Antrag des Landes Schleswig-Holstein
Entschließung des Bundesrates zur Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden sowie Referenden auf Bundesebene

Der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein Kiel, den 27. November 2012

An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Winfried Kretschmann

Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung Schleswig-Holstein hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden sowie Referenden auf Bundesebene mit dem Antrag zuzuleiten, dass der Bundesrat diese fassen möge.

Ich bitte Sie, die Entschließung den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.

Mit freundlichen Grüßen
Torsten Albig

Entschließung des Bundesrates zur Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden sowie Referenden auf Bundesebene

Der Bundesrat möge beschließen:

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, einen Entwurf für ein Gesetz in den Deutschen Bundestag einzubringen, durch welches auf der Ebene des Bundes Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide sowie Referenden in das Grundgesetz eingeführt und nähere einfachgesetzliche Ausführungs- und Verfahrensbestimmungen geregelt werden.

Begründung:

Seit vielen Jahren sind Bestrebungen vorhanden, über das bewährte repräsentativdemokratische Verfassungsprinzip der Bundesrepublik Deutschland hinaus direktdemokratische Elemente auch auf Bundesebene einzuführen. So hatte sich der Deutsche Bundestag bereits im Jahr 1994 aufgrund intensiver Erörterungen in der Gemeinsamen Verfassungskommission des Deutschen Bundestages und des Bundesrates mit einer Gesetzesinitiative zur Einführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden in das Grundgesetz befasst. Eine diesbezügliche überparteiliche Aufgeschlossenheit belegen weitere nachfolgende Gesetzentwürfe von verschiedenen Fraktionen des Bundestages, mit denen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide in das Grundgesetz aufgenommen werden sollen. Auch der Koalitionsvertrag zwischen den politischen Parteien CDU, CSU und SPD in der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestages enthielt bereits eine Vereinbarung, die Einführung von Elementen der direkten Demokratie prüfen zu wollen. Bisher kam jedoch die erforderliche verfassungsändernde Zwei-Drittel-Mehrheit nicht zustande.

Die Einführung von direktdemokratischen Elementen in Ergänzung des bewährten repräsentativdemokratischen Verfassungsprinzips der Bundesrepublik Deutschland ist eine Bereicherung der vorhandenen politischen Kultur. Sie kann dazu dienen, die vielerorts wahrzunehmende und in abnehmenden Wahlbeteiligungen - auch bei Bundestagswahlen - zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit gegenüber der Politik aufzubrechen und die Bürgerinnen und Bürger zu motivieren, nicht nur im Einzelfall politische Einflussmöglichkeiten wahrzunehmen.

Auch die Diskussion auf europäischer Ebene belegt, dass direkte und parlamentarische Demokratie keine Gegensätze sind. Auf der Grundlage des Vertrages von Lissabon können nach Umsetzung der in der EU-Verordnung vereinbarten Vorgaben durch das am 15. Dezember 2011 vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz über die Umsetzung der Europäischen Bürgerinitiative bereits seit dem 1. April 2012 auch Europäische Bürgerinitiativen (EBI) durchgeführt werden.

Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide sowie Referenden können einen Beitrag zur Stärkung der nicht zur Disposition stehenden repräsentativen Demokratie leisten und sind im Sinne eines gesamtstaatlichen Ansatzes auch auf Bundesebene wünschenswert.