Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz Mainz, den 22. März 2011
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
mit großer Sorge habe ich in der Presse die Diskussion um das sich abzeichnende Milliardendefizit der Bundesagentur für Arbeit verfolgt.
Das Land Rheinland-Pfalz möchte daher zur Handlungsfähigkeit und zur finanziellen Situation der Bundesagentur für Arbeit die anliegenden Fragen an die Bundesregierung stellen.
Namens der Landesregierung bitte ich Sie, diese Fragen gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates an die Bundesregierung weiterzuleiten und auf die Tagesordnung der 882. Sitzung des Bundesrates am 15. April 2011 zu setzen.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck
Fragen an die Bundesregierung zur Handlungsfähigkeit und zur finanziellen Situation der Bundesagentur für Arbeit
Im Zuge der Beitragssatzsenkung für die Arbeitslosenversicherung zum Jahreswechsel 2006/2007 hat die Bundesagentur für Arbeit zum teilweisen Ausgleich für die entfallenden Einnahmen aus Beiträgen einen Mehrwertsteuerpunkt für ihren Haushalt bekommen, der derzeit mehr als acht Milliarden Euro ausmacht und eine wichtige Finanzierungsquelle für die Arbeitslosenversicherung ist.
Die Bundesregierung hat bei den Verhandlungen des Vermittlungsausschusses über das Hartz-IV-Paket erklärt, dass sie der BA einen halben Mehrwertsteuerpunkt schrittweise zum Jahr 2014 nehmen will. Dadurch entstehen Mindereinnahmen für die Bundesagentur bis zum Jahr 2015 von voraussichtlich mehr als 12 Milliarden Euro. Da die Finanzen der Bundesagentur nach ihren eigenen Angaben strukturell defizitär sind, wird sich die Situation dadurch weiter verschärfen. Der Darlehenstand der Bundesagentur gegenüber dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird sich auf absehbare Zeit erhöhen. Es muss derzeit damit gerechnet werden, dass der Darlehenstand Ende 2015 auf cirka 9 Milliarden ansteigen wird.
In den Verhandlungen des Vermittlungsausschusses zum Hartz-IV-Kompromiss hat die Bundesregierung zugesichert, dass die Reduzierung der Einnahmen der Bundesagentur durch die Rückführung des halben Mehrwertsteuerpunktes nicht zu einer Beitragserhöhung bei der Arbeitslosenversicherung und nicht zu Leistungskürzungen in der Arbeitsmarktpolitik führen werde. Zwischenzeitlich gibt es jedoch Meldungen, dass die Bundesagentur für Arbeit Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen für notwendig hält, um ihren Haushalt auszugleichen. Vor diesem Hintergrund stellt die rheinlandpfälzische Landesregierung folgende Fragen:
- 1. Wie will die Bundesregierung dem sich abzeichnenden Defizit von 5 Mrd. Euro in diesem Jahr bei der Bundesagentur für Arbeit ohne Beitragserhöhung und bei Erhalt der Qualität und Quantität der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen begegnen"
- 2. Was will die Bundesregierung - nach dem Entzug des halben Mehrwertsteuerpunktes - gegen die strukturelle Unterfinanzierung der Bundesagentur unternehmen, ohne dass es zu Beitragssatzsteigerungen oder Leistungskürzungen bei der Arbeitslosenversicherung kommt"
- 3. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um die Bundesagentur für Arbeit auch künftig handlungsfähig zu erhalten und in der jetzigen guten Arbeitsmarktsituation in die Lage zu versetzen, Rücklagen aufzubauen, damit die Bundesagentur für Arbeit auch möglichen künftigen Wirtschaftskrisen effektiv begegnen kann"