen in den Blick zu nehmen, die speziell Alleinerziehenden zu Gute kommen. Das gebietet einerseits die hohe Armutsgefährdung dieser Gruppe; eine Vielzahl an Untersuchungen weist darauf hin, dass Alleinerziehende zu den am stärksten von Armut bedrohten oder betroffenen Gruppen zählen.
Andererseits ist zu berücksichtigen, dass Alleinerziehende von der Erhöhung des Kinderzuschlags und des Kindergeldes nicht in gleichem Maße profitieren wie andere Familien: Der Kinderzuschlag erreicht Alleinerziehende in der Regel nicht, da Unterhalt und Unterhaltsvorschuss auf diese Leistung angerechnet werden. Alleinerziehende, deren Kinder Unterhaltsvorschuss beziehen, profitieren nicht einmal von der Erhöhung des Kindergeldes, da dieses in vollem Umfang auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird. Hinzu kommt, dass erwerbstätige Alleinerziehende in vielen Fällen hohe Kinderbetreuungskosten zu tragen haben.
Der Bundesrat erkennt die besondere zeitliche, berufliche und emotionale Alltagsbelastung von Ein-Eltern-Familien an. Vor diesem Hintergrund sieht der Bundesrat eine spürbare Entlastung von Alleinerziehenden als notwendig an. Der vorliegende Gesetzentwurf soll entsprechend ergänzt werden.
Der Bundesrat spricht sich dafür aus, den seit dem Jahr 2004 unveränderten Entlastungsbetrag für Alleinerziehende um 600 Euro auf dann 1.908 Euro zu erhöhen. Der Bundesrat spricht sich zudem dafür aus, dass die Entlastung von Alleinerziehenden mit einer Neuregelung gekoppelt wird, die die Entlastung von Alleinerziehenden nach der Kinderzahl staffelt. Konkret soll der Entlastungsbetrag für jedes weitere Kind um jeweils 240 Euro angehoben werden.
2. Zur Entlastung Alleinerziehender
- a) Mit der von der Bundesregierung in Auftrag gegebenen "Gesamtevaluation der ehe- und familienbezogenen Maßnahmen und Leistungen in Deutschland" wurde erstmals die Wirkungsweise und Effizienz zentraler familienpolitischer Instrumente systematisch und umfassend evaluiert. Die Ergebnisse dieser Gesamtevaluation bieten wichtige Anhaltspunkte für die Weiterentwicklung familienbezogener Maßnahmen und Leistungen. Der Bundesrat begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf vor diesem Hintergrund als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Dies gilt insbesondere insofern, als der Gesetzentwurf eine Anhebung des Kinderzuschlags vorsieht. Auf diese Weise profitieren nicht nur diejenigen Familien, die bereits jetzt den Kinderzuschlag erhalten, sondern auch weitere Familien, die durch die Anhebung vom Bezug von SGB II-Leistungen in den Kreis der Kinderzuschlagsberechtigten wechseln können.
Weitere naheliegende Konsequenzen aus der Gesamtevaluation zieht der Gesetzentwurf in seiner derzeitigen Fassung leider nicht: Die Gesamtevaluation hat gezeigt, dass Leistungen, die passgenau auf Familien in bestimmten Lebenslagen zugeschnitten sind, diese Familien mit relativ geringem Mitteleinsatz sehr wirkungsvoll unterstützen. Aus Sicht des Bundesrates sind hier besonders diejenigen Leistungen in den Blick zu nehmen, die speziell Alleinerziehenden zu Gute kommen. Das gebietet einerseits die hohe Armutsgefährdung dieser Gruppe und andererseits der Umstand, dass Alleinerziehende von der Erhöhung des Kinderzuschlags und des Kindergeldes, die dieser Gesetzentwurf vorsieht, nicht in gleichem Maße profitieren wie andere Familien. Der Kinderzuschlag erreicht Alleinerziehende in der Regel nicht, da Unterhalt und Unterhaltsvorschuss hierauf angerechnet werden. Alleinerziehende, deren Kinder Unterhaltsvorschuss beziehen, profitieren nicht einmal von der Erhöhung des Kindergeldes, da dieses in vollem Umfang auf den Unterhaltsvorschuss angerechnet wird.
- b) Die im Gesetzentwurf vorgesehene Erhöhung des Kinderzuschlags sollte im Gleichklang mit der zu erwartenden Erhöhung der SGB II-Regelsätze zum 1. Januar 2016 erfolgen.
- c) Darüber hinaus bittet der Bundesrat die Bundesregierung um die zeitnahe Prüfung folgender weiterer Anpassungen, die aus Sicht des Bundesrates weitere wichtige Elemente zur Fortentwicklung der Familienleistungen darstellen:
- aa) Über die vorgesehene Anhebung des Kinderzuschlags hinaus sollte die Höchst-Einkommensgrenze zur Stärkung der Erwerbsanreize und Öffnung für weitere Kreise von Ein- und Zweielternfamilien des unteren Einkommensbereichs aufgehoben werden.
- bb) Um den Kinderzuschlag für Alleinerziehende besser nutzbar zu machen, sollte die Anrechnung von Unterhalt und Unterhaltsvorschuss beim Kinderzuschlag geändert werden.
- cc) Ein Mehrbedarfszuschlag für Alleinerziehende (ähnlich dem Mehrbedarfszuschlag im SGB II) sollte beim Kinderzuschlag eingeführt werden.
3. Zu Artikel 1 Nummer 2a - neu - (§ 33a Absatz 1 Satz 1 EStG) Artikel 2 Nummer 2a - neu - (§ 33a Absatz 1 Satz 1 EStG)
- a) In Artikel 1 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 2a einzufügen:
"2a. In § 33a Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe "8 354 Euro" durch die Angabe "8 472 Euro" ersetzt."
- b) In Artikel 2 ist nach Nummer 2 folgende Nummer 2a einzufügen:
"2a. In § 33a Absatz 1 Satz 1 wird die Angabe "8 472 Euro" durch die Angabe "8 652 Euro" ersetzt."
Begründung:
Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Kammerbeschluss vom 13.12.1996 - 1 BvR 1474/88) sind zwangsläufige Unterhaltsverpflichtungen mindestens in Höhe des Existenzminimums von der Besteuerung auszunehmen. Die mit dem vorliegenden Gesetzentwurf einhergehende Anpassung des steuerlichen Grundfreibetrags an die Ergebnisse des 10. Existenzminimumberichts sind daher phasengleich auf den in § 33a Absatz 1 Satz 1 EStG geregelten Abzug zwangsläufiger Unterhaltsleistungen zu übernehmen.
4. Zu Artikel 7a - neu - (§ 1 FAG)
- a) In der Inhaltsübersicht ist nach der Angabe zu Artikel 7 folgende Angabe einzufügen:
"Artikel 7a
Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern" - b) Nach Artikel 7 ist folgender Artikel 7a einzufügen:
"Artikel 7a
Änderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern
Das Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern (Finanzausgleichsgesetz) vom 20.12.2001 (BGBl. I S. 3956), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2411) wird wie folgt geändert:
Nach § 1 Satz 11 werden folgende Sätze eingefügt:
"Zum Ausgleich der Kindergelderhöhung zum 1. Januar 2015 verringern sich die in Satz 5 genannten Beträge ab dem Jahr 2015 um weitere 258 300 000 Euro. Der in Satz 6 genannte Anteil wird ab dem Jahr 2015 um weitere 258 300 000 Euro erhöht. Zum Ausgleich der Kindergelderhöhung zum 1. Januar 2016 verringern sich die in Satz 5 genannten Beträge ab dem Jahr 2016 um weitere 129 150 000 Euro. Der in Satz 6 genannte Anteil wird ab dem Jahr 2016 um weitere 129 150 000 Euro erhöht.""
Begründung:
Durch die Neuregelung des Familienleistungsausgleichs ab 1996 ist die Lastentragung im bisherigen Verhältnis fortgeschrieben worden. Danach tragen der Bund 74 v.H., die Länder und Kommunen 26 v.H. der Aufwendungen (vgl. Art. 106 Abs. 3 Satz 5 GG, § 1 Satz 7 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern - FAG). Infolge der Einbindung der Leistungen in das Einkommensteuerrecht ergeben sich jedoch davon abweichende Belastungsanteile des Bundes von 42,5 v.H. und der Länderebene (inklusive Kommunen) mit 57,5 v.H. Es ist daher eine Regelung erforderlich, die sicherstellt, dass bezogen auf die Leistungsverbesserungen ab dem 01.01.2015 und dem 01.01.2016 die Lastenteilung von 74 v.H. zu 26 v.H. erreicht wird. Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung ergeben sich 2015 aus der Kindergelderhöhung um 48 Euro je Kind Steuermindereinnahmen in Höhe von 820 Mio. Euro und ab dem Jahr 2016 aus der weiteren Kindergelderhöhung um 24 Euro je Kind weitere Steuerausfälle in Höhe von 420 Mio. Euro pro Jahr. In Bezug auf diese zwei Erhöhungen ergeben sich Ausgleichsansprüche der Länder im Jahr 2015 Höhe von 258,3 Mio. Euro und ab 2016 kumulativ in Höhe von 387,45 Mio. Euro.