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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

BGI 858 / DGUV Information 201-028 - Gesundheitsgefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung
Handlungsanleitung zur Gefährdungsbeurteilung nach Biostoffverordnung (BioStoffV)
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)

(Ausgabe 06/2005aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Vorbemerkung

Diese Handlungsanleitung dient als Hilfe zur Ermittlung und Beurteilung der Gefährdungen bei Gebäudesanierungsarbeiten mit Kontamination durch biologische Arbeitsstoffe. Sie dient insbesondere der Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen unter Berücksichtigung der Biostoffverordnung ( BioStoffV). Nach dieser ist der Unternehmer verpflichtet, die Gefährdungen, die von biologischen Arbeitsstoffen ausgehen, zu ermitteln und zu beurteilen und die Schutzmaßnahmen festzulegen.

Die in dieser Handlungsanleitung aufgeführten Gefährdungen und daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen beruhen auf dem heutigen Stand der technischen und arbeitsmedizinischen Erkenntnisse. Sofern Erfahrungen für bestimmte Arbeitsverfahren, z.B. Messergebnisse, vorliegen, wurden diese in der Handlungsanleitung berücksichtigt. Für die Beurteilung der Exposition gegenüber biologischen Arbeitsstoffen wurden auch Erfahrungen aus anderen Branchen herangezogen.

Diese Handlungsanleitung enthält Mindestanforderungen, mit denen das erforderliche Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz erreicht werden kann. Die hier vorgeschlagenen technischen Lösungen schließen andere mindestens ebenso sichere Lösungen nicht aus.

Für die Erstellung einer Handlungsanleitung zur Gebäudesanierung durch den Fachausschuss Tiefbau waren folgende Gründe ausschlaggebend:

Für die Konzeption der Handlungsanleitung waren u.a. maßgeblich:

1 Anwendungsbereich

Diese Handlungsanleitung findet Anwendung bei Tätigkeiten mit Kontakt zu biologischen Arbeitsstoffen, z.B. Schimmelpilzen oder Fäkalkeimen bei der Gebäudesanierung. Dies sind insbesondere Bau-, Reparatur-, Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sowie Abbrucharbeiten in und an baulichen Einrichtungen, bei denen Schimmelpilzbefall sichtbar ist oder vermutet wird.

2 Begriffsbestimmungen

  1. Biologische Arbeitsstoffe sind im weitesten Sinne Mikroorganismen wie Bakterien und Pilze, Viren und Endoparasiten, die Infektionen, Allergien oder toxische Wirkungen hervorrufen können.
  2. Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung sind auch der berufliche Umgang mit Menschen, Tieren, Pflanzen, biologischen Produkten und Gegenständen, wenn bei diesen Tätigkeiten biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und dabei Beschäftigte mit den biologischen Arbeitsstoffen direkt in Kontakt kommen können.
  3. Gezielte Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung liegen vor, wenn alle drei folgenden Voraussetzungen gleichzeitig gegeben sind:
  4. Nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der Biostoffverordnung liegen vor, wenn mindestens eine der Voraussetzungen nach Nummer 3 nicht gegeben ist.
  5. Kontamination im Sinne dieser Handlungsanleitung ist eine über die allgemeine Grundbelastung hinausgehende Verunreinigung oder Verschmutzung von Oberflächen, Materialien oder der Raum- bzw. der Atemluft durch biologische Arbeitsstoffe, die zu gesundheitlichen Störungen führen kann.

3 Anforderungen der Biostoffverordnung (BioStoffV)

Die BioStoffV regelt die Vorgehensweise bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen und ist deshalb auch bei Gebäudesanierungsmaßnahmen anzuwenden.

3.1 Gefährdungsbeurteilung

Nach der BioStoffV müssen für jede Tätigkeit mit biologischen Arbeitsstoffen eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Wesentliche Grundlage für die Gefährdungsbeurteilung ist eine ausreichende Informationsbeschaffung (§ 5 BioStoffV) über die zu erwartenden biologischen Arbeitstoffe und die geplanten oder vergleichbaren Tätigkeiten. Die vorliegende Handlungsanleitung stellt eine solche Informationsgrundlage dar.

3.2 Eingruppierung der Mikroorganismen

Entsprechend § 3 der BioStoffV werden biologische Arbeitsstoffe anhand des von ihnen ausgehenden Infektionsrisikos in vier Risikogruppen unterteilt. Dabei ist es bei biologischen Arbeitsstoffen der Risikogruppe 1 unwahrscheinlich, dass sie beim Menschen eine Infektionserkrankung verursachen. Biologische Arbeitsstoffe der Risikogruppe 4 dagegen können beim Menschen eine schwere Krankheit hervorrufen und stellen eine ernste Gefahr dar.

Die Definitionen der einzelnen Risikogruppen entsprechend § 3 der BioStoffV können dem Anhang 1 entnommen werden.

In der Regel treten bei Tätigkeiten in der Gebäudesanierung überwiegend Mikroorganismen der Risikogruppen 1 und 2 auf. Dabei ist zu beachten, dass die Risikogruppe 2 sehr vielfältig ist. Sie reicht von Mikroorganismen, die auch als normale Besiedler, z.B. auf der Haut oder im Darm des Menschen und anderer Lebewesen vorkommen und nur unter besonderen Voraussetzungen zu Erkrankungen führen, bis zu Erregern, die grundsätzlich Krankheiten verursachen können, gegen die jedoch wirksame Therapien oder Impfmöglichkeiten vorhanden sind.

Mikroorganismen der Risikogruppe 3 sind bei Gebäudesanierungsarbeiten nicht zu erwarten. Mikroorganismen der Risikogruppe 4 kommen normalerweise in Deutschland nicht vor.

3.3 Ableitung von Schutzmaßnahmen

Gemäß BioStoffV sind Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen einer Schutzstufe von 1 bis 4 zuzuordnen, die Sicherheitsmaßnahmen sind entsprechend auszuwählen. Dabei sind mindestens die allgemeinen Hygienemaßnahmen der Schutzstufe 1 anzuwenden. Diese allgemeinen Hygienemaßnahmen sind in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen" (TRBa 500) aufgeführt. Auszüge aus den TRBa können Anhang 1 entnommen werden.

Bei der Gefährdungsbeurteilung sind sensibilisierende und toxische Wirkungen zusätzlich zu berücksichtigen und geeignete Schutzmaßnahmen festzulegen.

4 Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe bei der Gebäudesanierung

Der Kontakt mit biologischen Arbeitsstoffen kann Allergien auslösen, toxische Wirkungen haben und zu Infektionskrankheiten führen. Beim Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen bei Gebäudesanierungsarbeiten stehen allergische und toxische Reaktionen im Vordergrund.

4.1 Aufnahmepfade

Bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen sind verschiedene Aufnahmewege zu beachten:

4.2 Allergisierende und toxische Wirkungen

Mikroorganismen in der Raum- bzw. Atemluft

Schimmelpilze können sensibilisierend wirken und in der Folge allergische Reaktionen auslösen.

Symptome einer Allergie können sein:

Augenjucken und -tränen, Fließschnupfen, trockener Husten und im fortgeschrittenen Stadium Atemnot. Auch die Haut kann mit Jucken, Rötung und Quaddelbildung betroffen sein. Diese Symptome treten kurz- oder auch langfristig auf und können in einen Asthmaanfall münden.

Bei sehr hohen Schimmelpilzkonzentrationen in der Luft und längerer Einwirkdauer besteht die Möglichkeit einer schweren Lungenerkrankung. Diese als exogen allergische Alveolitis (EAA) bezeichnete Erkrankung ist aus verschiedenen Branchen bekannt. Die Namen Farmer-, Malzarbeiter-, Kompostarbeiter- und Vogelzüchterlunge oder Reetdach-Krankheit weisen auf die Ursache, nämlich die an diesen Arbeitsplätzen atembaren Bioaerosole hin.

Viele Mikroorganismen sind in der Lage, toxische Stoffe zu bilden.

Es gibt eine Vielzahl von Schimmelpilztoxinen, die hinsichtlich ihrer Toxizität unterschiedlich eingeschätzt werden müssen. Die Wirkung von Schimmelpilztoxinen auf den Menschen ist vielfältig und kann viele Organe betreffen, z.B. Nieren, Leber, Blut, Nervensystem, Immunsystem. Von einigen Mykotoxinen sind darüber hinaus karzinogene Wirkungen bekannt. Die toxische und kanzerogene Wirkung von inhalativ aufgenommenen Mykotoxinen ist nach gegenwärtigem Kenntnisstand noch nicht abschließend einzuschätzen.

Es ist immer damit zu rechnen, dass bei einem Schimmelpilzbefall auch Toxine gebildet werden. Da meist viele Schimmelpilzarten (und auch andere Mikroorganismen) an einem Befall beteiligt sind, kann davon ausgegangen werden, dass mehrere verschiedene Toxine vorhanden sind. Derzeit sind keine standardisierten Testmethoden für Schimmelpilztoxine in Baumaterialien allgemein verfügbar, so dass Routinemessungen nicht durchgeführt werden können.

Die Schimmelpilztoxine sind meist im Myzel, weniger in den Sporen lokalisiert und werden auch an den umgebenden Baustoff abgegeben. Daher ist die Freisetzung sehr hoher Sporenzahlen oder Staubmengen in der Luft nötig, um über die Atemluft größere Toxinmengen aufzunehmen. Dies kann bei staubintensiven Bearbeitungsverfahren gegeben sein.

Mikroorganismen im Wasser/Abwasser

Im Wasser/Abwasser spielen allergische Wirkungen von Schimmelpilzen keine Rolle.

Bild 1: Penicillium sp.

Bild 2: Stachybotrys chartarum

4.3 Infektionsgefährdung

Legionellen

Legionellen sind Bakterien, die zu schweren Lungenentzündungen führen können. Eine Gefährdung besteht nur bei Aufnahme von Aerosolen über die Atemwege.

Legionellen halten sich bei Temperaturen von 5-65 °C vor allem in stehendem Wasser auf. Temperaturoptimum für die Vermehrung ist 35-45 °C. Sie können daher vornehmlich in Warmwasserleitungen in relevanten Mengen vorkommen, insbesondere in wenig benutzten älteren Anlagen, die nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Im Einzelfall können auch Kaltwasserleitungen, die neben schlecht isolierten Warmwasserleitungen liegen, betroffen sein.

Fäkalkeime im Abwasser

In fäkalhaltigem Abwasser sind eine Reihe von Infektionserregern zu erwarten. Im Vordergrund stehen

Viren, Bakterien und Endoparasiten, die Durchfallerkrankungen verursachen können. Die Aufnahme der Erreger erfolgt in der Regel über eine Schmierinfektion, d.h. über den Mund in den Magen-Darmtrakt. Auch lokale Infektionen der Haut sind möglich.

Schimmelpilze

Infektionserkrankungen durch Schimmelpilze (Mykosen) kommen nur sehr selten vor.

Das Infektionsrisiko durch Schimmelpilze ist für Abbruch- und Sanierungsarbeiten daher von nachrangiger Bedeutung. Wichtig wird dieses Infektionsrisiko jedoch für Personen mit Immunabwehrschwäche, z.B. durch chronische Erkrankungen, oder durch Medikamente.

5 Gefährdungsermittlung und Gefährdungsbeurteilung bei Gebäudesanierungsarbeiten

5.1 Allgemeine Anforderungen

Nach § 2 Abs. 1 der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV A1) hat der Unternehmer die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu treffen.

Bei Erteilung von Aufträgen an ein Fremdunternehmen hat der den Auftrag erteilende Unternehmer den Fremdunternehmer bei der Gefährdungsbeurteilung bezüglich der betriebsspezifischen Gefahren zu unterstützen. Fremdunternehmen ist ein Unternehmen, das auf einer Betriebsstelle tätig wird, für die ein anderer Unternehmer verantwortlich ist. Fremdunternehmer können auch Subunternehmer sein. Der Auftrag erteilende Unternehmer hat sich zu vergewissern, dass die Beschäftigten des Fremdunternehmers hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit eine angemessene Anweisung erhalten.

Liegen dem Auftraggeber Informationen über bestimmte Gefährdungen vor, so muss dieser die Informationen vorab an den Auftragnehmer weiterleiten. Hat der Auftraggeber keine oder keine ausreichende Informationen und der Auftragnehmer hat einen begründeten Verdacht, dass Gefährdungen vorliegen, muss er seinerseits noch vor Aufnahme der Tätigkeit Erkundigungen zu Art und Ausmaß möglicher Gefährdungen einholen. Eine Abstimmung der Schutzmaßnahmen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer ist vor Aufnahme der Sanierungsarbeiten zu treffen.

Vergibt der Auftragnehmer Aufträge, die er übernommen hat, an Nachunternehmer weiter, so treffen ihn die Pflichten des Auftraggebers selbst.

5.2 Spezielle Anforderungen bei biologischen Arbeitsstoffen

Nach § 8 der BioStoffV hat sich der Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung fachkundig beraten zu lassen, sofern er nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Fachkundige Personen sind insbesondere der Betriebsarzt und die Fachkraft für Arbeitssicherheit.

5.2.1 Schimmelpilze

Vorkommen von Schimmelpilzen in Innenräumen

Schimmelpilze und deren Sporen sind ein natürlicher Teil unserer Umwelt und daher auch in Innenräumen vorhanden. Hier können sie auf einer Vielzahl von Materialien und in einem weiten Temperaturbereich wachsen. Feuchtigkeit, insbesondere Materialfeuchte, hat dabei eine entscheidende Bedeutung.

Diese Feuchtigkeit ist meist auf bauliche Mängel, z.B. Wärmebrücken, Schadensereignisse, falsches Lüftungsverhalten oder Hygienemängel in Räumen zurückzuführen.

Exposition

Bei Aufräum-, Abbruch- und Sanierungsarbeiten werden Staub und Sporen aufgewirbelt und können eingeatmet werden. Die Sensibilisierungsbereitschaft ist größer bei hoher Staub-/Sporenexposition und bei länger andauernder oder häufig wiederholter Einwirkung. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sich bei entsprechend veranlagten Personen eine Erkrankung einstellen.

Wie unter Abschnitt 4 erwähnt, reicht allein das Vorhandensein von Schimmelpilzen noch nicht aus, um die konkrete Gefährdung der Beschäftigten bei der Tätigkeit zu beurteilen. Relevant sind insbesondere Expositionsart, Konzentration und Dauer der Einwirkung.

So ist es durchaus denkbar, dass bei Tätigkeiten, bei denen wenig Staub entsteht, auch bei großflächigem Schimmelpilzbefall nur geringe Mengen an Sporen freigesetzt werden, während bei anderen Tätigkeiten durch starke Staubbildung bereits bei geringerem Befall eine sehr hohe Schimmelpilzexposition vorhanden sein kann.

Bild 3: Schimmelpilzbefall unter der Tapete

Bild 4: Schimmelpilzbefall undichtes Flachdach

Gefährdungsbeurteilung

Gebäudesanierungsarbeiten zur Beseitigung von Schimmelpilzbefall sind nicht gezielte Tätigkeiten im Sinne der BioStoffV.

Auf Grund des wenig relevanten Infektionsrisikos der hier anzutreffenden Schimmelpilze sind diese Tätigkeiten der Schutzstufe 1 zuzuordnen. Wegen ihres allergisierenden und toxischen Potenzials sind jedoch zusätzlich weitergehende Schutzmaßnahmen erforderlich.

Über die Haupteinflussfaktoren Dauer der Tätigkeit und zu erwartende Expositionshöhe kann gemäß Abbildung 1 eine so genannte Gefährdungsklasse abgeleitet werden. Ziel ist, durch die Auswahl geeigneter Sanierungsverfahren in eine möglichst niedrige Gefährdungsklasse zu gelangen.

Insbesondere bei der Einstufung der zu erwartenden Expositionshöhe (vgl. hierzu Anhang 2) sollten im Einzelfall folgende Faktoren berücksichtigt werden:

Werden bei der Sanierung von Schimmelpilzschäden chemische Behandlungsmittel eingesetzt, ist dies bei der Gefährdungsbeurteilung zusätzlich zu berücksichtigen. So wirken die häufig verwendeten Mittel Chlorbleichlauge und Wasserstoffperoxid ätzend auf Haut, Augen und Schleimhäute. Ethanol und andere Alkohole bergen Brand- und Explosionsgefahren und können zudem bei intensiver Anwendung zu schweren Gesundheitsstörungen, z.B. Bewusstseinsstörungen, führen.

Ist der Einsatz solcher Stoffe unvermeidbar, sind die Technischen Regeln für Gefahrstoffe und die in den jeweiligen Sicherheitsdatenblättern festgelegten Sicherheitsratschläge und Schutzmaßnahmen der Hersteller für den geplanten Anwendungszweck zu befolgen.

Bei sich ändernden Arbeitsbedingungen, besonders bei länger andauernden Tätigkeiten, kann sich die Gefährdungssituation ändern. Dies kann z.B. bei Entfernung von Wandverkleidungen, Entfernung von Trockenbauwänden, Entfernung von Teppichböden, der Fall sein. Hier hat der Unternehmer eine erneute Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.

Bild 5: Beispiel für starke Sporenexposition (Gefährdungsklasse 3) beim Abschlagen von Putz ohne Absaugung

Bild 6: Besser ist es, den Schimmelpilz durch ein Sprühextraktionsverfahren zu entfernen. Dadurch verringert sich die Sporenexposition und die Tätigkeit kann in eine geringere Gefährdungsklasse entsprechend Abschnitt 5.2.1 eingestuft werden (mittlere Sporenbelastung → Gefährdungsklasse 2)

Bild 7: Beispiel für mittlere Sporenexposition (Gefährdungsklasse 1 oder 2, je nach Dauer der Tätigkeit) beim Verpacken von mit Schimmelpilzen kontaminiertem Archivgut, das zuvor oberflächlich abgesaugt wurde

Bild 8: Beispiel für schwache Sporenexposition ("Ohne besondere Gefährdung") bei mit Schimmelpilzen befallenen Fugendichtungen

Bild 8: Beispiel für schwache Sporenexposition ("Ohne besondere Gefährdung") bei mit Schimmelpilzen befallenen Fugendichtungen

Abbildung 1: Gefährdungsbeurteilung bei Tätigkeiten mit Schimmelpilzen in Abhängigkeit von der Dauer der Exposition sowie der zu erwartenden Sporenbelastung

5.2.2 Legionellen

Legionellen sind in der Atemluft nur bei Aerosolbildung zu erwarten. Arbeitsverfahren mit erhöhter Aerosolbildung werden üblicherweise bei der Sanierung von Wasserleitungen nicht angewandt. Danach ist eine Gefährdung in der Regel als unwahrscheinlich anzunehmen.

In Ausnahmen, z.B. bei der Sanierung von Warmwasserleitungssystemen mit bekanntem Legionellenbefall, ist besonders auf die Auswahl von aerosolmindernden Sanierungsmaßnahmen zu achten.

5.2.3 Fäkalkeime

Eine von abwassertechnischen Anlagen ausgehende Infektionsgefahr steigt u.a. mit der Zahl der Nutzer. Eine erhöhte Infektionsgefahr kann z.B. bei Toilettenanlagen in Gemeinschaftseinrichtungen bestehen. Ein besonderes Augenmerk gilt auch Arbeiten an abwassertechnischen Anlagen in Infektionsabteilungen medizinischer Einrichtungen.

Bei der Gefährdungsabschätzung sind Tätigkeiten mit direktem Hautkontakt zu beachten. Im Nassbereich sind Stoff-Leder-Handschuhe nicht geeignet.

Weiter Hinweise siehe auch in den Anforderungen der Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz: Umgang mit biologischen Arbeitsstoffen in abwassertechnischen Anlagen (GUV 27.11 bzw. TRBa 220)

6 Schutzmaßnahmen

Durch geeignete Maßnahmen müssen sowohl die Mitarbeiter vor Ort als auch Nachbargewerke und Nutzer geschützt werden.

Grundsätzlich kommt bei Gefährdungen durch biologische Arbeitsstoffe der intensiven persönlichen Hygiene sowie der Arbeitsplatzhygiene eine große Bedeutung zu.

6.1 Aufgaben des Unternehmers

Der Unternehmer hat die Arbeiten so zu gestalten, dass von den biologischen Arbeitsstoffen möglichst keine Gefährdungen ausgehen. Insbesondere hat er dafür zu sorgen, dass Arbeitsverfahren sowie Maschinen und Geräte so ausgestattet und beschaffen sind, dass diese Forderung eingehalten wird ( ArbschG, BioStoffV).

Dies wird durch die Ergreifung von geeigneten Schutzmaßnahmen nach der Gefährdungsbeurteilung umgesetzt. Insbesondere sind:

6.2 Rangfolge der Schutzmaßnahmen

Die Grundregel für Sicherheit und Gesundheitsschutz lautet, entsprechende Gefährdungen zunächst durch technische Maßnahmen zu minimieren. Erst wenn dies nicht möglich ist, sind organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen zu treffen. Diese Rangfolge findet sich in verschiedenen Vorschriften wieder und wird als "top" (technisch, organisatorisch, persönlich) bezeichnet.

6.3 Schutzmaßnahmen, wenn "keine besondere Gefährdung" entspr. Abschnitt 5 vorliegt

Die Allgemeinen Hygienemaßnahmen für Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, die in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen" (TRBa 500, siehe auch Anhang 1) festgelegt sind, sind einzuhalten.

Nach der Arbeit und vor Pausen sind die Hände und ggf. kontaminierte Hautpartien mit Reinigungsmittel und reichlich Wasser zu waschen. Wegen der erhöhten Hautbelastung beim Tragen von Handschuhen sind die Hände und Finger nach Arbeitsende mit einem regenerierenden Hautpflegemittel sorgfältig einzucremen. Ein beispielhafter Hygiene- und Hautschutzplan ist in Anhang 3 aufgeführt.

Essen, Trinken, Rauchen und Schnupfen sowie der Gebrauch von Kosmetika sind bei den Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen generell zu untersagen.

6.4 Schutzmaßnahmen der Gefährdungsklasse 1

Sind auf Grund der Ermittlung der Gefahren nach Abschnitt 5 die Tätigkeiten der Gefährdungsklasse 1 zuzuordnen, sind zusätzlich zu den Maßnahmen der TRBa 500 folgende Schutzmaßnahmen zu beachten:

6.4.1 Technische Maßnahmen

Staub- und Aerosolminimierung:

Arbeitsverfahren, die mit einer Staub- bzw. Aerosolbildung verbunden sind, führen im Allgemeinen zu einer deutlich erhöhten Konzentration an Mikroorganismen in der Umgebungsluft.

Alle Sanierungsarbeiten sind so durchzuführen, dass die Staub- und Aerosolentwicklung durch Auswahl geeigneter Arbeitsverfahren grundsätzlich minimiert werden. Beispiele für technische Maßnahmen sind:

Nicht zu empfehlen sind alle Verfahren, bei denen Staub aufgewirbelt wird, z.B.:

Zur Reinigung des Arbeitsbereiches L. müssen Industriesauger mit Filter der Staubklasse H entsprechend DIN EN 60335-2-69 (bisher K1 und K2) oder vergleichbare Geräte eingesetzt werden. Bei glatten Oberflächen sollte eine Feinreinigung durch feuchtes Abwischen erfolgen.

Beaufschlagte Filter der Sauggeräte müssen in stabilen, dicht schließenden Behältern, z.B. Spannringfässer, gelagert werden. Bei der Entnahme der Filterpatronen sind die Hinweise des Herstellers zu beachten. Die Freisetzung von Stäuben ist dabei zu unterbinden. Gleiches gilt für die Reinigung verstopfter Ansaugrohre.

Der Transport des demontierten Materials hat staubfrei, in geeigneten Behältern, z.B. big bags, zu erfolgen. Um die Verschleppung von Sporen zu verhindern, empfiehlt es sich, die Transportbehälter vor Verlassen des Sanierungsbereiches außen zu reinigen, z.B. durch Absaugen.

6.4.2 Vermeidung der Kontamination unbelasteter Bereiche

Da bei der Sanierung arbeitsbedingt Schimmelpilzsporen aufgewirbelt bzw. freigesetzt werden können, ist eine Verbreitung von Sporen und damit die Kontamination unbelasteter Bereiche zu verhindern. Diesbezüglich kommen in Abhängigkeit von der konkreten Schadenssituation vor allem folgende Maßnahmen in Frage:

6.4.3 Organisation des Arbeitsbereiches

Die Arbeits- bzw. Schutzkleidung muss getrennt von der Straßenkleidung aufbewahrt werden. Getränke, Lebensmittel, Schnupftabake und Tabakwaren dürfen nicht in den Arbeitsbereich gebracht werden.

Beim Übergang vom belasteten in den unbelasteten Bereich ist darauf zu achten, eine Verschleppung von Keimen und Sporen weitestgehend zu verhindern, z.B. durch Ablegung der Schutzkleidung. Empfehlenswert ist es, Schuhe für den unbelasteten Bereich vorzuhalten. Alternativ sind kontaminierte Schuhe bei Verlassen des Arbeitsbereiches zu reinigen.

Kontaminierte Kleidung muss getrennt von Privatkleidung gewaschen bzw. entsorgt werden. Eine verwendete Atemschutzmaske ist erst im unbelasteten Bereich abzulegen. Es muss gewährleistet sein, dass Wasch- und ggf. erforderliche Umkleidemöglichkeiten vor Ort verfügbar sind.

6.4.4 Betriebsanweisung, Unterweisung

Der Unternehmer hat die anzuwendenden Arbeitsschutzmaßnahmen in einer Betriebsanweisung festzulegen.

Hierbei ist die Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe aber auch die Gefährdung durch andere Einwirkungen zu berücksichtigen. Es ist insbesondere notwendig, die Schutzmaßnahmen sowie die Reinigung von Geräten, ggf. Desinfektion und Entsorgung von biologischen Arbeitsstoffen festzulegen. In dieser Betriebsanweisung sind auch besondere Hygienemaßnahmen, die beim Essen, Trinken, Rauchen, Schnupfen und beim Toilettengang einzuhalten sind, aufzuführen.

Die Betriebsanweisung ist in einer für die Beschäftigten verständlichen Form und Sprache abzufassen, an geeigneter Stelle in der Arbeitsstätte bekannt zu machen und zur Einsichtnahme auszulegen oder auszuhängen.

Die Beschäftigen sind anhand der Betriebsanweisung zu unterweisen.

Die Beschäftigten haben die auf der Grundlage der Unterweisung erfolgten Anweisungen des Unternehmers sowie die Betriebsanweisung zu befolgen. Inhalt und Zeitpunkt der Unterweisung sind schriftlich festzuhalten und von den Unterwiesenen durch Unterschrift zu bestätigen.

In Anhang 4 ist beispielhaft eine Musterbetriebsanweisung aufgeführt.

6.4.5 Persönliche Schutzausrüstungen

Neben technischen und organisatorischen Maßnahmen, hat der Unternehmer den Beschäftigten persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung zu stellen. Die Beschäftigten haben diese bestimmungsgemäß zu benutzen.

Die für den Einsatz gegenüber biologischen Gefährdungen relevanten persönlichen Schutzausrüstungen sind nachstehend im Einzelnen aufgeführt.

Hinweise zur weiteren Auswahl persönlicher Schutzausrüstungen finden sich in den Berufsgenossenschaftlichen Regeln:

Atemschutz

Bei Tätigkeiten von kurzer Dauer (vgl. Abschnitt 5, Abbildung 1) sind Masken mit P2-Filter einzusetzen. Grundsätzlich sind Halbmasken den FFP- Einwegmasken vorzuziehen. Optimal sind gebläseunterstützte Halbmasken mit Partikelfilter TM2P.

Die Filter der Atemschutzmasken bzw. FFP2-Filter sind mindestens arbeitstäglich zu verwerfen.

Augenschutz

Ist Augenschutz erforderlich, etwa bei der Gefahr von Spritzwasserbildung, Arbeiten über Kopf mit Staubentwicklung etc., so ist mindestens eine Korbbrille zu verwenden. Der Augenschutz kann auch durch das Tragen einer Vollmaske gewährleistet sein.

Schutzkleidung

Als Schutz vor Staubbelastung und direktem Hautkontakt ist partikeldichte, luftdurchlässige (so genannte "atmungsaktive") Einwegschutzkleidung, Kategorie III, Typ 5 zu empfehlen. Eine Verschleppung von Stäuben über die Haare ist z.B. durch das Tragen einer Kapuze zu minimieren.

In Einzelfällen kann wasserdichte Schutzkleidung erforderlich sein, z.B. bei Kontakt mit verunreinigten Wässern.

Handschutz

Der Handschuh muss abgestimmt auf die mechanische, chemische und biologische Belastung ausgewählt werden.

Bei Feuchtarbeiten sind flüssigkeitsdichte Handschuhe einzusetzen. Handschuhe aus Leder/Textil-Kombinationen sowie medizinische Einmalhandschuhe sind ungeeignet. Im Allgemeinen empfiehlt es sich Handschuhe aus Nitril- bzw. Butylkautschuk zu verwenden. Die Beschäftigten sollen individuell jeweils mehrere Paare geeignete Handschuhe zur Verfügung haben, damit verschmutzte oder feuchte Handschuhe nach Reinigung und Trocknung im Wechsel verwendet werden können. Es können auch Zwirnunterziehhandschuhe verwendet werden.

Fußschutz

Es ist ein der Baustelle entsprechendes Schuhwerk einzusetzen. Dieses muss zusätzlich abwaschbar sein.

6.5 Schutzmaßnahmen der Gefährdungsklasse 2

Sind auf Grund der Ermittlung der Gefahren nach Abschnitt 5 die Tätigkeiten der Gefährdungsklasse 2 zuzuordnen, müssen zusätzlich zu den in den Abschnitten 6.3 und 6.4 beschriebenen Maßnahmen folgende Schutzmaßnahmen beachtet werden:

6.5.1 Technische Maßnahmen Lüftungsmaßnahmen:

Für eine ausreichende, ggf. technische Be- und Entlüftung des Schwarzbereiches ist zu sorgen.

6.5.2 Schwarz-Weiß-Trennung

Die kontaminierten Bereiche sind als Schwarz-Bereiche zu kennzeichnen. Der Übergang vom belasteten Schwarz-Bereich in den unbelasteten Weißbereich hat über eine Schwarz-Weiß-Trennung zu erfolgen. Je nach Sanierungsumfang kann diese Trennung unterschiedlich ausgestaltet sein. Bei kleinen Räumen ist es u.U. ausreichend, die Räume abzudichten.

Verunreinigte Kleidung darf nicht im Weißbereich abgelegt werden.

Werkzeuge und andere Arbeitsmittel sind innerhalb des Schwarzbereiches zu reinigen, z.B. durch Absaugen.

6.5.3 Persönliche Schutzausrüstungen Atemschutz

Bei Tätigkeiten der Gefährdungsklasse 2 sind P2-Masken mit Gebläseunterstützung wegen des geringeren Atemwiderstandes zu empfehlen. Geeignet ist Atemschutz der Schutzstufe TM2P oder TH2P. Atemschutzhauben der Schutzstufe TH2P sind vorzuziehen.

Schutzkleidung

Als Schutz vor Staubbelastung und direktem Hautkontakt ist partikeldichte, luftdurchlässige (so genannte "atmungsaktive") Einwegschutzkleidung, Kategorie III, Typ 5 zu verwenden. Eine Verschleppung von Stäuben über die Haare ist z.B. durch das Tragen einer Kapuze zu minimieren.

In Einzelfällen kann wasserdichte Schutzkleidung erforderlich sein, z.B. bei Kontakt mit verunreinigten Wässern.

6.6 Schutzmaßnahmen der Gefährdungsklasse 3

Sind auf Grund der Ermittlung der Gefahren nach Abschnitt 5 die Tätigkeiten der Gefährdungsklasse 3 zuzuordnen, müssen zusätzlich zu den in den Abschnitten 6.3, 6.4 und 6.5 beschriebenen Maßnahmen folgende Schutzmaßnahmen beachtet werden:

6.6.1 Technische Maßnahmen

Lüftungsmaßnahmen:

Für eine ausreichende technische Be- und Entlüftung des Schwarzbereiches ist zu sorgen.

Bei der Abluftführung ist sicherzustellen, dass keine Gefährdung Dritter entsteht. So kann es bei dichter Wohnbebauung, z.B. Mehrfamilienhaus, erforderlich sein, die Abluft zu filtern.

6.6.2 Schwarz-Weiß-Trennung

Je nach Exposition und Kontamination kann die Schwarz-Weiß-Trennung über eine Ein- oder Mehrkammerschleuse erfolgen, ggf. können hierfür vorhandene Räume mit einbezogen werden.

6.6.3 Persönliche Schutzausrüstungen

Der Unternehmer hat Atemschutz der Schutzstufe TM3P und zur Verhütung von Augenreizungen eine staubdichte Schutzbrille zur Verfügung zu stellen. Vollmasken erfüllen beide Kriterien.

6.7 Schutzmaßnahmen bei Kontakt mit fäkalhaltigem Abwasser

Bei Kontakt mit Abwasser kommt den Hygienemaßnahmen eine besondere Bedeutung zu. Die unter Abschnitt 6.3 sowie Abschnitt 6.4.5 "Handschutz" genannten Maßnahmen sind auch hier zu beachten.

Zusätzlich sind bei Tätigkeiten mit möglichem Abwasserkontakt längerstulpige Schutzhandschuhe zu verwenden, damit durch umgeschlagene Stulpen ein Rücklaufen kontaminierter Flüssigkeiten auf die Arme verhindert wird.

6.8 Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen

Die festgelegten Maßnahmen müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung vom Unternehmer überprüft werden. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, ob Dritte gefährdet werden. Auch ist auf die Akzeptanz durch die Mitarbeiter zu achten.

weiter .

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