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Regelwerk

Orthopockenviren - Infektion des Menschen
- Stellungnahmen des Arbeitskreises Blut des Bundesministeriums für Gesundheit -

(Bundesgesundheitsbl. Nr. 9 vom September 2010 S. 957)



Der Arbeitskreis Blut des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung gibt als nationales Beratungsgremium Stellungnahmen zu neuartigen Erregern ab, bewertet neue Erkenntnisse zu bekannten Erregern und erarbeitet entsprechende Empfehlungen für die Fachöffentlichkeit. Diese Serie von Stellungnahmen zu einzelnen Erregern wurde als Zusammenfassung des aktuellen Wissensstandes veröffentlicht, speziell unter transfusionsmedizinisch relevanten Aspekten (Bundesgesundhbl., 41, 53, 1998).

Frühere Beiträge befassten sich mit der Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung, dem Parvovirus B19 und dem GB-Virus Typ C (Hepatitis-G-Virus), (Bundesgesundheitsbl., 41, 78-90, 1998), HTLV-I/-II, (Bundesgesundheitsbl., 41, 512, 1998), Yersinia enterocolitica, (Bundesgesundheitsbl., 42, 613, 1999), TT-Virus (Bundesgesundheitsbl., 43, 154-156, 2000), Hepatitis B Virus (HBV (Bundesgesundheitsbl., 43, 240-248, 2000). Humanes Cytomegalovirus ( HCMV), (Bundesgesundheitsbl., 43, 653-659, 2000), Hepatitis a Virus (Bundesgesundheitsbl., 44, 844-850, 2001), Treponema pallidum (Bundesgesundheitsbl. 45,818-826,2002), Hepatitis-C-Virus (Bundesgesundheitsbl. 46, 712-722, 2003), Humanes Immunschwächevirus (HIV) (Bundesgesundheitsbl. 47, 83-95, 2004), Arboviren - durch Arthropoden übertragbare Viren (Bundesgesundheitsbl. 47, 910-918, 2004), Coxiella burnetii - Erreger des Q-(query) Fiebers (Bundesgesundheitsbl. 48, 814-821, 2005), Variante Creutzfeldt Jakob-Krankheit (Bundesgesundheitsbl. 48, 1082-1090, 2005), Influenzaviren (Bundesgesundheitsbl. 50, 118 4- 1191, 2007), Arbobakterien (über Arthropoden übertragbare Bakterien) (Bundesgesundheitsbl. 50, 1192-1207, 2007), Hepatitis-E-Virus (Bundesgesundheitsbl. 1, 90-97, 2008), Malaria (Bundesgesundheitsbl. 2, 236-249, 2008), Arboprotozoen (Bundesgesundheitsbl. 2, 123-146, 2009), Parvovirus B19 (Bundesgesundheitsbl. im Druck) und Humanes Cytomegalievirus ( HCMV) (Bundesgesundheitsbl. im Druck)

1. Wissensstand über den Erreger

Die menschlichen Pocken, hervorgerufen durch das Variolavirus (VARV), stellten Jahrhunderte lang weltweit eine Bedrohung für die Menschen dar. Die erfolgreiche Ausrottung der Pocken gelang durch umfassende Impfprogramme und Quarantänemaßnahmen unter der Federführung der WHO in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Der letzte natürliche Pockenfall wurde 1977 in Somalia beschrieben [1]. Ein Jahr später fanden zwei wahrscheinlich von einem Viruslabor ausgehende VARV-Infektionen in Großbritannien statt [2, 3]. Die WHO erklärte schließlich Ende 1979 die Pocken für ausgerottet [4].

Andere Pockenviren, die Menschen infizieren können, spielten bis dahin nur bei Verdacht auf eine VARV-Infektion zur Differentialdiagnose eine Rolle.

Jenner zeigte im Jahre 1796, dass Menschen nach einer Infektion mit Pockenviren des Rindes gegen VARV-Infektionen geschützt waren. Dafür verantwortlich war, wie später gezeigt wurde, die ausgeprägte Kreuzimmunität zwischen verschiedenen animalen Orthopockenviren (OPV) und dem humanen Pockenvirus. Die später zur systematischen Impfung (Vakzination) verwendeten OPV wurden als Vacciniavirus (lat. vacca = die Kuh) bezeichnet. Bereits vorher, wahrscheinlich von China und Indien ausgehend, wurde ein Schutz vor letal verlaufenden Pockenerkrankungen erzielt durch Übertragung von VARV von Erkrankten auf Kinder, die bis dahin keine Pockeninfektion durchgemacht hatten. Bei diesem als Variolation bezeichneten Verfahren wurde in Kauf genommen, dass etwa 1-2 % der auf diese Weise infizierten Kinder an Pocken starben; der Verlauf der Infektion war in der Regel milder als bei natürlichen Pocken [5]. Die Variolation wurde 1796 durch die Vakzination mit Kuhpocken durch die Arbeiten von Jenner abgelöst. Bayern führte bereits 1807 die Pocken-Impfpflicht ein, Preußen (und das Deutsche Reich) hingegen erst 1874. Dementsprechend starben im Jahr 1871 in München nur 89, in Berlin dagegen 623 Menschen pro 100.000 Einwohner an Pocken.

Tabelle 1: Familie: Poxviridae

Subfamilie Genus Subfamilie Genus
Orthopoxvirus (OPV) Alpha-Entomopoxvirus
Avipoxvirus Beta-Entomopoxvirus
Capripoxvirus Gamma-Entomopoxvirus
Leporipoxvirus weitere nicht zugeordnete Entomopoxvirinae
Chordopoxvirinae Suipoxvirus Entomopoxviren  
Molluscipoxvirus (MOCV)  
Yatapoxvirus  
weitere nicht zugeordnete Chordopoxviren  

Tabelle 2: Orthopockenviren (OPV): Wirt und Wirtsspezifität

Virus Infektionen bei Wirtsbereich Natürlicher Wirt
Variola (VARV) Mensch eng Mensch
Vaccinia (VACV) Mensch, Büffel, Rind, Elefant, Schwein, Kaninchen etc. breit unbekannt
VACV-ähnliche brasilianische Isolate (BRZ-VACV) Mensch, Rind, Nager breit Nager
Büffelpocken (BPXV-VACV) Büffel, Rinder, Mensch breit  
Kaninchenpocken (RPV-VACV) Kaninchen in Zuchten breit  
Affenpocken (MPXV) Mensch, Menschenaffen, Affen, Nagetiere, Präriehunde etc. breit

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