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Regelwerk

Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen

Vom 27. Oktober 2008
(GMBl. Nr. 62/63 vom 19.12.2008 S. 1278; BAnz. AT::04.01.2016 B4 16aufgehoben)



RdSchr. d. BMU  - RS II 5 - 15930 - 1/3 -

zur aktuellen Fassung

Archiv 1999

1 Einleitung

Diese Rahmenempfehlungen treten an die Stelle der Rahmenempfehlungen, die in der Innenministerkonferenz am 11. Juni 1999 und im Länderausschuss für Atomkernenergie - Hauptausschuss - am 6. April 1999 verabschiedet wurden (vgl. die Bekanntmachung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 9. August 1999 im GMBl 1999, S. 538-587). Die Überarbeitung der Rahmenempfehlungen von 1999 ist erforderlich geworden zur Berücksichtigung neuer Entwicklungen. Dazu gehören neben formalen Anpassungen an die novellierte Strahlenschutzverordnung von 2001 insbesondere neue nationale Regelungen in Bezug auf Iodtabletten. Hier hat die SSK die Todmerkblätter überarbeitet. Neue Iodtabletten wurden beschafft und neue Verteilkonzepte vorgeschlagen, welche auch Gebiete außerhalb der bisherigen Planungszonen betreffen. Die SSK hat darüber hinaus die Konzepte für medizinische Maßnahmen bei Strahlenunfällen weiter entwickelt (dargestellt in Band 32 der Veröffentlichungen der SSK) und speziell auch für die medizinischen Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen (dargestellt in Band 4 der Veröffentlichungen der SSK). Darüber hinaus werden Erkenntnisse aus der Planungspraxis im In- und Ausland in die Rahmenempfehlungen aufgenommen. Hierzu gehören u. a. die Berücksichtigung schnell ablaufender Ereignisse bei der Maßnahmenplanung sowie die Weiterentwicklungen der - auch länderübergreifenden - Konzepte zur Erarbeitung und Kommunikation der radiologischen Lage. Angesichts der Bedeutung einer rechtzeitigen, umfassenden und abgestimmten Information für die Akzeptanz und damit die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen der Bevölkerung wird der Planungsauftrag zur Erarbeitung eines abgestimmten Informationskonzeptes präzisiert.

Deutsche Kernkraftwerke verfügen über Sicherheitseinrichtungen sowie vorgeplante Maßnahmen, die das Eintreten eines kerntechnischen Unfalls mit relevanten radiologischen Auswirkungen in der Umgebung praktisch ausschließen sollen. Zu einem solchen Ereignisablauf kann es nur dann kommen, wenn die vorhandenen, mehrfach gestaffelten Sicherheitsmaßnahmen nicht greifen sollten und die zusätzlichen Maßnahmen zur Verhinderung schwerer Kernschäden und zur Eindämmung ihrer radiologischen Folgen nicht erfolgreich wären. Für diesen Fall werden Katastrophenschutzplanungen für die Umgebung von Kernkraftwerken erarbeitet. Die hier vorliegenden Empfehlungen zur Erstellung von Katastrophenschutzplänen betreffen Kernkraftwerke. Sie sind sinngemäß auf andere kerntechnische Anlagen (Forschungsreaktoren, Brennelementzwischenlager, Brennelementfabriken etc.), sofern Katastrophenschutzplanungen erforderlich sind, übertragbar.

Vorrangiges Ziel der Planungen ist, unmittelbare Folgen der Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls auf die Bevölkerung zu verhindern oder zu begrenzen. Unter unmittelbaren Folgen werden deterministische Effekte, insbesondere Frühschäden, und hohe Individualrisiken, deren Minderung Sofortmaßnahmen des Katastrophenschutzes erfordern, verstanden. Die " Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden" (Beschluss des Länderausschusses für Atomkernenergie - Hauptausschuss - am 6.4.1999, GMBl 1999, S. 538) bilden die radiologische Basis für Entscheidungen über Katastrophenschutzmaßnahmen.

Die vorliegende Empfehlung berührt nicht die bestehenden Zuständigkeiten, Organisationsformen und Regelungen für den allgemeinen Katastrophenschutz; sie soll jedoch Grundlage dafür sein, dass bei der besonderen Katastrophenschutzplanung für die Umgebung kerntechnischer Anlagen im gesamten Bundesgebiet soweit wie möglich nach gleichen Grundsätzen verfahren wird. Länderspezifische Besonderheiten bei der Ausgestaltung der Planungen werden durch diese Rahmenempfehlungen nicht berührt.

Der Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen wird von den nach Landesrecht zuständigen Behörden wahrgenommen. Die Länder stellen dabei sicher, dass die Zuständigkeitsebene der Bedeutung der Planungsaufgaben und der Anordnung von Schutzmaßnahmen im Katastrophenfall entspricht. Soweit mehrere Katastrophenschutzbehörden betroffen sind, arbeiten diese bei der Planung und im Einsatzfall eng zusammen, tauschen die erforderlichen Informationen aus und koordinieren Bekanntmachungen, Verhaltensempfehlungen und Schutzmaßnahmen.

Die Empfehlung findet Anwendung auf deutsche kerntechnische Anlagen und solche ausländische Anlagen, die wegen ihrer grenznahen Lage Planungsmaßnahmen im Sinne dieser Empfehlung auf deutschem Gebiet erfordern.

Für die Umgebung kerntechnischer Anlagen werden besondere Katastrophenschutzpläne erstellt, wobei die nachstehenden Grundsätze (Abschnitt 3) zu beachten sind. Neben der behördlichen Katastrophenschutzplanung ist der Betreiber der kerntechnischen Anlage aufgrund der §§ 51 und 53 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung - StrlSchV) zu eigenen Vorsorge- und Schutzmaßnahmen verpflichtet, die in der Alarmordnung und im Notfallhandbuch des Betreibers erfasst sind.

Unabhängig von den (lokalen) Katastrophenschutzplanungen der Länder existieren allgemeine, örtlich nicht begrenzte Planungen nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz ( StrVG), um die Strahlenexposition der Menschen bei radiologisch bedeutsamen Ereignissen durch geeignete Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Da bei einem kerntechnischen Unfall, bei dem Katastrophenschutzmaßnahmen erforderlich sind, auch Maßnahmen nach dem StrVG eingeleitet werden müssen, ist eine enge Abstimmung zwischen Bund und Ländern bereits im Vorfeld eines Ereignisses erforderlich. Dies gilt insbesondere auch für Maßnahmen, die bei einem kerntechnischen Ereignis außerhalb der Planungsradien durchzuführen sind.

Dies bedeutet nicht, dass bei einem kerntechnischen Unfall Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die außerhalb des Planungsgebietes erforderlich werden, der Strahlenschutzvorsorge zuzurechnen sind und demnach durch Strahlenschutzvorsorgebehörden durchgeführt werden müssten.

Auch außerhalb des Planungsbereiches für Katastrophenschutzmaßnahmen gilt der Grundsatz, dass die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Sofortmaßnahmen durch die Katastrophenschutzbehörden durchzuführen sind.

Außerdem gilt der Grundsatz, dass nach Abwendung der unmittelbaren Gefahr die zum Schutz der Bevölkerung weiterhin durchzuführenden Maßnahmen in die Zuständigkeit der Strahlenschutzvorsorgebehörden übergehen. Hierunter fallen insbesondere solche Maßnahmen, deren Einleitung der Vermeidung hoher stochastischer Risiken dient, deren Aufhebung jedoch erst nach Feststellung der Unbedenklichkeit (Nahrungsmittelverbot) oder unter Abwägung sozialer Gesichtspunkte (temporäre Umsiedlung) erfolgen kann.

Hinweis: Nach einer Meldung des Betreibers entsprechend der AtSMV an die Aufsichtsbehörde über ein Ereignis, das keine Katastrophenschutzmaßnahmen, aber Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen erfordert, wird die Aufsichtsbehörde nach Prüfung der Relevanz die Strahlenschutzvorsorgebehörde informieren. Etwaige Maßnahmen werden dann durch die Strahlenschutzvorsorgebehörde veranlasst.

2 Zusammenwirken von behördlicher Planung und Maßnahmen des Betreibers der kerntechnischen Anlage

Der Betreiber der kerntechnischen Anlage ist zu folgenden Maßnahmen verpflichtet:

2.1 Unterrichtung der Katastrophenschutzbehörden

  1. Der Betreiber der kerntechnischen Anlage alarmiert die nach den besonderen Katastrophenschutzplänen für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen unverzüglich, wenn die für einen Voralarm bzw. für einen Katastrophenalarm festgelegten Voraussetzungen (s. Abschnitt 3.8) vorliegen (Sofortmeldung).
    Der Betreiber unterrichtet die zuständigen Stellen sodann fortlaufend über die Situation in der Anlage sowie deren Beurteilung.
  2. Die Sofortmeldung erfolgt nach vorbereitetem Text mit nachstehenden Angaben:
    1. Stichwort: "kerntechnischer Unfall" in der Anlage ... Block ...
    2. Klassifizierungsvorschlag: Voralarm, Katastrophenalarm
    3. Angaben zur Beurteilung der Gefahrenlage in der Umgebung
      Angaben zu den Ausbreitungsbedingungen insbesondere Ausbreitungsrichtung und Windgeschwindigkeit
      Angabe der vorläufigen Einstufung nach INES (Falls diese Einstufung zu unverhältnismäßigen Verzögerungen bei der Abgabe der Meldung führt, kann sie in der Erstmeldung entfallen. Sie ist dann so schnell wie möglich nachzuliefern.)
      Sofern es sich um ein schnell ablaufendes Ereignis (Definition siehe Anhang 1) handelt, d. h., dass eine erhebliche Freisetzung unmittelbar bevorsteht, ist in der Sofortmeldung auf den schnellen Ablauf deutlich hinzuweisen (siehe auch 3.8.4)
    4. Datum und Uhrzeit, Name und Dienststellung des Meldenden

    Der Betreiber übermittelt den Katastrophenschutzbehörden ferner unverzüglich alle Angaben, die für die Beurteilung des Unfallgeschehens und zur Einleitung von Abwehrmaßnahmen von Bedeutung sein können (siehe Anhang 7.4).

    Der Betreiber informiert die nach den besonderen Katastrophenschutzplänen für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen unverzüglich über die Lageentwicklung (siehe 3.3).

  3. Kommunikationsverbindungen zwischen der kerntechnischen Anlage und den für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen sowie der Katastrophenschutzleitung müssen auch bei Überlastung oder Ausfall des öffentlichen Wahlnetzes gewährleistet sein. Die technische Sicherstellung der telefonischen Kommunikation kann z.B. durch Festverbindungen oder durch andere Kommunikationsverbindungen entsprechend dem Stand der Technik, die die gleiche Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit gewährleisten, erreicht werden.

2.2 Aufgaben des Betreibers bei der Radiologischen Lageermittlung

Der Betreiber stellt unverzüglich eine sachkundige Verbindungsperson zu der für den Standort festgelegten Stelle (siehe 3.3) ab. Aufgaben der Verbindungsperson sind im Wesentlichen:

  1. Beschreibung des Anlagenzustands, Erläuterung des Unfallablaufs und des Quellterms
  2. Darstellung der radiologischen Konsequenzen.

2.3 Einrichtung einer Ausweichstelle für die Einsatzleitung des Betreibers außerhalb der Anlage

Für den Fall einer notwendigen Räumung der kerntechnischen Anlage richtet der Betreiber eine Ausweichstelle für seine Einsatzleitung außerhalb der Anlage ein, die über verschiedene, voneinander unabhängige Mittel zur Kommunikation mit den Katastrophenschutzbehörden verfügt. Die Kommunikation mit der Not- bzw. Teilsteuerstelle der Anlage ist sicherzustellen. In der Ausweichstelle sind die Unterlagen, die für die Beurteilung des Unfallgeschehens notwendig sind, sowie die Ausrüstung für den persönlichen Strahlenschutz der Einsatzkräfte des Betreibers vorzuhalten.

2.4 Messungen und Probenahmen in der Umgebung

Der Betreiber der kerntechnischen Anlage nimmt mit ortsfesten und mobilen Einrichtungen Messungen in der Umgebung an vorab festgelegten Orten vor. Art und Umfang dieser Messungen sind in Abschnitt 4.3.2 festgelegt.

Die Messergebnisse werden über die Messzentrale der für die Erarbeitung der radiologischen Lage zuständigen Stelle unverzüglich mitgeteilt.

2.5 Mitwirkung im vorbereitenden Katastrophenschutz

Der Betreiber und die Katastrophenschutzbehörden stimmen ihre Planungen untereinander ab.

Der Betreiber unterstützt die Katastrophenschutzbehörden nicht nur beim abwehrenden Katastrophenschutz, sondern gemäß § 53 StrlSchV auch im vorbereitenden Katastrophenschutz.

Insbesondere soll er die Katastrophenschutzbehörden bei der Erarbeitung von besonderen Katastrophenschutzplänen nach diesen Rahmenempfehlungen beraten, die dafür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen und sich an von den Katastrophenschutzbehörden angeordneten Übungen und sonstigen Ausbildungsmaßnahmen beteiligen und diese unterstützen.

Das aufsichtführende Land soll die Interessen der Nachbarländer gegenüber dem Betreiber berücksichtigen und sich hierzu mit den Nachbarländern abstimmen.

3 Grundsätze für das Aufstellen besonderer Katastrophenschutzpläne für die Umgebung kerntechnischer Anlagen

In den besonderen Katastrophenschutzplänen sind folgende Gesichtspunkte hinsichtlich des Inhalts und der Gliederung zu berücksichtigen:

3.1 Inhaltsverzeichnis

3.2 Fortführungsnachweis

Die für die Ausarbeitung zuständige Behörde schreibt die Planungen kontinuierlich fort und überprüft sie in regelmäßigen Abständen (grundsätzlich jährlich).

3.3 Führungsorganisation

3.3.1 Grundlagen und Zusammenarbeit

Die Führungsorganisation nach dem besonderen Katastrophenschutzplan orientiert sich, insbesondere hinsichtlich der Verantwortlichkeiten und der Aufbau- und Ablauforganisation der Stäbe, an den entsprechenden Katastrophenschutz-Dienstvorschriften der Länder.

Der Aufbau der Führungsorganisation, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten ihrer Mitglieder sowie der Arbeitsablauf sind in besonderen Dienstordnungen festzulegen.

Die Zusammenarbeit der mitwirkenden Katastrophenschutzleitungen ist sicherzustellen.

Können mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein, so ist die länderübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation zu planen, zu vereinbaren und zu beschreiben. Diese Planung soll sicherstellen, dass die Entscheidungen auf der Basis einer Lagebeurteilung getroffen werden, die unter Einbeziehung aller verfügbaren Daten und Informationen ermittelt wird, und dass der Einsatz der Kräfte effizient erfolgt.

3.3.2 Lagebeurteilung

Für die Erarbeitung und Bewertung der radiologischen Lage durch Fachberater ist eine Stelle (Radiologisches Lagezentrum 1) einzurichten. Im Radiologischen Lagezentrum sind die Daten und Informationen sowie die Hilfsmittel verfügbar, die zum Erstellen der radiologischen Lage und zur Empfehlung über Maßnahmen erforderlich sind.

Zur Fachberatung im Radiologischen Lagezentrum werden mindestens einbezogen 2:

Für das Radiologische Lagezentrum und die Gruppe der Fachberater ist eine Aufbau- und Ablauforganisation zu planen und eine entsprechende Dienstordnung zu erstellen.

Können mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein, so ist, sofern mehrere Radiologische Lagezentren vorhanden sind, vorab zu vereinbaren, wo die gemeinsame radiologische Lage federführend ermittelt wird.

3.3.3 Apparative Ausstattung

Die apparative Ausstattung der Führungseinrichtungen erfordert insbesondere eine ausreichende Zahl von verschiedenen, voneinander unabhängigen Kommunikationsmitteln (z.B. Telefax, E-Mail).

3.4 Alarmierung

Eine schnelle und vollständige Alarmierung der im Rahmen der einzelnen Alarmstufen benötigten Behörden, Einheiten und sonstigen Stellen ist sicherzustellen (vgl. 4.1).

Für die Alarmstufen sind graphische Alarmierungsschemata zu erstellen.

3.5 Information der Öffentlichkeit

  1. Als Bestandteil der Katastrophenschutzpläne ist ein Konzept zur Information der Öffentlichkeit 3 zu erstellen. Dieses Konzept stellt sicher, dass die Information eindeutig, verständlich und lagegerecht zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Es ist mit den Strahlenschutzvorsorgebehörden abzustimmen.
  2. Das Konzept ist entsprechend den Vorschriften der StrlSchV Anlage XIII zu gliedern in
    1. Vorbereitende Information auf denkbare Notfälle,
    2. Aktuelle Information der Öffentlichkeit im eingetretenen Notfall.
  3. Die Zuständigkeiten sind im Rahmen des Konzeptes verbindlich festzulegen, d. h., es wird geregelt, welche Institution zu welchem Zeitpunkt aufgrund welchen Anlasses wen über welche Sachverhalte und über welche Kommunikationsmittel informiert.
  4. Es ist im Rahmen des Konzeptes festzulegen, über welche Medien die Information der Öffentlichkeit erfolgen wird. Für jeden der vorgesehenen Informationswege sind Hilfsmittel vorzubereiten, z.B. Hilfsmittel zur Erstellung von Presseerklärungen, Textbausteine, Ausrüstungen für "mobile" Pressezentren, vorbereitete Internetseiten.
  5. Das Konzept soll ein verbindliches Verfahren enthalten, nach dem die verschiedenen mit der Begrenzung der Notfallauswirkungen befassten Institutionen die Inhalte ihrer Informationen abstimmen.
  6. Das Konzept soll mindestens ein Verfahren enthalten, das es dem Bürger ermöglicht, mit den für Katastrophenschutzmaßnahmen zuständigen Behörden in Kontakt zu treten.
  7. Das Konzept ist an die jeweiligen standortspezifischen Gegebenheiten anzupassen und soll, wenn erforderlich, länderübergreifend wirksam sein.
  8. Die Eignung der für die Information der Öffentlichkeit vorbereiteten Maßnahmen ist durch Übungen zu belegen.

3.6 Festlegung von Bereitstellungsräumen für Einsatzkräfte

Bei der Auswahl von Bereitstellungsräumen sind ausreichende Verkehrsanbindungen und leichte Erreichbarkeit für ortsunkundige Einsatzkräfte wichtig.

3.7 Einteilung der Umgebung der kerntechnischen Anlage

3.7.1 Planungszonen

Die Umgebung der kerntechnischen Anlage ist zur Abgrenzung vorbereitender Maßnahmen in folgende Zonen zu unterteilen. Wenn für Planungszwecke Zonen nochmals unterteilt werden, ist für einen Standort einheitlich vorzugehen.

Die Zonen sind durch Buchstaben zu kennzeichnen.

Zentralzone "(Z)"

Mittelzone "(M)"

Außenzone "(A)"

Fernzone "(F)"

3.7.2 Zentralzone

Die Zentralzone umschließt die kerntechnische Anlage unmittelbar. Ihre Grenze ist den jeweils vorliegenden örtlichen Gegebenheiten (Größe der Anlage, Geländestruktur und Besiedlungsverhältnisse) anzupassen und soll einen Abstand von 2 km von der Anlage nicht überschreiten.

3.7.3 Mittelzone

Die Mittelzone umschließt die Zentralzone. Ihre äußere Begrenzung soll durch einen Kreis mit einem Radius bis zu etwa 10 km festgelegt werden.

3.7.4 Außenzone

Die Außenzone umschließt die Mittelzone. Ihre äußere Begrenzung soll durch einen Kreis mit einem Radius bis zu etwa 25 km festgelegt werden.

3.7.5 Fernzone

Die Fernzone umschließt die Außenzone. Ihre äußere Begrenzung soll durch einen Kreis mit einem Radius bis zu etwa 100 km festgelegt werden.

3.7.6 Sektoreneinteilung

Die Mittelzone, die Außenzone und die Fernzone sind in Sektoren von 30° zu unterteilen, wobei diese im Uhrzeigersinn durchnummeriert werden und Sektor 1 symmetrisch zur Nordrichtung liegt.

3.7.7 Einsatzkarten

Zonen und Sektoren sind festzulegen und in entsprechenden Einsatzkarten einzuzeichnen (Maßstab 1:25.000 oder 1:50.000). Übersichtskarten, die im Katastrophenschutzplan enthalten sind, sollen einen geeigneten Maßstab des amtlichen Kartenmaterials aufweisen.

3.7.8 Vorzubereitende Maßnahmen in den Planungszonen

Für jede Zone müssen die erforderlichen Maßnahmen vorbereitet werden. Die Planungen für die Zentral- und Mittelzone umfassen neben den Alarmmaßnahmen 1 alle Alarmmaßnahmen 2 nach Abschnitt 3.10. In der Außenzone sollen Mess- und Probenahmeorte festgelegt und Alarmierungen vorbereitet werden. In der Außenzone ist die Verteilung von Iodtabletten für alle Personen unter 45 Jahre, in der Fernzone für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre sowie Schwangere vorzubereiten. Weiterhin ist in diesen Zonen sicher zu stellen, dass die Warnung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel unverzüglich verbreitet werden kann.

Außerhalb der benannten Zonen sind besondere - auf die kerntechnische Anlage bezogene - Katastrophenschutzplanungen grundsätzlich nicht erforderlich.

Unberührt von der zonen- und sektorenbezogenen Planung können weitere im Einzelfall erforderliche Maßnahmen auf der Grundlage der allgemeinen Katastrophenschutzpläne durchgeführt werden.

3.8 Alarmstufen

Es sind folgende Alarmstufen festzulegen:

Voralarm

Katastrophenalarm

3.8.1 Für die Auslösung verantwortliche Stelle

Die Auslösung des Voralarms oder des Katastrophenalarms obliegt dem Leiter der Katastrophenschutzbehörde bzw. dessen Beauftragtem. Hierfür gelten folgende allgemeine Kriterien:

3.8.2 Voralarm

Voralarm wird ausgelöst, wenn bei einem Ereignis in der kerntechnischen Anlage bisher noch keine oder nur eine im Vergleich zu den Auslösekriterien für Katastrophenalarm geringe Auswirkung auf die Umgebung eingetreten ist, jedoch aufgrund des Anlagenzustandes nicht ausgeschlossen werden kann, dass Auswirkungen, die den Auslösekriterien für Katastrophenalarm entsprechen, eintreten könnten.

3.8.3 Katastrophenalarm

Katastrophenalarm wird ausgelöst, wenn bei einem Unfall in der kerntechnischen Anlage eine gefahrbringende Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung festgestellt ist oder droht.

3.8.4 Kriterien

Das Verfahren zur Auslösung von Voralarm oder Katastrophenalarm ist eindeutig festzulegen und allen Beteiligten bekannt zu geben. Auf die "Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen" (gemeinsame Empfehlung der RSK vom 16.10.2003 und der SSK vom 11./12.9.2003, BAnz Nr. 136a vom 23.07.2004) wird hingewiesen.

Für den Fall schnell ablaufender Ereignisse sind geeignete Verfahren zur kurzfristigen Veranlassung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung (Warnung der Bevölkerung, Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von vorverteilten Todtabletten) im Bereich der Zentralzone und angeschnittenen Ortschaften um die Anlage festzulegen.

3.9 Übersicht über die Alarmmaßnahmen

3.9.1 Unterteilung der Alarmmaßnahmen

Die Alarmmaßnahmen sind zu unterteilen in die Alarmmaßnahmen 1 und 2 sowie weitere Maßnahmen.

Die Alarmmaßnahmen 1 umfassen die bei Eingang einer Alarmmeldung durchzuführenden Alarmierungen und gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen.

Die Alarmmaßnahmen 2 dienen der Abwehr akuter Gefahren. Ob und in welchen Gebieten sie ausgelöst werden, wird nach Bewertung des Anlagenzustandes und der radiologischen Lage entschieden, wobei die Dosisrichtwerte der Radiologischen Grundlagen heranzuziehen sind (siehe Anhang 7.2).

Die weiteren Maßnahmen schließen zeitlich an und dienen der Vorsorge sowie der Beseitigung oder Verringerung noch bestehender Gefahren 4. Die Durchführung dieser Maßnahmen erfolgt durch die jeweilig zuständige Behörde, insbesondere nach Maßgabe des Strahlenschutzvorsorgegesetzes. Hierzu können Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes hinzugezogen werden. Die Auslösung und der Umfang dieser Maßnahmen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und sind deshalb in der Regel nicht im Voraus planbar.

3.10 Zuordnung von Maßnahmen zu den Alarmstufen

3.10.1 Maßnahmen bei Voralarm

Alarmmaßnahmen 1:

  1. Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen sowie des für die internationalen Meldeverpflichtungen zuständigen Bundesministeriums.
  2. Zusammentreten der Katastrophenschutzleitung in der erforderlichen Besetzung (unter Einbeziehung der für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Stelle),
  3. Herstellen der Alarmbereitschaft der übrigen Mitglieder der Katastrophenschutzleitung, der Messdienste und der Hilfsorganisationen,
  4. Festlegung des möglicherweise gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit von der meteorologischen Situation und ihrer prognostizierten Entwicklung unter Zugrundelegung der Zonen und Sektoren,
  5. Inbetriebnahme von Messeinrichtungen,
  6. Unterrichtung benachbarter Verwaltungseinheiten (ggf. über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können.

Die Bevölkerung ist in geeigneter Weise über den Sachverhalt und die behördlichen Maßnahmen zu unterrichten.

Alarmmaßnahmen 2 nach Abschnitt 3.10.2 können unter Umständen auch bei Voralarm vorbereitet oder bei Bedarf ergriffen werden.

3.10.2 Maßnahmen bei Katastrophenalarm

Alarmmaßnahmen 1:

  1. Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen und Hilfsorganisationen sowie des für die internationalen Meldeverpflichtungen zuständigen Bundesministeriums,
  2. Zusammentreten der Katastrophenschutzleitung,
  3. Festlegung des gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit von der meteorologischen Situation und ihrer prognostizierten Entwicklung sowie unter Zugrundelegung der Zonen und Sektoren,
  4. Einsatz der Messdienste, Messungen nach besonderem Plan,
  5. Unterrichtung und ggf. Hinzuziehung benachbarter Verwaltungseinheiten (auch über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können. Hierbei ist auch die Unterrichtung der Bevölkerung abzustimmen.

Alarmmaßnahmen 2:

  1. Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung,
  2. Verkehrslenkung, -regelung und -einschränkung de Straßenverkehrs nach vorbereitetem Plan,
  3. Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden,
  4. Ausgabe von Iodtabletten nach besonderem Plan,
  5. Aufforderung zur Einnahme von Iodtabletten,
  6. Evakuierung nach besonderem Plan,
  7. Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen zur Dekontamination und ärztlichen Betreuung der betroffenen Bevölkerung,
  8. Dekontamination und ärztliche Betreuung der Einsatzkräfte,
  9. Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel,
  10. Veranlassung von Verkehrseinschränkungen für Schienenverkehr, Schifffahrt und ggf. Luftverkehr,
  11. Information der Wassergewinnungsstellen,
  12. Sperrung kontaminierter Wassergewinnungsstellen.

Weitere Maßnahmen:

3.11 Offenlegung

Die Katastrophenschutzpläne sind mit Ausnahme von personenbezogenen und sicherheitsempfindlichen Angaben zur Einsichtnahme durch die Bevölkerung bei den Katastrophenschutzbehörden oder anderen geeigneten Stellen offen zu legen.

4 Hinweise zur Durchführung der Alarmmaßnahmen

4.1 Alarmierung

Um eine schnelle und vollständige Alarmierung zu gewährleisten, sollen sämtliche zu einer Alarmstufe gehörenden Alarmierungen zusammengefasst sein, wobei eine Unterteilung in Führungsorganisation der Katastrophenschutzbehörde, Behörden, Dienststellen, Messdienste und Hilfsdienste zweckmäßig erscheint (Alarmierungsplan).

Die rasche und sichere Erreichbarkeit der nach Alarmierungsplan vorgesehenen Personen soll durch entsprechende technische Einrichtungen (z.B. automatisches Alarmierungssystem) und organisatorische Maßnahmen (z.B. Bereitschaftsdienst) sichergestellt werden.

4.2 Festlegung des gefährdeten Gebietes

Bei Eingang einer Alarmmeldung mit dem Stichwort "Kerntechnischer Unfall" ist als eine der ersten behördlichen Maßnahmen das Gebiet festzulegen, für das voraussichtlich Alarmmaßnahmen 2 Nr. 3 bis Nr. 6 in Frage kommen können (gefährdetes Gebiet).

Die Festlegung erfolgt ausgehend von den Ergebnissen der Lageermittlung. Das gefährdete Gebiet ist anhand der Zonen und Sektoren zu benennen. Es ist an die Lageentwicklung anzupassen.

Bei schnell ablaufenden Ereignissen werden die Zentralzone und angeschnittene Ortschaften in Ausbreitungsrichtung als gefährdetes Gebiet festgelegt.

4.3 Lageermittlung

Die Lageermittlung wird vom Radiologischen Lagezentrum mit den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen über den Anlagenzustand, die meteorologische Lage und die Emissions- und Immissionssituation durchgeführt. Sie wird zunächst auf Prognosen beruhen, später zunehmend auf Messungen in der Umgebung. Das Radiologische Lagezentrum muss für die Ermittlung der radiologischen Lage ausgerüstet sein, insbesondere über ausreichend Rechenkapazität und geeignete Rechenmodelle zur Prognose und Diagnose verfügen, Zugang zu meteorologischen Daten und Anlagendaten haben und mit den Messzentralen der Messdienste in ständiger Verbindung stehen.

4.3.1 Prognose der radiologischen Lage

Grundlagen einer ersten, unmittelbar nach der Alarmmeldung des Betreibers erforderlichen Einschätzung der Lage mit Prognose der radiologischen Auswirkungen des kerntechnischen Unfalls sollen sein:

Die mögliche Strahlenexposition der Bevölkerung ist mittels Ausbreitungsrechnungen abzuschätzen. Sobald belastbare Messdaten und Emissionsdaten des Betreibers oder des KFU vorliegen, sind diese zur Verbesserung der Prognose heranzuziehen.

4.3.2 Messungen in der Umgebung

Eine in sich geschlossene Lagedarstellung ist auf der Basis von Einzelmessungen anfangs nicht möglich. Messungen dienen deshalb dazu, die aufgrund von Abschätzungen oder mit Hilfe von Computermodellen erstellte Prognose zu erhärten, zu ergänzen oder gar zu korrigieren. Sie sind wichtig, um den angenommenen Quellterm und die Grenzen des gefährdeten Gebietes zu überprüfen sowie um deutlich erhöhte lokale Kontaminationen aufzuspüren, die durch kleinräumige meteorologische Vorgänge oder Kontaminationsverschleppung verursacht sein können.

Messungen in der Umgebung erfolgen durch ortsfeste und mobile Messsysteme, durch Messdienste des Betreibers und der unabhängigen Messstellen sowie ggf. durch weitere Messdienste, die vom Radiologischen Lagezentrum durch die Messzentralen entsprechend ihrer Ausrüstung und Fähigkeiten eingesetzt werden. Die Messungen erfolgen nach den vorgegebenen Messprogrammen oder nach besonderen Messprogrammen auf Weisung des Radiologischen Lagezentrums. Die vorgegebenen Messprogramme nach der REI, den Plänen des Katastrophenschutzes und von IMIS sollen von den zuständigen Behörden der Länder standortspezifisch abgestimmt werden, um Doppelbeprobungen und Überwachungslücken zu vermeiden.

Während der Freisetzungsphase sind Messungen zur Quelltermüberprüfung Aufgabe der Betreibermessdienste und ihrer Messsysteme.

In der Nachfreisetzungsphase stehen das Auffinden von erhöhten Kontaminationen und die Festlegung des gefährdeten Gebietes im Vordergrund. Dies ist eine Aufgabe für alle Messdienste.

Für die Messungen kommen folgende Einrichtungen zum Einsatz:

Nach der REI werden die Messtrupps der Betreiber zunächst in der Zentralzone und in dem hauptbeaufschlagten Gebiet der Mittelzone tätig, während die Messtrupps der unabhängigen Messstellen und der fachkundigen Organisationen und die Strahlenspürtrupps in den angrenzenden Sektoren der Mittelzone sowie in mindestens fünf Sektoren der Außenzone eingesetzt werden. Diese Zuordnung kann später entsprechend der Lageentwicklung vom Radiologischen Lagezentrum angepasst werden. Die Strahlenspürtrupps werden hauptsächlich mit einfachen Messaufgaben (vorwiegend ODL-Messungen, evtl. auch Probenahmen) zur Eingrenzung des gefährdeten Gebietes und zum Auffinden von höher kontaminierten Gebieten betraut. Hierzu eignen sich besonders Messfahrzeuge mit kontinuierlicher Dosisleistungserfassung und gleichzeitiger Ermittlung der Messort-Koordinaten (ABC-Erkunder). Zur schnellen Lageermittlung können Messtrupps des BfS für die In-situ-Gammaspektrometrie aus der Luft mittels Hubschrauber herangezogen werden.

Außerhalb des festgelegten gefährdeten Gebietes ist auf der Grundlage des Strahlenschutzvorsorgegesetzes durch das Intensivmessprogramm des IMIS eine großräumige Radioaktivitätsüberwachung vorgesehen. Auch diese Messergebnisse können zur Lagebeurteilung beitragen.

Tab. 4-1: Vordringliche Messungen 5

Art der Messung 6 Ort Beginn Messdienste/Messsysteme Messzweck
a) Gammaortsdosisleistung Z-Zone + Hauptausbreitungssektoren der M-Zone Sofort Mobile/stationäre Messstationen, KFU/ODL-Messnetz des BfS, Betreiber-Messtrupps Unterstützung der Lageermittlung, Erfordernis zusätzlicher Schutzmaßnahmen
Nebensektoren der M-Zone und A-Zone Nach Durchzug der Wolke Messtrupps und Strahlenspürtrupps, ABC-Erkunder Eingrenzung des tatsächlich gefährdeten Gebiets, Suche von hochkontaminierten Stellen
b) Aktivitätskonzentration der verschiedenen Radionuklide in der Luft Z-Zone + Hauptausbreitungssektoren der M-Zone Sofort Mobile/stationäre Messstationen, Betreiber-Messtrupps Unterstützung der Lageermittlung, Erfordernis zusätzlicher Schutzmaßnahmen
Nebensektoren Messtrupps Kontrolle der Prognosen, Erfordernis zusätzlicher Schutzmaßnahmen
c) Flächenbezogene Aktivität auf dem Boden (nach Durchzug der Wolke) Nebensektoren Nach Durchzug der Wolke Messtrupps oder Strahlenspürtrupps Festlegung des tatsächlich gefährdeten Gebietes, Auffinden von Stellen höherer Kontamination
Gesamtgebiet Hubschraubermessungen Lageermittlung

4.3.3 Durchführung der Messungen

Um die Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls beurteilen zu können, und zwar für die Festlegung des tatsächlich gefährdeten Gebietes und für die Entscheidung über Schutzmaßnahmen, sind vordringlich die in der Tabelle 4-1 aufgeführten Messungen erforderlich.

Zur Entscheidung über Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen (z.B. Vermarktungsverbote) werden - über die in der Tabelle 4-1 aufgeführten Messungen hinaus - Messungen weiterer Medien (wie Bewuchs, Milch und Oberflächenwasser) vorgenommen. Diese Maßnahmen sind keine unmittelbaren Maßnahmen des Katastrophenschutzes und werden hier nicht weiter erläutert.

Bei der Tätigkeit der Messdienste sind die Strahlenschutz-Grundsätze zu beachten:

Der Einsatz muss gerechtfertigt sein: Grundsätzlich dürfen Messdienste nur in höher kontaminiertes Gebiet geschickt werden, wenn die Messergebnisse für die Lageermittlung unbedingt erforderlich sind.

Die Strahlenbelastung muss so gering wie möglich gehalten werden: Der Einsatz in höher kontaminierten Gebieten soll so kurz wie möglich sein. Dabei sollen vorrangig automatisch arbeitende Dosisleistungsmesssonden und Probenahme- und Messgeräte für die Feststellung der Aktivitätskonzentration in der Luft eingesetzt werden. Messungen und Probenahmen von Hand sind auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken.

Die Dosis ist zu beschränken: Dem Personal sind Umkehrdosen vorzugeben, bzw. es sind Vorgaben für eine maximale Aufenthaltsdauer im beaufschlagten Gebiet zu machen.

Der Einsatz der Messdienste soll koordiniert und planvoll erfolgen. Messungen ohne Aussagekraft sind zu vermeiden. Hierzu dient die Einrichtung lokaler Messzentralen, die die Einsätze der Messtrupps oder Strahlenspürtrupps steuern, die Ergebnisse bewerten, dokumentieren und in vorab festgelegter Form an das Radiologische Lagezentrum weiterleiten.

Die lokalen Messzentralen werden vom Radiologischen Lagezentrum geführt und setzen dessen Anweisungen um. Es soll nur ein Radiologisches Lagezentrum geben, das die Messziele sowie die Grobsteuerung aller Messdienste vorgibt und eine einheitliche Lagedarstellung vornimmt. Benachbarte Katastrophenschutzleitungen stimmen sich hierüber ab. Es erscheint in der Regel sinnvoll, das Radiologische Lagezentrum in dem Zuständigkeitsbereich (z.B. Land) anzusiedeln, in dem sich die betroffene Reaktoranlage befindet.

Jeder Trupp soll über Einsatzkarten verfügen, in denen das Einsatzgebiet in Zonen und Sektoren eingeteilt ist. Die Mess- und Probenahmeorte der Messprogramme und ggf. die Fahrtrouten sollen in den Einsatzkarten verzeichnet und ggf. gesondert beschrieben sein.

4.3.4 Probensammelstellen und Sammelplatz

Die von den Messtrupps und ggf. von den Strahlenspürtrupps eingeholten Proben sind mit vollständigen Probenbegleitpapieren einem Labor oder einer geeigneten Probensammelstelle zu übergeben.


Probensammelstellen müssen in ausreichender Entfernung möglichst querab zur Hauptausbreitungsrichtung eingerichtet werden. Sie müssen über günstige Verkehrsverbindungen und eine geeignete Infrastruktur (Kommunikation mit der Messzentrale einschließlich Datenübertragung, witterungsgeschützte Aufenthaltsmöglichkeiten und sanitäre Anlagen) verfügen. Entsprechende Räumlichkeiten nebst Ausweichmöglichkeiten sind vorab festzulegen. Es ist Aufgabe der Probensammelstellen, dafür zu sorgen, dass die Proben auf schnellstem Weg in geeignete Labors, auch unter Ausnutzung der angebotenen Laborkapazität anderer Länder, verbracht werden.

Als zentrale Anlaufstelle für die Messtrupps und Strahlenspürtrupps kann ein Sammelplatz eingerichtet werden. Dieser kann mit dem Ort einer Probensammelstelle zusammenfallen. Am Sammelplatz werden die Personendosimetrie und die Kontaminationskontrolle des Einsatzpersonals sowie die Funktionskontrolle der Messgeräte durchgeführt. Außerdem kann dort entsprechende Zusatz- bzw. Ersatzausrüstung vorgehalten werden. Geräte für erste orientierende Messungen (Bestimmung des Nuklidvektors) an den angelieferten Proben sollen an dieser Stelle ebenfalls vorhanden sein.

Der Sammelplatz ist möglichst so auszuwählen, dass er auch für einen Hubschraubereinsatz geeignet ist (Landeplatz, "Tower" [Fahrzeug der Flugeinsatzleitung], Tankfahrzeug, Feuerwehrfahrzeug, Räume für die Datenauswertung).

4.3.5 Auswertung der Messung

Die Ergebnisse der Messungen von Strahlenspürtrupps und Messtrupps sind von den lokalen Messzentralen auf Plausibilität zu überprüfen. Die plausibilisierten Daten sind unmittelbar oder in vorverarbeiteter Form an die für die Erarbeitung der radiologischen Lage zuständigen Stelle zu übermitteln. Dafür sind einheitliche Verfahren (Datenformate, Übermittlungsprotokolle) nach AVV IMIS einzusetzen. Das Radiologische Lagezentrum muss über Prozeduren und Geräte verfügen, um die Daten zusammenzuführen und für die Lagedarstellung aufzubereiten. Von besonderer Bedeutung bei der Auswertung sind dabei grafische Darstellungen für die örtliche und zeitliche Entwicklung von Größen, die zur Entscheidungsfindung für die einzelnen Maßnahmen und zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit benötigt werden. Für die Darstellung sollen möglichst geografische Informationssysteme (GIS) eingesetzt werden.

Alle Verfahren sind in einem Mess- und Auswertungskonzept zusammenzufassen.

4.4 Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung

Die Bevölkerung ist bei Eintritt eines kerntechnischen Unfalls zu warnen und über seine möglichen Folgen zu unterrichten (siehe Abschnitt 3.5). Schon bei Voralarm muss die Bevölkerung Informationen und Anweisungen über geeignetes Schutzverhalten erhalten.

Die Warnung der betroffenen Bevölkerung erfolgt durch Sirenensignale (einminütiger Heulton) oder andere geeignete Mittel, die eine Weckfunktion besitzen (z.B. Lautsprecherdurchsagen). Gleichzeitig muss die Bevölkerung über die Medien unterrichtet werden. Die dazu notwendigen Vereinbarungen sind zu treffen. Die Unterrichtung hat rasch und wiederholt durch amtliche Verlautbarungen über Rundfunk, Fernsehen oder andere geeignete Medien zu erfolgen.

Entsprechende Mustertexte sind in die Pläne aufzunehmen. Beispiele für Mustertexte finden sich in Anhang 7.3. Weitere Unterrichtungen veranlasst die Katastrophenschutzleitung entsprechend der Lage.

4.5 Verkehrseinschränkungen

Bei Katastrophenalarm ist der in das gefährdete Gebiet fließende Straßenverkehr nach vorbereiteten Plänen umzuleiten, um eine mögliche Gefährdung von Personen durch das Betreten oder Befahren des gefährdeten Gebietes zu verhindern. Es sind keine Einschränkungen für Personen, die das gefährdete Gebiet verlassen wollen, vorzusehen. Sofern Kontaminationen oder Strahlenexpositionen zu besorgen sind, sind diese Personen aufzufordern, sich zu den eingerichteten Notfallstationen zu begeben.

Die für den übrigen Verkehr (Schienenverkehr, Schifffahrt, Luftverkehr) zu treffenden Maßnahmen sind von den dafür zuständigen Stellen nach Unterrichtung durch die Katastrophenschutzleitung aufgrund eigener Planungen zu veranlassen.

4.6 Aufenthalt in Gebäuden

Der Aufenthalt in Gebäuden dient dem Schutz gegen äußere Bestrahlung und innere Bestrahlung infolge Inhalation radioaktiver Stoffe. Die beste Schutzwirkung während des Durchzugs der Wolke wird in geschlossenen Räumen abseits von Türen und Fenstern oder in Kellern erzielt. Dabei muss die Erreichbarkeit für Lautsprecher- und Rundfunkdurchsagen gewährleistet sein. Zuluftanlagen sollen vorübergehend abgeschaltet werden.

Der Aufenthalt in Gebäuden ist eine einfache und effektive Katastrophenschutzmaßnahme, die jedoch nur über kurze Zeit aufrechterhalten werden kann.

4.7 Ausgabe und Einnahme von Iodtabletten

Iodtabletten sättigen die Schilddrüse mit nicht-radioaktivem lod und verhindern damit bei rechtzeitiger Einnahme die Anreicherung von radioaktivem Iod in der Schilddrüse (Iodblockade).

Für die Iodblockade sind nur tabletten mit einem hohen Iodgehalt (mg-Bereich) geeignet.

Die Iodtabletten sind vorzuverteilen bzw. dezentral zwischenzulagern.

Für alle Personen unter 45 Jahren:

Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere:

Es ist durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass im Ereignisfall Einsatzkräfte und betroffene Bevölkerung Iodtabletten möglichst frühzeitig, d. h. möglichst vor einer Inhalation, erhalten bzw. darüber informiert werden, bereits vorverteilte Iodtabletten bereitzuhalten.

Verteilerwege und Ausgabeverfahren sind für alle Planungszonen festzulegen.

Die Bevölkerung ist über die vorgesehene Schutzmaßnahme zu informieren und erhält Angaben, wann, wo und wie die Ausgabe erfolgt (siehe Anhang 7.3, Mustertext 3a).

Bei der Wahl der Ausgabestellen ist darauf zu achten, dass die Abholenden oder Überbringer von Iodtabletten sich nur möglichst kurzzeitig im Freien aufhalten müssen. Für die Ausgabestellen sind Einrichtungen auszuwählen, die möglichst einfach angesprochen werden können (z.B. Wahllokale), um in den Warnmeldungen lange Aufzählungen zu vermeiden.

Bei der Ausgabe soll das Iodmerkblatt für die Bevölkerung 7 mitgegeben werden.

Die Ausgabe der Iodtabletten ist eine vorsorgliche Maßnahme und bedeutet nicht, dass die tabletten sofort eingenommen werden sollen.

Eine Einnahme ist nur dann erforderlich, wenn nach der Lagebeurteilung tatsächlich eine erhebliche Freisetzung radioaktiven Iods befürchtet werden muss und die Eingreifrichtwerte möglicherweise überschritten werden.

Die betroffene Bevölkerung ist dann ausdrücklich über die Medien (z.B. durch Rundfunk- oder Lautsprecherdurchsage) zur Einnahme aufzufordern. (siehe Anhang 7.3, Mustertext 3b).

4.8 Evakuierung

Evakuierung im Sinne dieser Empfehlung ist die rasche organisierte Verlegung von Menschen aus einem gefährdeten in ein sicheres Gebiet (Aufnahmegemeinden), wo sie vorübergehend untergebracht, verpflegt und betreut werden.

Die Evakuierung ist besonders dann eine wirkungsvolle Schutzmaßnahme, wenn sie vor Durchzug der Wolke erfolgt.

Für die Durchführung der Evakuierung sind Evakuierungspläne aufzustellen, in denen Folgendes aufzuführen ist:

  1. betroffene Gemeinden bzw. Gemeindeteile mit Anzahl der zu evakuierenden Personen unter Berücksichtigung struktureller Gegebenheiten, z.B. Krankenhäuser, Altenheime, Schulen, Kindergärten, Justizvollzugsanstalten,
  2. gegebenenfalls Einteilung des Evakuierungsgebietes in Räumungsbezirke,
  3. Festlegung von Sammelplätzen,
  4. Transportraum für Sammelbeförderung (Art der Transportmittel, Zahl der Plätze, Erreichbarkeit),
  5. örtliche Informationsmittel (z.B. Lautsprecherfahrzeuge),
  6. Evakuierungswege,
  7. Maßnahmen der Verkehrslenkung,
  8. Information der Bevölkerung über die Standorte von Notfallstationen,
  9. Maßnahmen der Unterbringung, Betreuung und Versorgung der Evakuierten in Aufnahmegebieten,
  10. besondere Vorkehrungen zur Evakuierung von Schulen, Krankenhäusern, Heimen und sonstigen Einrichtungen, in denen sich Personen aufhalten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln evakuiert werden müssen,
  11. Maßnahmen der Sicherung des Evakuierungsgebietes,
  12. Einrichten eines Personensuchdienstes.

Zur Evakuierung ist die Bevölkerung durch vorbereitete Mitteilungen (siehe Anhang 7.3, Mustertext 4) aufzufordern. Diese Mitteilungen sollen über die Gefahrenlage, die Schutzmaßnahme und die voraussichtliche Dauer der Evakuierung informieren und Angaben enthalten, die für eine möglichst rasche Evakuierung (z.B. Sammelräume, Evakuierungswege und Aufnahmegemeinden, Empfehlung, nach Möglichkeit private Ausweichquartiere aufzusuchen usw.) notwendig sind. Ferner sollen sie Informationen und Hinweise enthalten, die für den Aufenthalt außerhalb des Wohnbereiches (Mitnahme von Arzneimitteln, persönlicher Dokumente usw.) wichtig sind. Bei Evakuierung eines kontaminierten Gebietes ist auf die Notfallstationen hinzuweisen.

4.9 Dekontamination

Die Dekontamination betroffener Personen erfolgt in Notfallstationen (vgl. Band 4, SSK-Veröffentlichungen), die in ausreichender Entfernung von der kerntechnischen Anlage oder in den vorgesehenen Aufnahmeräumen eingerichtet werden. Dafür geeignete Objekte (z.B. Hallenbäder, Sporthallen, Schulen) sind zu erfassen.

Die Dekontamination von möglicherweise kontaminierten Fahrzeugen der Bevölkerung erfolgt in Fahrzeug-Waschstraßen, wobei das Waschwasser in die öffentliche Entwässerung abgeleitet wird. Die Innenraumkontamination stellt gemäß SSK-Empfehlung (Richtlinie für die Festlegung von Kontaminationswerten zur Kontrolle von Fahrzeugoberflächen im grenzüberschreitenden Verkehr nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz) keine unmittelbare Gefährdung dar. Der Bevölkerung wird zu einem späteren Zeitpunkt eine Kontaminationskontrolle der Fahrzeuge angeboten. Die Bewertung der Kontamination erfolgt nach o. g. SSK-Empfehlung.

Die Dekontamination der Einsatzkräfte und -fahrzeuge kann in gesonderten Dekontaminationsstellen erfolgen, die z.B. in der Umgebung des Sammelplatzes eingerichtet werden.

Zur Dekontamination können im Rahmen der Amtshilfe e auch geeignete Einheiten der Bundeswehr herangezogen werden.

4.10 Ärztliche Betreuung und Versorgung

Eine erste medizinische Betreuung betroffener Personen findet ebenfalls in den Notfallstationen statt (vgl. Band 4. SSK-Veröffentlichungen). Dort legen Strahlenschutzärzte die weiteren, aus medizinischer Sicht erforderlichen Maßnahmen fest, die dann ambulant oder im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in allgemeinen Krankenhäusern oder speziellen Kliniken erfolgen.

4.11 Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel

In allen Planungszonen ist im hauptbeaufschlagten Sektor und seinen jeweils zwei Nachbarsektoren (Öffnungswinkel mindestens 150°) vorsorglich die Bevölkerung aufzufordern, keine frisch geernteten Nahrungsmittel zu verzehren und das Vieh nicht mit frisch geernteten Futtermitteln zu versorgen, bis eine endgültige Entscheidung der zuständigen Strahlenschutzvorsorgebehörde auf der Basis von Messungen erfolgt ist.

Einzelregelungen über Vermarktungsverbote und den Verbleib kontaminierter Nahtangs- und Futtermittel werden im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge getroffen.

4.12 Information von Wassergewinnungsstellen

Im gefährdeten Gebiet gelegene Wassergewinnungsstellen sind zu informieren.

5 Hinweise für zusätzliche Maßnahmen der Katastrophenschutzbehörde einschließlich Übungen

Zusätzlich zu den bereits aufgeführten Maßnahmen sind weitere Vorbereitungen zu treffen, um eine effektive Arbeit des Katastrophenschutzes sicherzustellen. Diese Vorbereitungen erfolgen, soweit erforderlich, in Zusammenarbeit mit anderen Fachbehörden und Stellen.

  1. Aufstellung, Ausrüstung und Ausbildung von Strahlenspürtrupps nach einheitlichen Grundsätzen. Für ihren Einsatz sind Dienstanweisungen auszuarbeiten. Zur Gewährleistung der Einsatzbereitschaft sind nach erfolgter Ausbildung in regelmäßigen Abständen Übungen durchzuführen (siehe 2.5).
  2. Aufstellung von Alarmierungs- und Einsatzplänen für die Einsatzkräfte, die Messdienste und die übrigen Hilfsorganisationen durch diese Dienste und Organisationen auf Veranlassung und in Abstimmung mit der Katastrophenschutzbehörde.
  3. Einweisung der zur Fachberatung der Katastrophenschutzleitung notwendigen Personen - insbesondere Fachberater Strahlenschutz und Strahlenschutzärzte - in die vorgesehenen Funktionen und Abläufe in der Katastrophenschutzleitung, Einbeziehung dieser Personen in Planbesprechungen und Übungen. Entsprechendes gilt für die in Notfallstationen einzusetzenden Ärzte. Soweit der Bedarf nicht durch ihre spezielle berufliche Tätigkeit dafür qualifizierte Personen gedeckt werden kann, sind geeignete Personen anzuwerben und für die vorgesehenen Aufgaben in Weiterbildungsveranstaltungen vorzubereiten.
  4. Maßnahmen zum Schutz der bei einem kerntechnischen Unfall herangezogenen Einsatzkräfte und sonstigen Personen.
    Hinweise hierzu sind den Radiologischen Grundlagen, der Feuerwehrdienstvorschrift FwDV 500 sowie dem Leitfaden LF 450 der Polizei zu entnehmen.
  5. Auflistung der Dienststellen, Institute und sonstigen Einrichtungen, die im Katastrophenfall Probenauswertungen und Inkorporationsmessungen durchführen (siehe Abschnitt 6, Nr. 13).
  6. Organisatorische Vorbereitung eines Kurierdienstes für die Übermittlung von Proben von den Probensammelstellen in die Laboratorien.
    Ein Einsatz von Hubschraubern der Polizei, der Bundespolizei und der Bundeswehr ist nur nach vorheriger Vereinbarung vorzusehen.
  7. Vereinbarungen über die vorläufige Lagerung der beim Einsatz der Katastrophenschutzkräfte anfallenden kontaminierten Gegenstände.
  8. Bei Unfällen in ausländischen kerntechnischen Anlagen, die sich in der Nähe der deutschen Grenze befinden, müssen die gleichen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung durchgeführt werden können wie bei deutschen Anlagen. Deshalb sind bei grenznahen kerntechnischen Anlagen Vereinbarungen mit den angrenzenden Staaten anzustreben, dass
    1. die Warn- und Alarmmeldungen an die zuständigen deutschen Behörden unverzüglich übermittelt werden,
    2. alle Informationen, die zur Gefahrenabwehr nötig sind, an die jeweilige Katastrophenschutzleitung gelangen,
    3. bei einem kerntechnischen Unfall Verbindungspersonen ausgetauscht werden,
    4. die Katastrophenschutzplanung der Nachbarstaaten aufeinander abgestimmt und in gemeinsamen Ubungen erprobt wird,
    5. gegenseitige Unterstützung bei allen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durch die Einsatzdienste des Katastrophenschutzes der betreffenden Länder möglich ist,
    6. bei Ereignissen ohne radiologische Bedeutung, die die Bevölkerung beunruhigen könnten, eine rasche Unterrichtung erfolgt und
    7. eine gegenseitige Information über amtliche Mitteilungen zur Unterrichtung der Bevölkerung erfolgt.

    Dasselbe gilt bei grenznahen deutschen kerntechnischen Anlagen gegenüber den Nachbarstaaten.

  9. Es sind Alarmierungs- und Einsatzübungen durchzuführen. Beteiligte, Art, Umfang und Intervalle der Übungen sind in einem Übungsplan festzulegen. Benachbarte Länder stammen sich hierüber ab.
    Hierzu sollen auch Vereinbarungen mit angrenzenden Staaten über die Durchführung gemeinsamer grenzüberschreitender Übungen getroffen werden.
    Der Erfahrungsrückfluss aus Übungen ist sicherzustellen.

6 Zusätzliche Unterlagen zu den besonderen Katastrophenschutzplänen

Den besonderen Katastrophenschutzplänen sind als Anhang mindestens folgende Unterlagen in der jeweils gültigen Fassung beizufügen:

  1. Das vorliegende Dokument "Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen",
  2. Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden,
  3. Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit in kerntechnischen Notfällen - Empfehlung der Strahlenschutzkommission - Verabschiedet in der 220. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 5./6. Dezember 2007,
  4. Leitfaden für den Fachberater Strahlenschutz der Katastrophenschutzleitung bei kerntechnischen Notfällen, Berichte der SSK, Heft 37,
  5. Medizinische Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen, Veröffentlichungen der SSK, Band 4,
  6. Der Strahlenunfall, Veröffentlichungen der SSK, Band 32,
  7. Verwendung von Iodtabletten zur Iodblockade der Schilddrüse (Iodmerkblätter), Empfehlung der SSK vom 24./25.6.2004,
  8. Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen, Berichte der SSK, Heft 39,
  9. Auszüge aus der Alarmordnung des Betriebshandbuches sowie aus anderen für Notfälle vorgesehenen Handbüchern, aus dem auch Zuständigkeiten und Ansprechpartner für die Katastrophenschutzleitung und deren Erreichbarkeit entnommen werden können,
  10. Jeweilige Länderregelungen zum Aufbau und Betrieb von Notfallstationen,
  11. Liste der Ärzte, die sich für den Dienst in Notfallstationen zur Verfügung gestellt haben (Strahlenschutzärzte nach Band 4 der Veröffentlichungen der SSK),
  12. Übersicht über geeignete medizinische Einrichtungen z.B. Krankenhäuser mit nuklearmedizinischer oder hämatologischer Abteilung,
  13. Katalog der "Hilfsmöglichkeiten bei kerntechnischen Unfällen",
  14. Richtlinie für die Festlegung von Kontaminationswerten zur Kontrolle von Fahrzeugoberflächen im grenzüberschreitenden Verkehr nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, 1996,
  15. DIN 25700 Oberflächenkontaminationsmessungen an Fahrzeugen und deren Ladungen in strahlenschutz-relevanten Ausnahmesituationen,
  16. Für den Standort gültige Informationsbroschüren gemäß § 53 Abs. 5 StrlSchV,
  17. Internationale Bewertungsskala für bedeutsame Ereignisse in kerntechnischen Anlagen - INES-Skala (Quelle: Handbuch für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz, Abschnitt 3.56).
weiter .

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