904. Sitzung des Bundesrates am 14. Dezember 2012
A
- 1. Der federführende Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, dem Gesetz gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
- 2. Der Finanzausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, im Rahmen der nächsten Änderung des Geldwäschegesetzes (GwG) die Zuständigkeit der Länder für die Aufsichtsbehörden im Nichtfinanzsektor für Verpflichtete nach § 2 Absatz 1 Nummer 3, 5, 9, 10 und 13 GwG aus Gründen eines bundeseinheitlichen Vollzugs und einer effektiven Aufsichtswahrnehmung in eine zentrale Aufgabenwahrnehmung durch den Bund zu überführen.
Begründung:
Der Prüfbitte des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf (BR-Drucksache 459/12(B) ) ist die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung vom 26. September 2012 umgehend nachgekommen. Der Bundesrat bedauert die Ablehnung, ist aber auch der Auffassung, dass die Begründung der Bundesregierung hinsichtlich der Aspekte Effizienz und Zweckmäßigkeit nicht zielführend ist. In Anerkennung der Bedeutung des vorliegenden Gesetzentwurfes für Verbesserungen der Geldwäscheprävention im Glücksspielmarkt beabsichtigt der Bundesrat zur Vermeidung von Verzögerungen keine Anrufung des Vermittlungsausschusses.
Unverändert hält der Bundesrat im Bereich der Geldwäscheaufsicht jedoch eine zentrale Aufgabenwahrnehmung durch den Bund sowohl aus Gründen der Effizienz als auch aus fachlichen Gründen für angezeigt.
Der Vollzug des Geldwäschegesetzes erfordert angesichts europäischer und internationaler Vorgaben eine möglichst einheitliche und effektive Vorgehensweise. Da die Länder die zuständigen Aufsichtsbehörden zu bestimmen hatten, wurden die Zuständigkeiten unterschiedlich geregelt und teils auf ministerieller Ebene, teils bei Mittelinstanzen und teils bei örtlichen Ordnungsbehörden verortet.
Nicht nur die Aufsicht über heutzutage oft länderübergreifend agierende Verpflichtete macht einen erheblichen Abstimmungs- und Koordinierungsaufwand erforderlich. Die vom Bund deshalb folgerichtig nachdrücklich eingeforderten regelmäßigen bundesweiten Abstimmungen aller Länder, die einen einheitlichen Vollzug gewährleisten sollen, bedeuten bürokratischen Mehraufwand, der wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist. Auch führt die föderale Zuständigkeitsverteilung zu einer unnötigen Vervielfachung des geldwäschespezifisch zu etablierenden Fachwissens und der vorzuhaltenden Personalressourcen in allen Ländern.
Dagegen verfügt der Bund mit Zoll und BaFin über bereits etablierte und länderübergreifend tätige Aufsichtsinfrastruktur.
Die Bundesrepublik Deutschland muss umfassende Rechtssicherheit als elementaren Standortvorteil im globalen Wettbewerb gewähren.
Aus fachlicher Sicht bietet die derzeitige Rechtslage keine klare branchenbezogene Zuständigkeitsverteilung. Vielmehr bestehen Zuständigkeitsüberschneidungen, Abgrenzungsprobleme und faktische Doppelbeaufsichtigungen.
Als Beispiele für die derzeit kaum nachvollziehbare Zuständigkeitsverteilung sind die Finanzunternehmen und Versicherungsvermittler anzuführen:
Während der größte Teil der Finanzbranche zentral von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigt wird, sind "Finanzunternehmen" nach § 1 Absatz 3 des Kreditwesengesetzes von den Ländern zu beaufsichtigen. Die Unterscheidung zwischen Kreditinstituten, Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen mag für die Zwecke des Kreditwesengesetzes sinnvoll sein. Im Hinblick auf die Geldwäscheaufsicht führt sie dagegen zu Abgrenzungsproblemen und teils kaum vermittelbaren Ergebnissen. So überwacht die BaFin zentral die Einhaltung der Geldwäschevorschriften in Leasingunternehmen. Für die zu den einzelnen
Leasingunternehmen gehörenden Leasingobjektgesellschaften sind jedoch wiederum die Länder zuständig.
Versicherungsunternehmen unterstehen auch der Geldwäscheaufsicht der BaFin, ungebundene Versicherungsvermittler wiederum der Geldwäscheaufsicht der Länder. Diese Aufteilung berücksichtigt nicht, dass alle Versicherungsvermittler - auch diejenigen, die als freie Versicherungsmakler tätig sind - eng an die Versicherungsunternehmen gebunden sind. Sie erhalten konkrete Vorgaben im Hinblick auf die Umsetzung des Geldwäschegesetzes.
Versicherungsvermittler werden faktisch "doppelt" beaufsichtigt, nämlich zum einen mittelbar durch die BaFin über die Versicherungsunternehmen und zum anderen unmittelbar durch die Länder. Für die betroffenen Wirtschaftsakteure sind die vom GwG vorgenommenen Unterscheidungen kaum nachvollziehbar und deshalb auch nicht geeignet, die Akzeptanz der Geldwäscheprävention im Nichtfinanzsektor zu fördern.
Um die erforderliche Einheitlichkeit, Effektivität und Effizienz der Geldwäscheaufsicht über die Verpflichteten nach § 2 Absatz 1 Nummer 3, 5, 9, 10 und 13 GwG sicherzustellen und Vollzugsdefizite gar nicht erst entstehen zu lassen, drängt sich deshalb in letzter Konsequenz geradezu auf, dass der Bund auch die Geldwäscheaufsicht im Nichtfinanzsektor für diese Gruppen wieder übernimmt.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die vorgesehene Zuständigkeit der Länder für die geldwäscherechtliche Aufsichtstätigkeit im Bereich des Online-Glücksspiels aus Gründen eines bundeseinheitlichen Vollzugs und einer effektiven Aufsichtswahrnehmung in eine zentrale Aufgabenwahrnehmung durch den Bund zu überführen.
Begründung:
Eine zentrale Aufgabenwahrnehmung der geldwäscherechtlichen Aufsichtstätigkeit im Bereich des Online-Glücksspiels ist die einzig wirklich sinnvolle Möglichkeit einer einheitlichen, konsequenten, kontinuierlichen und effektiven Aufsicht.
Anders als im Bereich des Nichtfinanzsektors handelt es sich beim Online - Glücksspiel um Anbieter, die global agieren und deren Sitz sich nicht zwangsläufig in Deutschland befindet.
Dies macht eine Wahrnehmung der Aufsichtstätigkeit vor Ort nicht mehr zwingend notwendig, sondern erfordert vielmehr eine einheitliche, kontinuierliche und konsequente Wahrnehmung dieser Aufgabe durch eine bundeseinheitliche Stelle, die insbesondere auch mit den Verpflichteten im Finanzsektor korrespondierend zusammen arbeiten.
Anbieter als auch Nutzer von Online- Glücksspielen bringen völlig neue Voraussetzungen mit.
Ein globales Angebot, das zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung steht, wird durch eine Geschäftsbeziehung begründet, die eine physische Anwesenheit der Vertragspartner nicht vorsieht. Sowohl das Geschäft selber als auch die Zahlungsabwicklung erfolgen ausschließlich über das Medium Internet.
Auch wenn die vorgesehenen Vorschriften zur Identifizierung und Authentifizierung geeignet sind, die Anonymität des Nutzers von Online-Glücksspielen einzuschränken, sieht die Richtlinie 2005/60/EG jeden Fall, in dem der Kunde zur Feststellung der Identität nicht physisch präsent ist, als Fallkonstellation mit hohem Geldwäscherisiko an. Dies ist im Internetbereich der Fall.
Schätzungen der OECD nach werden in Deutschland bis zu 57 Milliarden Euro kriminelle Gelder gewaschen. Durch die Begründung anonymisierter Geschäftsbeziehung im Internet kommt es insoweit zu Erleichterungen.
Nachlässigkeit in Belangen der Geldwäscheprävention und Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung bedeuten unter anderem eine Verletzung von international eingegangenen Verpflichtungen und sind daher kaum zu rechtfertigen.
Um die erforderliche Einheitlichkeit und Effektivität der Geldwäscheaufsicht im Bereich des Online-Glücksspiels sicherzustellen, ist eine Aufgabenübertragung auf den Bund vorzunehmen.
Dies würde zudem den Stellenwert, den Deutschland dieser Aufgabe einräumt, positiv dokumentieren.