Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik (AS), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Finanzausschuss (Fz), der Ausschuss für Kulturfragen (K), der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (U) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat nimmt die Mitteilung der Kommission zur Europa-2020-Strategie zur Kenntnis. Er verweist auf die Stellungnahme der deutschen Länder zum vorangegangenen Konsultationsdokument der Kommission, das die Ministerpräsidenten der Länder dem Kommissionspräsidenten am 15. Januar 2010 zugeleitet haben.
- 2. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass sich Europa den in der Mitteilung genannten strukturellen Herausforderungen - unter Berücksichtigung der Unterschiede innerhalb der europäischen Volkswirtschaften - in einer gemeinsamen Anstrengung stellen muss, damit ein nachhaltiger Aufschwung gelingt und die EU ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit behauptet und gezielt ausbaut. Hierzu bedarf es einer klaren Prioritätensetzung und einer konsequent auf Wachstum und Beschäftigung ausgerichteten Politik. Nur durch die zielorientierte Ausgestaltung und Beachtung der hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen kann das Innovations- und Wachstumspotenzial Europas wirkungsvoll ausgeschöpft werden.
Begründung (nur gegenüber der Europakammer):
Die Kommission bezeichnet in ihrer Mitteilung Wachstumsrückstände gegenüber anderen Wirtschaftsräumen, eine unbefriedigende Beschäftigungsquote und die demografische Entwicklung als Hinweise für die strukturelle Schwäche der europäischen Volkswirtschaften im Vergleich zu den anderen maßgebenden Teilnehmern im internationalen Wettbewerb. Unter Berücksichtigung einer unterschiedlichen Ausprägung dieser Faktoren in den Mitgliedstaaten bietet dieser kritische Ansatz die geeignete Grundlage für eine realistische Wachstumsstrategie für Europa. Damit hebt sich die Mitteilung positiv von der Lissabon-Strategie ab, die die in sie gesetzten Erwartungen nicht wirksam erfüllen konnte. Will man hieraus lernen, muss ein gemeinsamer Wille auf allen Ebenen der EU (Mitgliedstaaten, Länder und Regionen) entwickelt werden, der Bekämpfung dieser Schwächen tatsächlich - auch im Konflikt mit anderen Politikzielen - Priorität einzuräumen und im jeweiligen Verantwortungsbereich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Wachstum und Beschäftigungsaufbau zu ermöglichen.
- 3. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Regionen bedeutende Akteure bei der Realisierung der Strategie sind. Dies gilt insbesondere für die deutschen Länder, die in vielen Feldern der Strategie Kompetenzen für Gesetzgebung sowie Vollzug haben. Die Regionen müssen daher in die Vorbereitung und Umsetzung der Strategie "Europa 2020" intensiv einbezogen werden. Nicht akzeptabel ist daher aus Sicht des Bundesrates der enge Zeitplan, der eine Annahme der allgemeinen Ausrichtung und der Oberziele der Strategie bereits im Europäischen Rat am 25./26. März 2010 vorsieht und einer umfassenden Einbeziehung des Bundesrates und einer seriösen Befassung mit einer 10-Jahresstrategie entgegensteht.
- 4. Das Verfahren unterhöhlt zudem den Artikel 1 (auch i. V. m. Artikel 4 in entsprechender Weise) des Protokolls Nr. 1 (über die Rolle der nationalen Parlamente in der EU) zum Vertrag von Lissabon, wenn zwischen der vorgesehenen Direktzuleitung und der Entscheidung auf Ratsebene weniger als drei Wochen liegen.
- 5. Die von der Kommission eingeforderte verstärkte Identifizierung mit der Strategie wird begrüßt. Dies erfordert jedoch eine intensive öffentliche Diskussion, an deren Ende eine erhöhte Akzeptanz der Ziele und Maßnahmen stehen kann. Der Bundesrat fordert angesichts der zeitlichen Reichweite, die Europa-2020-Strategie frühestens auf dem Europäischen Rat im Juni 2010 zu beschließen.
- 6. Der Bundesrat sieht wie die Kommission nach wie vor den Bedarf an einer übergreifenden mehrjährigen EU-Strategie, die die grundlegenden Ziele enthält und die Politiken der EU und der Mitgliedstaaten miteinander verknüpft und somit einen europäischen Mehrwert erzeugt.
- 7. Der Bundesrat unterstützt die grundsätzliche Ausrichtung auf nachhaltiges Wachstum, Innovation und Beschäftigung und die verstärkte Einbeziehung der sozialen und ökologischen Dimension. Dies ist Ausdruck eines umfassenden ökonomischen Verständnisses, wonach wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Nachhaltigkeit und verstärkten sozialen Zusammenhalt erfordert. Die engere Verknüpfung von wirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Zielen ist eine Erfolgsvoraussetzung für die Strategie. Nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung sind und bleiben die zentralen Herausforderungen für die Zukunft Europas. Die Konzentration auf diese Oberziele muss daher beibehalten werden. [Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass damit nicht zu hohe Kosten für die Unternehmen entstehen, die die internationale Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigen.]
- 8.
- 9. Der Bundesrat betont angesichts der Kommissionsvorlage, dass eine längerfristig ausgerichtete EU-Strategie mehr ist als eine reine Strategie zur Bewältigung der aktuellen Wirtschafts- und Finanzkrise: Sie ist im Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft auf die strukturelle und nachhaltige Lösung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts auszurichten. Der Bundesrat sieht jenseits der kurzfristigen Stabilisierung der Wirtschaft und des Finanzmarkts primär den längerfristigen Bedarf an der Entwicklung nachhaltigen Wachstums, von Beschäftigung und sozialem Zusammenhalt.
- 10. Der Bundesrat stimmt dem Anliegen der Kommission zu, Forschung, Entwicklung und Innovation und die Weiterentwicklung des Europäischen Forschungsraums, die von der Kommission und den Mitgliedstaaten in einem partnerschaftlich ausgestalteten Prozess gemeinsam vorangetrieben wird, als wesentlichen Motor für wirtschaftliches Wachstum zu betrachten. Große gesellschaftliche Herausforderungen, wie die Alterung der Gesellschaft, Klimawandel und Energieversorgungssicherheit, machen eine systematisch ausgestaltete Zusammenarbeit in der Forschung erforderlich, um Wissen zu bündeln und die begrenzten öffentlichen Forschungsmittel in Europa effizient zu nutzen. Jedoch nicht alle Forschungsvorhaben erfordern ein europaweites Vorgehen. Nationale und regionale Programme sollten nur gebündelt werden, wenn ein nachvollziehbarer europäischer Mehrwert sichergestellt ist. Unterschiedliche Forschungsansätze der Mitgliedstaaten, die einen produktiven Wettbewerb der Forscher und Forscherinnen sichern, müssen bei aller Notwendigkeit der europaweiten Zusammenarbeit auch in Zukunft autonom gesteuert werden können (vgl. BR-Drucksache 521/08(B) ). Zudem muss sichergestellt sein, dass die Zusammenarbeit auch weiterhin unter der Prämisse der Freiwilligkeit und der variablen Geometrie steht. Die von der Kommission geforderte Anpassung nationaler Förderverfahren muss vor diesem Hintergrund kritisch und anhand des Einzelfalls betrachtet werden.
- 11. Die Kommission benennt fünf "EU-Kernziele", die mit quantifizierten Zielgrößen unterlegt werden. Durch ein an Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 AEUV angelehntes neues Koordinierungsverfahren erhalten diese Zielgrößen eine verbindlichere Bedeutung.
- 12. Der Bundesrat lehnt quantitative Ziele wie die von der Kommission vorgeschlagenen ab. Sie können allenfalls den Charakter unverbindlicher europäischer Durchschnittsbezugswerte haben, aus denen keine verbindlichen nationalen Ziele abgeleitet werden dürfen. Die vorgeschlagene Setzung verbindlicher nationaler Ziele greift in die Kompetenzordnung der Mitgliedstaaten ein und wird deshalb abgelehnt. (bei Annahme entfallen Ziffern 27 bis 29)
- 13. Die durch den Lissabon-Vertrag soeben eingeführte klarere Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten würde mit dem vorgesehenen Mechanismus von verbindlichen nationalen Zielen und der Überwachung durch die Kommission verwischt. (bei Annahme entfällt Ziffer 14)
- 14. Der vorgesehene Mechanismus von verbindlichen nationalen Zielen und der Überwachung durch die Kommission darf nicht in die durch den Lissabon-Vertrag soeben eingeführte klare Kompetenzverteilung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten eingreifen.
- 15. Das gilt insbesondere für auf Artikel 148 AEUV gestützte Leitlinien für die Beschäftigungspolitik. Die offene Methode der Koordinierung muss weiterhin ein Instrument des freiwilligen Voneinander-Lernens bleiben.
- 16. Der Bundesrat hält es für sinnvoll, durch Ranglisten in den Bereichen, in denen eine Regelungskompetenz der EU besteht, den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten im Ringen um die besten Reformansätze zu intensivieren. (bei Annahme entfällt Ziffer 17)
- 17. Der Bundesrat hält es für sinnvoll, durch Ranglisten in den Bereichen der Wirtschafts-, Beschäftigungs- und Sozialpolitik den Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten im Ringen um die besten Reformansätze zu intensivieren.
- 18. Der Bundesrat misst der Verbesserung des Bildungssystems und der Bildung zwar einen hohen Stellenwert bei, lehnt aber quantitative Zielvorgaben über die unverbindlichen europäischen Durchschnittsbezugswerte im Rahmen der europäischen Bildungskooperation hinaus, insbesondere quantitative spezifische Zielvorgaben für einzelne Mitgliedstaaten und die damit beabsichtigte Validierung der nationalen Ziele in einem Verfahren der gegenseitigen Abstimmung, ab (vgl. zuletzt BR-Drucksache 026/09(B) ). Die von der Kommission geforderte Setzung nationaler Ziele zum Anteil der Schulabbrecher und zur Quote der Hochschulabschlüsse weist der Bundesrat als nicht vertragskonform zurück. Sie widersprechen dem Kompetenzgefüge der Verträge und verletzen die Bildungshoheit der Mitgliedstaaten bzw. in Deutschland der Länder. Die im Vertrag sehr eng gefassten Gemeinschaftskompetenzen im Bildungsbereich dürfen nicht unzulässig ausgeweitet werden.
- 19. Die Verknüpfung von europäischen mit nationalen oder regionalen Programmen im Bereich Mobilität, Hochschule und Forschung wird nicht als geeignetes Instrument angesehen, den wettbewerblichen Ansatz zur Entwicklung von innovativen Instrumenten der Politikgestaltung zu befördern. Dies würde eine Erweiterung der offenen Methode der Koordinierung auf die Förderpolitiken bedeuten, die der Bundesrat grundsätzlich ablehnt.
- 20. Unbeschadet dieser generellen Ablehnung quantitativer nationaler Ziele fordert der Bundesrat die Kommission auf, die Auswahl der Indikatoren und die jeweiligen Zielgrößen nachvollziehbar zu machen. (bei Annahme entfällt Ziffer 21)
- 21. Der Bundesrat stellt unbeschadet der generellen Ablehnung quantitativer nationaler Ziele fest, dass die Auswahl der Indikatoren und die jeweiligen Zielgrößen nicht nachvollziehbar sind.
- 22. So ist etwa die Aussagekraft der Zahl der Hochschulabschlüsse sowohl im Hinblick auf die Wachstumsdynamik als auch vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher Bildungssysteme aus Sicht des Bundesrates zweifelhaft. Ein Benchmark zu einem tertiären Bildungsabschluss besitzt gerade für Deutschland mit seinem sehr differenzierten System der beruflichen Bildung keine Aussagekraft im Hinblick auf die Qualität des Bildungssystems und die Bildungsbeteiligung am tertiären Bereich.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass Deutschland einige berufliche Bildungsgänge auf sekundärer oder postsekundärer Ebene angesiedelt hat, während diese von den meisten anderen Mitgliedstaaten dem tertiären Bereich zugerechnet werden, und auch insoweit die europäischen Bildungs- und Ausbildungssysteme nicht miteinander vergleichbar sind.
- 23. Im Bereich Bildung sollte angestrebt werden, die wesentliche Ausrichtung des Arbeitsprogramms 2020 der EU-Bildungsminister in die künftige EU-Strategie zu übernehmen. Bei der Ausgestaltung dieser künftigen EU-Strategie ist zu gewährleisten, dass die Vielfalt der Bildungssysteme in Europa gewahrt bleibt und die im Vertrag sehr eng gefassten Gemeinschaftskompetenzen im Bildungsbereich nicht ausgeweitet werden.
- 24. Der Bundesrat stellt fest, dass die von der Kommission vorgeschlagenen Leitinitiativen, insbesondere "Jugend in Bewegung", eine Vielzahl neuer Initiativen, Programme und Instrumente umfassen, die einer sorgfältigen Prüfung und umfassender Diskussion bedürfen. Verfrühte Vorfestlegungen, etwa im Hinblick auf die neue Generation der Bildungsprogramme der EU, die weitreichende und langjährige Konsequenzen nach sich ziehen, lehnt der Bundesrat ab. So ist beispielsweise im Hinblick auf die von der Kommission beabsichtigte Integration der Mobilitäts-, Hochschul- und Forschungsprogramme der EU (wie Erasmus, Erasmus Mundus, Tempus und Marie Curie) unklar, wie sich diese Umstrukturierung auf andere Programme (wie Comenius oder Leonardo) auswirken soll. Auch Maßnahmen wie das von der Kommission geplante Benchmarking der Hochschulleistungen oder der angestrebte europäische Rahmen für Qualifikationen, Kompetenzen und Berufe entziehen sich mangels Angaben zum Konzept jeglicher Bewertung und können deshalb zum jetzigen Zeitpunkt auch nicht dem Grunde nach bereits beschlossen werden.
- 25. Im Rahmen der Leitinitiative "Eine Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten" sieht es die Kommission als ihre Aufgabe an, auf EU-Ebene den Erwerb und die Anerkennung der für Weiterbildungsmaßnahmen und den Arbeitsmarkt erforderlichen Kompetenzen in der allgemeinen, beruflichen, höheren und Erwachsenenbildung durchgehend zu gewährleisten. Vor diesem Hintergrund erinnert der Bundesrat daran, dass die Kommission im Bildungsbereich auch weiterhin nur die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördern sowie deren Tätigkeiten erforderlichenfalls unterstützen und ergänzen kann und dabei das Subsidiaritätsprinzip zu beachten hat.
- 26. Im Zusammenhang mit der Architektur für Europa 2020 sieht die Kommission vor, Länderberichte ohne Zustimmung des betroffenen Mitgliedstaats zu erstellen und an die Mitgliedstaaten politische Empfehlungen zu richten, die letztlich sogar zu Verwarnungen führen können. Im Hinblick auf die vertraglich festgelegten Kompetenzen geht der Bundesrat davon aus, dass diese Instrumente trotz des ansonsten umfassenden Ansatzes der Mitteilung nicht auf den Bildungsbereich Anwendung finden, und fordert insoweit eine unmissverständliche Klarstellung. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass eine etwaige Aufnahme der intendierten Zielsetzungen zur Schulabbrecherquote und zum tertiären Bildungsabschluss in die integrierten Leitlinien zu Wachstum und Beschäftigung nicht als Rechtfertigung für eine automatische Anwendung der Instrumente des Beschäftigungsbereichs auf Einzelaspekte des Bildungsbereichs angeführt werden kann, da dadurch die vertraglichen Bestimmungen missachtet würden.
- 27. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen in Europa zu schaffen, unterstützt der Bundesrat quantifizierbare Zielvorgaben für Klimaschutz und Energie, sofern sie nicht über die 2007 [bis 2009] vom Europäischen Rat beschlossenen Vorgaben hinausgehen. Damit ist auch eine Kohärenz der Europa-2020-Strategie mit der EU-Klima- und Energiepolitik gewährleistet. (entfällt bei Annahme von Ziffer 12)
- 28. Der Bundesrat begrüßt das von der Kommission vorgeschlagene Kernziel "Die 20-20-20-Klimaschutz-/Energieziele sollten erreicht werden (einschließlich einer Erhöhung des Emissionsreduktionsziels auf 30 Prozent, falls die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind)". (entfällt bei Annahme von Ziffer 12)
- 29. Der Bundesrat spricht sich für ein EU-weites quantitatives Durchschnittsziel von 3 Prozent im Bereich Forschung und Entwicklung aus. Dieses war bereits in der bisherigen Lissabon-Strategie angelegt.(entfällt bei Annahme von Ziffer 12)
- 30. Der Bundesrat unterstützt die Bündelung von zielbezogenen Maßnahmen in "Leitinitiativen", die die Strategie handlungsorientierter und transparenter werden lassen. Allerdings erschließt sich nicht, wie die konkrete Auswahl der sieben Leitinitiativen erfolgt ist. Zudem erscheint deren unterschiedliche Qualifizierung als "Union", "Agenda" oder "Plattform" wenig systematisch. Ferner finden sich losgelöst von den "Leitinitiativen" in Kapitel 3.1 (Ein Binnenmarkt für das 21. Jahrhundert) eine Reihe von weiteren Einzelmaßnahmen, deren Verhältnis zu den Leitinitiativen offen bleibt.
- 31. Der Bundesrat vermisst den Verweis auf die "soziale Agenda", nachdem hierzu umfangreiche Vorarbeiten in den Vorjahren erfolgt sind und die Kommission 2008 eine ehrgeizige Agenda definiert und vorgelegt hat.
- 32. Bei der Leitinitiative "Europäische Plattform zur Bekämpfung von Armut" lehnt der Bundesrat die vorgeschlagene Maßnahmenbreite und Durchdringungstiefe in die Verwaltung der Mitgliedstaaten ab. Sie widersprechen Artikel 153 Buchstabe j AEUV, der lediglich eine unterstützende und ergänzende Tätigkeit der EU vorsieht.
- 33. Der Bundesrat begrüßt die transparente Untergliederung der Maßnahmen innerhalb der Leitinitiativen in Maßnahmen der EU-Ebene und Maßnahmen der Mitgliedstaaten. Allerdings dürfen die Maßnahmen nicht der Logik folgen, dass spezifische Lasten einseitig auf die Mitgliedstaaten verteilt werden. So findet sich die Aufforderung zum Bürokratieabbau ausschließlich bei den Mitgliedstaaten.
- 34. Die vorgeschlagenen Leitinitiativen mit ihren konkreten Maßnahmen bedingen zum Teil erhebliche Folgekosten auf Ebene der Mitgliedstaaten. Wie diese mit dem zugleich festgestellten Konsolidierungsbedarf in Einklang zu bringen sind, wird in der Vorlage nicht explizit angesprochen. Der Bundesrat weist darauf hin, dass es nicht das Ziel von den eingeforderten Strukturreformen im Bereich der sozialen Sicherungssysteme sein kann, Reformmaßnahmen an anderer Stelle zu finanzieren. Die Maßnahmen dürfen nicht zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme erfolgen.
- 35. Der Bundesrat unterstützt das Bestreben zu einer effizienteren Koordinierung der strategiebezogenen Maßnahmen im Bereich der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik. Die von der Kommission vorgeschlagene "Architektur" der Strategie strebt allerdings nach einer Ausweitung der Koordinierungsmechanismen der (zentralen) Währungsunion auf den Bereich der (dezentralen) Wirtschaftspolitik an. Zudem sollen die konkreten Themenbereiche, die diesem Mechanismus unterliegen, offen sein und durch Beschluss des Europäischen Rates bestimmt werden. Insbesondere die Mechanismen der Artikel 121 und 148 AEUV sollen eine verstärkte Kontrolle und Verwarnungen ermöglichen.
- 36. Problematisch erscheint dem Bundesrat insbesondere der vorgesehene "thematische Ansatz", der über "Kernziele" Empfehlungen gemäß Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 AEUV ermöglichen soll. Selbst wenn die Bestimmung der Themen und Ziele durch Beschluss des Europäischen Rates erfolgt, ist nicht gewährleistet, dass es hier nicht zu erheblichen Eingriffen in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten und Länder kommt. Quantifizierte Zielvorgaben dürfen deshalb nur den Charakter von unverbindlichen Durchschnittsbezugswerten haben, müssen aber den Mitgliedstaaten die Auswahl und die Instrumente der Umsetzung in ihren nationalen Politiken überlassen.
- 37. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist einzuhalten, denn er sichert nicht nur eine stabile und vertrauenswürdige Währung, sondern ermöglicht auch niedrige Zinsen bei Preisniveaustabilität und schafft so die Voraussetzung für mehr Wachstum in Europa.
- 38. Die von der Kommission vorgeschlagene gleichzeitige Vorlage und Bewertung von Stabilitäts-/Konvergenzprogrammen zusammen mit den Reformprogrammen birgt nach Auffassung des Bundesrates die Gefahr einer inhaltlichen Vermengung von Stabilitäts- und Wachstumspakt mit der Europa-2020-Strategie trotz ihrer förmlichen Trennung. Eine Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspakts muss unbedingt vermieden werden.
- 39. Der Bundesrat weist auf den wichtigen Beitrag hin, den die europäische Strukturpolitik zur Umsetzung der Europa-2020-Strategie leisten kann. Die Kommission hat zu Recht für die Umsetzung der meisten Leitinitiativen auf den Beitrag der Strukturfonds hingewiesen. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Kohäsionspolitik und die Strukturfonds als entscheidende Katalysatoren für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in den Mitgliedstaaten und Regionen der EU ansieht.
- 40. Die Kohäsionspolitik spielt für Wachstum und Beschäftigung sowohl durch die Förderung der Regionen mit wirtschaftlichen Entwicklungsrückständen als auch durch die weitere Stärkung der Regionen im Rahmen des Ziels "Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" eine wichtige Rolle. Daher ist für die künftige Förderperiode ab 2014 hier ein wichtiger Schwerpunkt der EU-Strukturpolitik zu sehen. Für die Regionen mit Entwicklungsrückstand, die nach 2013 aus der Höchstförderung ausscheiden, müssen angesichts fortbestehender Schwächen angemessene und gerechte Übergangsregelungen gefunden werden. Gleichzeitig muss den regionalen Unterschieden innerhalb der Mitgliedstaaten auch künftig Rechnung getragen werden.
- 41. Dazu muss auch über 2013 hinaus der Einsatz der europäischen Strukturfonds in allen Regionen Europas erfolgen. Die Programmierung und Umsetzung der Strukturpolitik auf regionaler Ebene gewährleistet im besonderen Maße, dass Entwicklungsrückstände abgebaut, vorhandene Entwicklungs- und Innovationspotentiale erschlossen und lokale und regionale Akteure aktiviert und vernetzt werden können. Hierzu muss das System der geteilten Mittelverwaltung beibehalten werden.
- 42. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass die Strukturpolitik einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Strategie 2020 leisten kann und muss. Die vorgeschlagenen Leitinitiativen dürfen aber nicht zu einer Sektoralisierung der europäischen Strukturpolitik und Einengung der Möglichkeiten der Regionen führen. Die Strukturfonds müssen über die einzelnen Politikfelder und Themen hinweg auf regionaler Ebene zu einer integrierten Problemlösung fähig bleiben. Um die möglichen Synergieeffekte zu realisieren, ist es daher auch erforderlich, den Europäischen Sozialfonds im Rahmen der Kohäsionspolitik zu belassen.
- 43. Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich, dass die Kommission weiterhin dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und dem Europäischen Sozialfonds eine wichtige und dauerhafte Rolle zur Umsetzung der Strategie und zur Einbindung der Regionen zuweist.
- 44. Auch die von der Kommission erhobene Forderung nach einem mit entsprechenden Ressourcen ausgestatteten europäischen Forschungsraum darf nicht zu einer sektoral orientierten Zentralisierung der Förderpolitik in anderen Bereichen führen. Eine regional ausgerichtete Förderpolitik, wie sie in der Kohäsionspolitik angelegt ist, kann ergänzend zur europäischen Exzellenzförderung sicherstellen, dass eine europäische Innovationspolitik die nötige Breitenwirkung entfaltet, um die Europa-2020-Strategie zum Erfolg zu führen.
- 45. Der Bundesrat teilt nur insofern die Einschätzung der Kommission, dass sich die Mitgliedstaaten bei der Konsolidierung der öffentlichen [Finanzen] und {Haushalte} auf die Sachziele der Europa 2020-Strategie ausrichten müssen, als es sich dabei um eine globale Ausrichtung handelt. Die nationalen und regionalen Gesetzgeber brauchen weiterhin einen ausreichenden Spielraum zur Politikgestaltung und auch die Haushaltsautonomie muss in Zukunft gewahrt bleiben.
- 46. Gesunde öffentliche Finanzen sind die Grundlage zur Finanzierung der künftigen EU-Strategie. Deshalb muss auf nationaler wie auf europäischer Ebene dem Gebot der Haushaltsdisziplin Rechnung getragen werden.
- 47. Auf europäischer Ebene muss sich die künftige EU-Strategie in einen möglichst eng gefassten Haushaltsrahmen für die Jahre ab 2014 einpassen, der die geltende Haushaltsobergrenze fortführt und über eine zielorientierte Mittelverwendung einen klaren Mehrwert für Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit gewährleistet.
- 48. Die Ziele der künftigen EU-Strategie sollten sich, insbesondere auch vor dem Hintergrund knapper werdender Finanzmittel, nicht vornehmlich an der quantitativen Verwendung von Haushaltsmitteln orientieren. Eine erfolgreiche Umsetzung der Strategie hängt erheblich von der Art und Qualität der eingesetzten Instrumente ab.
- 49. Nicht alle Politikbereiche erfordern eine Finanzierung aus dem EU-Haushalt; grundsätzlich sollte die EU als Rechtsgemeinschaft ihre Ziele eher mit Rechts- als mit Finanzinstrumenten verfolgen. Die Festlegung von Prioritäten sollte keine haushaltsrelevanten Entscheidungen präjudizieren.
- 50. Die Debatte über die Europa-2020-Strategie muss auch im Kontext der anstehenden Überprüfung des europäischen Finanzsystems geführt werden.
- 51. Alle Maßnahmen, die zugunsten der neuen Strategie beschlossen werden, stehen daher unter dem Vorbehalt der Verabschiedung des neuen Finanzrahmens ab 2014. (bei Annahme entfällt Ziffer 52)
- 52. Die finanzielle Ausstattung der Maßnahmen, die zugunsten der Strategie für die europäische Ebene beschlossen werden, steht daher unter dem Vorbehalt der Verabschiedung des neuen Finanzrahmens für die Zeit ab 2014.
- 53. Der Bundesrat begrüßt die Ankündigung der Kommission, ihre Bemühungen zur Verbesserung der Qualität des EU-Regulierungsrahmens fortsetzen zu wollen. Er sieht darin einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit europäischer, insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU), und zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung in Europa insgesamt. Allerdings merkt der Bundesrat kritisch an, dass die Mitteilung der Kommission kaum etwas zu dem Ziel aussagt, die EU durch weiteren Bürokratieabbau wettbewerbsfähiger zu machen. [Dies könnte etwa durch die Vermeidung überzogener Umweltauflagen oder durch den Verzicht auf die Prüfung vielfältiger und kleinteiliger Umweltvorhaben geschehen.] Bürokratiekosten sind direkt durch die EU und die Mitgliedstaaten beeinflussbar. Die Fortsetzung der Bemühungen für einen konsequenten Bürokratieabbau ist daher keineswegs nur eine Aufgabe der Mitgliedstaaten, sondern auch der EU. Zudem lehnt der Bundesrat eine verstärkte Nutzung von Verordnungen an Stelle von Richtlinien, wie sie die Kommission ankündigt, ab. Eine Verordnung kann zwar im Einzelfall das geeignetere Regelungsinstrument sein. Grundsätzlich ist aus Gründen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit jedoch einer Richtlinie, die den Mitgliedstaaten Gestaltungsspielräume bei der Umsetzung zur Berücksichtigung ihrer spezifischen Gegebenheiten belässt, der Vorzug zu geben.
- 54.
- 55. Die Kommission kündigt außerhalb der Leitinitiativen im Kapitel 3.1 (Ein Binnenmarkt für das 21. Jahrhundert) Maßnahmen in Richtung eines einheitlichen europäischen Vertragsrechts an. Der Bundesrat unterstützt die Bemühungen um die Verwirklichung eines echten EU-Binnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und wettbewerbsfähigen Unternehmen unter gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist. Der Bundesrat betont jedoch, dass für das Zivil- und Vertragsrecht primär die Mitgliedstaaten selbst verantwortlich sind.
- 56. Kritisch betrachtet der Bundesrat im Rahmen der Leitinitiative "Innovationsunion" den Vorschlag der Kommission, einen strategischen Forschungsplan mit bereits festgelegten Schwerpunkten wie Energieversorgungssicherheit oder Verkehr zu entwickeln. In dieser Allgemeinheit ist nicht klar, ob es sich hierbei um einen Vorgriff auf Struktur und thematische Ausrichtung des künftigen Forschungsrahmenprogramms oder um Vorgaben für die gemeinsame Programmplanung der Mitgliedstaaten handeln soll. Der Vertrag von Lissabon sieht als zentrales strategisches Instrument der Europäischen Forschungsförderung das Forschungsrahmenprogramm vor. Als Kernelement dieses Rahmenprogramms wird die Verbundforschung mit einem ausdifferenzierten Spektrum von Forschungsthemen gesehen, wie sie im Spezifischen Programm "Kooperation" gefördert wird. Die Themenfindung des von der Kommission angestoßenen Prozesses der gemeinsamen Planung der Forschungsprogramme erfolgt nach einem zwischen Kommission und Mitgliedstaaten abgestimmten Verfahren, das noch nicht abgeschlossen ist. Es ist nicht erkennbar, welchen Mehrwert die Festlegung von Themen in einem zusätzlichen strategischen Forschungsplan haben könnte bzw. in welchem Verhältnis eine strategische Forschungsagenda hierzu stehen würde.
- 57. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission vorgeschlagenen Priorität "Nachhaltiges Wachstum: Förderung einer ressourceneffizienteren, umweltfreundlicheren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft" und die beiden Leitinitiativen "Ressourcenschonendes Europa" und "Eine Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung".
- 58. Der Bundesrat hält aber zur Erreichung des gesetzten Ziels, "der Unterstützung des Übergangs zu einer emissionsarmen Wirtschaft, die ihre Ressourcen wirkungsvoll einsetzt", einen Ausbau der Maßnahmen zum Themenfeld "umweltfreundlicheres Wirtschaften" für erforderlich. Die in diesem Zusammenhang unter der Überschrift "Nachhaltiges Wachstum - Förderung einer ressourceneffizienteren, umweltfreundlicheren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft" benannten Maßnahmen werden ausdrücklich begrüßt.
- 59. In die Leitinitiative "Ressourcenschonendes Europa" sollen insbesondere folgende Maßnahmen zusätzlich aufgenommen werden
- - eine verstärkte Förderung der Entwicklung und des Einsatzes neuer Umwelttechnologien;
- - eine Förderung nachhaltiger Produktions- und Konsummuster, u. a. durch eine verbraucherfreundlichere Kennzeichnung von umweltfreundlichen Produkten.
- 60. Der Bundesrat stellt fest, dass die Mitteilung u. a. die Leitinitiative "Eine Industriepolitik für das Zeitalter der Globalisierung" vorsieht, nach der die Kommission eine Industriepolitik etablieren soll, die für die Beibehaltung und Weiterentwicklung einer starken, wettbewerbsfähigen und diversifizierten industriellen Grundlage in Europa optimale Voraussetzungen schafft.
Er erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass die Wettbewerbsfähigkeit Europas in entscheidender Weise von der Stärkung der Schlüsseltechnologien abhängt, die in der Mitteilung der Kommission "An die Zukunft denken: Einrichtung einer gemeinsamen EU-Strategie für Schlüsseltechnologien" (KOM 2009/512 endg.) aufgeführt werden, und fordert, nicht zuletzt im Interesse einer kohärenten Innovationspolitik, dass die strategischen Überlegungen der Gemeinschaft auch auf diese Schlüsseltechnologien ausgerichtet werden.
- 61. Der Bundesrat betont im Hinblick auf die 7. Leitinitiative "Europäische Plattform zur Bekämpfung der Armut", dass ein Arbeitsplatz wahrscheinlich der beste Schutz gegen Armut und Ausgrenzung ist. Allerdings führt ein Arbeitsplatz allein nicht in jedem Fall zur Verringerung von Armut oder zur sozialen Integration. Folglich ist zu beachten, dass bei der Förderung von Beschäftigung nicht nur der reine Anstieg der Zahl der Arbeitsplätze von Bedeutung ist, sondern auch Vergütung und Qualität. Darüber hinaus ist zu beachten, dass auch die Gleichstellung der Geschlechter eine Voraussetzung für Wachstum, Beschäftigung und Zusammenhalt ist (u. a. Abbau "Gender Pay Gap").
- 62. Darüber hinaus gehen die von der Kommission vorgegebenen Leitinitiativen nicht explizit auf die besonderen Belange der mittelständischen Unternehmen ein. In der Leitinitiative "Industriepolitik im Zeitalter der Globalisierung" werden KMU zwar erwähnt. Aufgrund der Bedeutung der KMU in der Wirtschaft und für das Wachstum in Europa sollte diese besondere Rolle in einer eigenen 8. Leitinitiative gewürdigt werden. In dieser neuen Leitinitiative "Mittelstand stärken" könnte u. a. der Small Business Act, die Leitmarkt-Initiative sowie die Entbürokratisierungsbestrebungen weiter entwickelt werden und EU-Förderprogramme speziell für den Mittelstand einbezogen werden.
- 63. Die Einschätzung der Kommission, dass das Potenzial der digitalen Wirtschaft voll ausgeschöpft werden sollte und dass sich dabei gerade für KMU große Entwicklungschancen ergeben, wird von den deutschen Ländern geteilt. Aus diesem Grund wird die Ankündigung einer digitalen Agenda mit konkreten Schritten zur Verwirklichung des EU-Online-Binnenmarkts begrüßt. Bezüglich der Forderung der Kommission nach "Entwicklung einer effizienten Frequenzpolitk" auf EU-Ebene verweist der Bundesrat auf die Stellungnahme in BR-Drucksache 804/09(B) zur Kommissionsmitteilung "Ummünzung der digitalen Dividende in sozialen Nutzen und wirtschaftliches Wachstum". Die Entwicklung einer effizienten Frequenzpolitik bleibt in der Verantwortung der Mitgliedstaaten.
- 64. Um künftig Beeinträchtigungen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit zu verhindern, ist die Etablierung einer krisenfesten internationalen Finanzmarktarchitektur notwendig. Die neue europäische Finanzaufsicht muss auf Grundlage der [bewährten] Aufsichtsstrukturen in den Mitgliedstaaten einen wirkungsvollen Rahmen für die Finanzmärkte schaffen. Der Bundesrat begrüßt deshalb, dass die Kommission die Reform des Finanzsystems als Bestandteil der neuen Strategie ansieht.
- 65.
- 66. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die in der Strategie vorgesehenen Ziele nicht ohne Berücksichtigung der Belange des ländlichen Raums erreichbar sind. Er ist der Auffassung, dass die Entwicklung des ländlichen Raums sowie agrarpolitische Aspekte in der vorliegenden Strategie "Europa 2020" stärkere Berücksichtigung finden sollten.
- 67. Die nachhaltige und multifunktionale Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft leistet einen wesentlichen Beitrag zur Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum. Damit stellt sie einen wichtigen Baustein für eine Strategie für ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum in Europa insgesamt dar.
- 68. Vor dem Hintergrund eines weltweit steigenden Bedarfs an Agrar- und Forstprodukten sind die Leitinitiativen entsprechend zu ergänzen, um die Zukunftsaufgaben der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft im Europa des 21. Jahrhunderts zu verankern, den Wohn- und Lebenswert der ländlichen Räume zu sichern und die durch den zunehmenden Bedarf an Lebensmitteln entstehenden Herausforderungen anzunehmen.
- 69. Der Bundesrat betont die Bedeutung von Mobilität und leistungsfähigen Infrastrukturen für das Funktionieren des EU-Binnenmarkts. Die künftige europäische Verkehrspolitik sollte darauf ausgerichtet sein, ein ökonomisch effizientes sowie ökologisch sinnvolles Verkehrssystem zu schaffen, das auch den sozialen Herausforderungen der Zukunft gerecht wird. Der Bundesrat hält eine optimierte Abstimmung der europäischen und nationalen Verkehrswegeplanungen im Rahmen einer auch über 2020 hinaus gerichteten nachhaltigen Mobilitätsstrategie für zielführend, um einen wichtigen Beitrag dazu zu leisten, dass Europa gestärkt aus der Wirtschaftskrise hervorgehen kann. Diese Strategie sollte klare Schwerpunkte auf die grenzüberschreitenden Eisenbahnstrecken im Transeuropäischen Verkehrsnetz (TEN-V) und auf die intermodalen Knotenpunkte (v. a. zwischen Schiene und See-/Binnenhäfen) setzen.
- 70. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.