Antrag des Landes Hessen
Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung

Punkt 12 der 943. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2016

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren dafür Sorge zu tragen, dass nunmehr dringlich eine Klarstellung hinsichtlich der Gewährung von Sozialleistungen (SGB II und SGB XII) bei Zuwanderung aus EU-Mitgliedstaaten erfolgt, um der jüngsten EuGH-Rechtsprechung zu diesem Thema Rechnung zu tragen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine gesetzliche Klarstellung notwendig ist, um sowohl Rechtssicherheit zu schaffen als auch die Kommunen vor weiteren finanziellen Belastungen zu schützen.

Begründung:

Wie der EuGH im Zusammenhang der so genannten Alimanovic-Entscheidung (C-67/14) festgestellt hat, darf der Aufnahmemitgliedstaat einem Unionsbürger jegliche Sozialhilfeleistung verweigern, wenn er im Aufnahmemitgliedstaat noch nicht gearbeitet hat bzw. nach unfreiwilligem Verlust eines Arbeitsplatzes, den er weniger als ein Jahr innehatte, sechs Monate arbeitslos war. Das Bundessozialgericht (BSG) hat seit Dezember 2015 in neun Entscheidungen zu den Leistungsausschlüssen von Unionsbürgern nach dem SGB II und SGB XII Stellung genommen. Inhaltlich geht es in allen Verfahren um Leistungsansprüche nach dem SGB II und SGB XII von Personen, die wirtschaftlich inaktiv sind. Das BSG hat entschieden, dass der Ausschluss arbeitsuchender Unionsbürger von SGB II-Leistungen auch für diejenigen Unionsbürger greift, die über kein Aufenthaltsrecht nach dem Freizügigkeitsgesetz oder dem Aufenthaltsgesetz verfügen. Allerdings seien Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII zu erbringen. Hier geht es um die grundlegende Abgrenzung der beiden Regelsysteme von SGB II und SGB XII: Das BSG räumt erwerbsfähigen Menschen Leistungen des SGB XII ein, die somit nicht an die im SGB II vorgesehenen Mechanismen zur Eingliederung in Arbeit gebunden sind.

Das Ergebnis ist auch aus der Sicht der Kostenträgerschaft unbefriedigend. Die Hilfeleistungen nach dem Dritten Kapitel SGB XII werden von den Kommunen getragen. Eine Erstattung des Bundes für diese Leistungen findet - im Gegensatz zum SGB II oder der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel SGB XII - nicht statt. Aus sozialhilferechtlicher Sicht gilt es, eine Klarstellung herbeizuführen, damit das dem deutschen Sozialleistungssystem immanente Abgrenzungsmerkmal der "Erwerbsfähigkeit" weiter zum Tragen kommt.